Manhunt 2 – Auf der Jagd nach dem Night Stalker

Da freut sich DCI Colin Sutton auf den wohlverdienten Ruhestand als er gebeten wird, einen ungelösten Fall neu zu bewerten, der die Londoner Polizei seit gefühlten Ewigkeiten beschäftigt hält. Für jeden Ermittler eine undankbare Aufgabe. „Manhunt 2 – Auf der Jagd nach dem Night Stalker“ setzt das erfolgreiche True Crime-Format von ITV fort und ist sogar noch packender ausgefallen als der Vorgänger. Neu bei Edel Motion als deutsche Erstveröffentlichung und Home-Entertainment-Premiere ab 8.Dezember 2023.

DCI Colin Sutton (Martin Clunes) macht im Jahr 2009 bereits Pläne für seinen Ruhestand, als der Chief Commissioner ihn bittet, sich einen zerfahrenen Fall anzusehen. Seit 1992 gibt es im Süden von London eine Serie von Einbrüchen und Vergewaltigungen, die immer vom selben Täter begangen werden. Dessen DNA ist immer wieder an den Tatorten zu finden, aber nicht in der Datenbank der Polizei. Nun ist der Schrecken alleinstehender Damen wieder aktiv. Die Presse hat den Täter als Night Stalker betitelt. Die „Operation Minstead“ läuft seit Jahren aufwändig, aber ergebnislos.

Der Detective Chief Inspektor soll sich die Ermittlungen nur einmal ansehen. Sozusagen einen frischen Blick auf die inzwischen mehr als 10 Jahre andauernden Ermittlungen der Truppe um Simon Morgan (Matt Bardock). Dessen Team ermittelt wie in Mordangelegenheiten. Vor allem werden jedes Mal breit angelegte DNA-Proben von Verdächtigen gesammelt und geprüft. Das Vorgehen ist arbeitsintensiv und ineffektiv.

Beinahe logisch, dass Colin Sutton hier nicht von allen willkommen geheißen wird. Zumal es nicht die erste Überprüfung der Ermittlung ist. Viele von Colins beruflichen Freunden und seine Frau Linda (Claudie Blakey), selbst Analystin bei der Surrey Police, raten Colin sich nicht zu sehr zu engagieren und nur seine Einschätzung abzugeben. Möglicherweise würde nur ein Sündenbock für das Polizeiversagen gesucht.

„Sie werden mit dem Schiff untergehen, Sir.“ (Mitarbeiter zu Sutton)

Doch Sutton lässt sich nicht beirren. Mit der ihm eigenen Akribie hinterfragt er die Ermittlungsansätze und ihre Wirksamkeit. Dann wird ein Einbruch gemeldet, der in das Täterprofil passt. Doch die Ermittler verwerfen das Delikt, weil keine Sexualstraftat verübt wurde. Sutton drängt dem Kollegen Eason sich den Tatort dennoch anzusehen. Und tatsächlich war hier der Night Stalker aktiv. Damit erweitert sich das Ausmaß seiner Straftaten um ein Vielfaches. Alte Fälle müssen abgeglichen werden. Da kommt schon berechtigt die Frage auf, ob es Sinn hat, weiter DNA-Proben zu sammeln?

DCI Sutton bekommt die Leitung der Ermittlungen zugesprochen, auch weil der bisherige Leiter aus gesundheitlichen Gründen kürzertreten muss. Dessen rechte Hand, Detective Inspector (DI) Nathan Eason (Matthew Gravelle), der ohnehin schon die Einsatz-Koordination leistet bekommt Loyalitätsprobleme. Nun stellt sich die große Frage, wie ein neuer Ermittlungsansatz aussehen könnte?

„Manhunt“ ist ein so genanntes „True Crime“ Format, bei dem wahre Verbrechen und ihre Aufklärung nachgespielt werden. Die Briten scheinen ein Faible dafür zu haben. Nachzulesen in den Krimiserien-Vorstellungen zu „The Confession“ oder „The Pembrokeshire Murders“, aber auch die Skandinavier inszenierten den Mord an Kim Wall in „The Investigation“. Es ist also keineswegs gespoilert, wenn an dieser Stelle auf den Fall Delroy Grant hingewiesen wird. In der englischsprachigen Wikipedia lässt sich darüber nachlesen. Deutschsprachige Quellen gibt es weniger, daher der Verweis auf einen Artikel der „Welt“ von 2011. Vielleicht sollten sich Krimi-Fans die Recherche aber bis nach der Durchsicht der Serie aufheben.

Der echte Colin Sutton hat die Ermittlungen seinerzeit geleitet und darüber ein Sachbuch beziehungsweise seine Memoiren geschrieben. Daraus entstand bereits die erste, in sich abgeschlossenene „Manhunt“-Staffel „Die Jagd nach dem Hammermörder“. In der zweiten Runde sind für Produktion und Dreharbeiten großteils dieselben Verdächtigen bei der Arbeit. Suttons Team hat sich logischerweise verändert, aber Martin Clunes spielt wieder überzeugend auf und wird von Regisseur Marc Evans und seinem Team als gründlicher und hartnäckiger Ermittler in Szene gesetzt.

„Wenn nicht, gewinnen Sie die Schlüssel zu einem Streifenwagen.“ (Eason zu Sutton)

Was diese Ermittlungen packender macht als die Suche nach dem Hammermörder sind im Wesentlichen zwei Aspekte. Sutton muss erstens mit einem Team arbeiten, das ihm eher ablehnend gegenübersteht, daher entwickelt sich eine andere Dynamik. Außerdem scheint zweitens nahe zu liegen, dass die 17jährige Verbrechenschronologie nicht ohne gravierende Fehleinschätzungen oder ein systemisches Versagen des Ermittlungsapparates weitergegangen wäre. Der Fehler, so es denn einen gibt, kann überall zu finden sein. Eine Mammutaufgabe.

Selbstverständlich folgt auch die Dramaturgie von „Manhunt II“ dem Prinzip, dass der Vorgänger übertroffen werden muss. Da mag einiges der TV-Inszenierung geschuldet sein, aber es funktioniert. Möglicherweise hilft es sich bereits in der Jagd nach dem Hammermörder eingesehen zu haben, aber „Die Suche nach dem Night Stalker“ funktioniert auch ganz eigenständig.

Die zweite Miniserie des britischen True Crime Formates “Manhunt“ hat trotz ausgedehnter Spielzeit mehr Unterhaltungswert und mehr Spannung aufzubieten als der Vorgänger. So sich das Publikum denn einlassen mag auf diese Art von Verbrechensbekämpfung. Martin Clunes spielt auf jeden Fall charakterstark und sehr überzeugend. Und am Ende ist immer wieder Überraschend und schockierend, was Hannah Ahrend einst als „die Banalität des Bösen“ bezeichnet hat.

Serien-Wertung: 7 out of 10 stars (7 / 10)

Manhunt 2 – Auf der Jagd nach dem Night Stalker
OT: Manhunt – The Night Stalker
Genre: TV-Serie, Krimi
Länge: ca 180 Minuten (4 x 45 Min.), GB. 2021
Idee: Ed Whitmore
Regie: Marc Evans
Vorlage: Manhunt autobiographisches Sachbuch von Colin Sutton
Darsteller:innen: Martin Clunes, Claudie Blakey, Matthew Gravelle
FSK: ab 12 Jahren
Vertrieb: Edel Motion
DVD-VÖ: 22.09.2023