Das aktuelle Album „Flowers & Dead Souls“ der Leipziger Space Rocker „Acid Rooster“ ist nicht mehr taufrisch und kam bereits im August 2023 heraus. Bisweilen kommt der Rezensent einfach nicht zur Arbeit und daher kommt die Vorstellung des launig psychedelischen Albums erst jetzt. Wo Tonzonen Records draufsteht, ist ja oft kein Gesang drin.
So auch bei dem Leipziger Trio „Acid Rooster“, das aus drei Kindheitsfreunden besteht, die bereits seit zwei Dekaden zusammen Musik machen. Freilich nicht als „Acid Rooster“. Die Kombo veröffentlichte 2017 mit „Live at Desi“ ein erstes Lebenszeichen. Darauf waren drei Stücke zu hören: „Live at desi Part 1“, „Live at desi Part 2“ und „Soundcheck with Space Shuffle“. Das hört sich für mich sehr nach improvisierter beziehungsweise spontan komponierter Musik an. Seinerzeit brauchten Acid Rooster auch jeweils etwa 20 Minuten, um ihre Musik zu entwickeln.
2023 kommt das zweite „Studioalbum“ „Flowers & Dead Souls“ mit sechs Kompositionen daher, die bis auf das abschließende „Heaven Scent“ zwischen 5 und 10 Spielminuten andauern. Das ist für diese Art von Musik auf Tonträger auch durchaus lange genug. Denn es geht sehr meditativ, hypnotisch und groovy zur Sache. Da kann der Instrumentalist ein Thema auch schon mal zu Ende reiten so wie eine Welle auch irgendwann auf den Strand läuft.
Welche Geräusche machen Illusionen?
Großteils weiß „Flowers & Dead Souls“ allerdings zu gefallen. Für die Band war der Aufnahmeprozess aus zwei Gründen kniffelig. Zum einen wurde mitten in der Covid-19 Pandemie an dem Album gearbeitet und da hatten die Mitglieder mit erheblichen gesundheitlichen Problemen zu kämpfen. Zum anderen wurde erstmals in einem Tonstudio aufgenommen. Und zwar in Bamberg. dort wurden die Basic Tracks an einem Wochenende und mit maximal drei Takes eingespielt, um die Live-Energie richtig einzufangen. Hinterher kamen dann Overdubs und weitere Tonspuren dazu.
Den schlicht „Acid Rooster“ betitelten Long-Play-Erstling hatte das Trio 2019 in Proberaum eingespielt. Seinerzeit wussten sich die Impro-Krautrocker ebenfalls in Bezug auf die Songlängen zu beschränken. Zwischendurch kommen dann immer mal wieder lange Live-Jams zur Veröffentlichung, die digtial oder als EP rausgehauen werden. Bei dieser Art von Musik sagt die Länge eines Tonträgers nicht immer etwas über das „Format“ aus.
„Flowers & Dead Souls“ soll wohl auch ein bisschen die Gefühlslage während der Pandemie widerspiegeln. Ich hatte mich erinnert, dass ich beim Erstkontakt vor einigen Monden eine sphärische Verschiebung zwischen den „LP-Seiten“ gehört hätte. Die drei ersten Songs kommen etwas lebensbejahender rüber, die letzten drei eher etwas elegischer, wehmütiger. Aber beim aktuellen Hören fand ich das nur bedingt bestätigt.
Erst auf der Flucht, dann im Schatten spielen
Der Opener „Sounds of Illusion“ zieht mich schon mal in seinen Bann. Das mag auch am Gitarrenriff liegen, das mich an Motörheads „Orgasmatron“ erinnert, ohne dabei gleichermaßen abzurocken wie Hölle. Bei Acid Rooster geht es groovy auf zu den Sternen. Das ist eher Hawkwind als Mötorhead um mal bei Lemmy zu bleiben. Ein größartiger Trip mit entspannten Pausen und einer final ausleitenden Melodie.
„On the Run“ hebt das Tempo tatsächlich etwas, bleibt aber in ähnlichen space-rockigen, psychedelischen Gefilden. Wer mag kann die „Serenity“ aus der kultigen TV-Serie „Firefly“ durchs All zuckeln hören. Oder aber die Guardians of the Galaxy, wenn die nicht so Disco wären. „Schattenspiel“ blubbert dann erheblich und entfaltet eine Breite, die eher an Bong als an Acid erinnert. Auf dem Soundteppich sorgt eine kristallbissige Glasgitarre für Gebrazze und Melodie-Figuren.
Den „Dead Souls“ Teil leitet dann „Dead Bodies“ ein. Hier rockt Leipziger Trio wie sonst eher selten: Uptempo und mit fetter Gitarre, kräftigen Beats und schöner Gradlinigkeit. Steht den Jungs und dem Album sehr gut zu Gesicht.
Tote Seelen und tote Körper und dieser himmlische Geruch
Anschließend sogt „Good Mourning“ an Megadeath-Assoziationen zu „Peace Sells“-Zeiten, die selbstredend komplett irreführend sind. Aber der Wortwitz im Titel ist derselbe. Hier geht es melodisch und getragen zur Sache. Leider finde ich persönlich den Gitarrensound in diesem Titel etwas zu grell und daher stressig. Aber der Bass kann so ein paar schöne, gut hörbare Läufe plazieren.
Abschließend trudelt das Ablum mit „Heaven Scent“ ein bisschen zu langatmig aus. Der Song an sich ist gelungen und ein entspannter Abschluss für diesen Ausflugstag in Zeit und Raum. Hier fühlen sich Melodie und Rhythmus im Einklang mit einem galaktischen Sonnenuntergang. Nur leider werden in der Dämmerung zuviele elektronische Glühwürmchen aktiv und hinterlassen ihre Lichtspuren im Klangdunkel. Das Zielpublikum mag’s. Sonst hätte Tonzonen das schnell Ausverkaufte Vinyl nicht bereits nachgepresst.
Acid Rooster bewegen sich stilsicher, groovend und mit großer Rhythmusgelassenheit durch das Soundkaleidoskop der experimentellen Siebziger Rocksounds. Live ist das sicherlich großartig, sofern die Hörerschaft den Faden nicht verliert. Auf Konserve wissen sich Acid Rooster in den Songstrukuren zu beschränken und ufern selten aus. Die Trademarks der spontan groovenden und souverän improvisierten Musik kommen gut auf den Punkt.
Album-Wertung: (7 / 10)
Acid Rooster: Flowers & Dead Souls
Genre: Spce Rock, Psycheldelic,
Länge: 45 Minuten, D, 2023
Interpret: Acid Rooster
Label: Tonzonen Records
Vertrieb: souzlfood
Format: vinyl, Digital, CD
ABlum-VÖ: 25.08.2023
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