Coogans Bluff – Balada: Album Review

Auf so ‚nem knarzigen Bass musst du erst mal reiten wollen! Was Coogans Bluff mit dem „Eselsritt“ beim „Poncho Express“ begonnen haben, ist längt mehr als nur eine Soundmacke, sondern ein Solitär in der deutschen Rockszene. Mit ihrem bläserinduzierten Breitband-Anspruch machen Coogans Bluff auch auf dem 7. Studioalbum „Balada“ wieder mächtig Freude und Laune das Tanzbein zu schwingen. Das stilsichere Kreuzberger Indie-Label Noisolution bringt „Balada“ ab 26. Januar 2024 in die Läden, die Band die neuen Songs zeitgleich auf die Bühnen der Republik.

Auf so ‚nem knarzigen Bass musst du erst mal reiten wollen… Und sogleich setzen Coogans Bluff mit den ersten Tönen von „Balada“ die Daumenschrauben der musikalischen Verwirrung an. Denn üblicherweise folgen auf solch verzerrte Tieftöne schwere Gitarrenriffs – und kein filigraner Funkakkord. Nun fügt sich die eigentlich auch ganz melodische Basslinie auch in einen gut gelaunten Song, den jede:r mitflöten kann. Ohrwurm wurde so was in meiner Jugend genannt. Und dann zieht das Tempo an, der Song explodiert und bringt auch die Bläser Sektion, wenn man das Duo aus Posaune und Saxofon so nennen mag, zum Glühen.

Soviel erstmal dazu und kurz zum musikalischen Schaffen von Coogans Bluff. Ursprünglich als Quartett in Rostock gegründet, verteilten sich die Bandmitglieder nach Berlin und Leipzig. Zwei Bläser kamen dazu und der Sänger hat die Stimme abgegeben. Als Quintett funktionieren Coogans Bluff aber bereits seit 2013 und seit 2012 veröffentlicht die Band, die inzwischen längst Szene-Institution ist, bei der Label-Institution Noisolution.

Über den Namen Charlie Paschen, Schlagzeuger und Mitbegründer von Coogans Bluff mögen Musikinteressierte auch in anderem Zusammenhang gestolpert sein, da Paschen ein eigenes Studio betreibt und an etlichen Noiso-Veröffentlichungen produktionstechnisch mitgewirkt hat und nun auch bei Brother Grimm die Stöcke schwingt.

„Stoner Rock war vorgestern“

Ihren Bandnamen haben die Ursprungs-Rostocker von dem gleichnamigen Spielfilm von Regisseur Don Siegel, der 1968 die erste von fünf Zusammenarbeiten mit Darsteller Clint Eastwood markiert. Als Filmkritiker kann ich mir weitere Ausführungen nur schwer verkneifen. Eben jener Eastwood spielt einen Provinzcop namens Coogan, der in New York einen entflohenen Mörder festnehmen will. Der Killer liegt im Krankenhaus und Coogan blufft sich seinen Weg mit dem Eingefangenen aus dem Hospital. Nur leider haut der wieder ab.

Und nun kommt das Nerdzeug. Der Titel „Coogans Bluff“ bezieht sich aber vor allem auf ein New Yorker Höhenzug in Washington Heights, wo die New York Giants lange Baseball gespielt haben und große Teile der Filmhandlung spielen. Außerdem stammt der Soundtrack von Lalo Schiffrin, der auch „Bullit“ und „Cool Hand Luke“ und „Dirty Harry“ untermalt und veredelt hat. Es gibt also schlechtere, assoziationsärmere Bandnamen zu wählen.

Auf „Balada“ kredenzen Coogangs Bluff anno 2024 eine Bandbreite an Sounds und Liedern, die üblicherweise nicht auf einem Album zu finden sind. Das hat Methode und war schon auf dem Vorgängeralbum „Metronopolis“ annähernd perfekt ausgeführt. So auch hier. Etwaige Kritteleien sind weitgehend den Geschmacksknospen des Rezensenten zuzuschreiben. Handwerklich und musikalisch lassen die 8 Songs wenig zu wünschen übrig und klingen – und das ist das wunderbare – alle nach Coogans Bluff.

Sogar die Joe Jackson Cover Version „One More Time“. Diese stammt von Jacksons Debut „Look Sharp!“ (1979) hat ziemliche Punk-Vibes und wird bei den Coogans mit stimmigem Bläsersatz versehen. Das gefällt mir allerdings nicht ganz so sehr wie das hochenergetische Anthrax-Cover von Jacksons „Got the Time“, ebenfalls von „Look Sharp!“. „One More Time“ bleibt recht nahe am Original. Passt scho‘.

Der Titelsong „Balada“ ist ein gefälliger funky Tanzgroove, der nur gelegentlich mit Einwort-Text zum Tanzen auffordert. „O Bailan todos o No bailan nadi!“, sage ich da nur (Entweder tanzen alle, oder keiner!). Gegen Ende ist mir das zuviel instrumentale Monotonie (oder Groove-Reiterei – wie man’s nimmt). Eine Minute weniger hätte auch gereicht. Funky, funky. Anschließend holt „Here i stand“ die AOR-Keule raus und legt eine breiten Rock-Teppich aus. Für meinen Geschmack hätte der Gesang ein bisschen mehr Röhre vertragen.

Von Funky Dance Moves zu Southern Guitar Rock

Dafür gemahnt „Farewell“ hinreißend an Donovans „Lanena“ in der frühen Deep Purple-Variante von 1969 und ist furioser, hymnischer Prog-Rock. In die folkige Ausrichtung mischt sich auch noch etwas Morricone „Good, Bad, Ugly“ ein. Das ist schon sehr hinreißend. Packend auch der treibende Spannungsaufbau in dem folgenden Song „If you can Make it There“.

„Pipe & Pouch“ kommt dann wieder aus einer anderen Ecke und ist melodischer Instrumentaljazz. Das Saxofon führt durch sehr relaxte Songstrecken und gelegentlich fusionrockt es dann los. Es mag sein, das „Pipe & Pouch“ in dem Album-Zusammenhang etwas aus dem Rahmen fällt, aber ich mag das sehr. Und der Kontrast zum anschließenden Joe Jackson Song ist knackig.

Abschließend hauen Coogans Bluff dann noch eine Südstaaten-Rock-Hymne raus, die die glorreichen Allman Brothers Zeiten aufleben lässt, als Duane noch unter uns weilte. Hinreißende mehrstimmige Sololäufe von Gitarre und Saxofon, ausgedehnter Gniedelpart und immer knackig auf dem Punkt. Das haben weder die Frank Zappa Band beim „Whipping Post“ Cover noch Motorpsycho bei „Whip that Ghost“ („Let them eat Cake“) so schön hinbekommen. Auch hier steckt der Teufel wieder im Detail, beziehungsweise im Schlagzeug-Sound und Groove auf dem soliert wird. Der ist schon außergewöhnlich und gnadenlos rockig. Hut ab.

Coogans Bluff liefern auch mit „Balada“ ab. Bei der Bandbreite an Sounds ist immer was dabei, das mehr, und was, das weniger gefällt. Live ist das ohnehin höchst unterhaltsam. Auf „Metronopolis“ waren für mich mehr Songs herausragender, aber auch welche dabei, die ich nicht so schätzte. Auf „Balada“ finde ich alles etwas ausgeglichener. Das ist nicht schlechter oder besser, nur anders schön und packend. Möglicherweise sind Coogans Bluff eher eine Einstellung zur Musik als eine Genre-sprengende Band. Mit ihrem Musizieren sind Coogans Bluff ohnehin ihr eigenes Festival. Und nochmal von vorne.

Album-Wertung: 8 out of 10 stars (8 / 10)

Coogans Bluff: Balada
Genre: Rock, Fusion, Funk,
Länge: 40 Minuten (8 Songs), D, 2024
Interpret: Coogans Bluff
Label: Noisolution
Vertrieb: Edel
Format: Vinyl, Digital, CD,
Album-VÖ: 26.01.2024

Coogans Bluff bei Noisolution

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