Als 1979 der amerikanische TV-Vierteiler zum ersten Mal im deutschen Fernsehen gezeigt wurde, stellte die ungewohnte, fiktiv biografische Auseinandersetzung mit dem Schicksal der Juden im Dritten Reich eine irritierende Herausforderung dar. Ist das Thema heute nur noch ferne Historie, oder immer noch gesellschaftlich von Bedeutung. Zurzeit wird die Serie wieder im TV ausgestrahlt, auf DVD ist sie 2011 bei Polyband erschienen und der Verlieh legt im Februar 2019eine remasterte Blu-ray-Version nach.
Viele Kritiker und Intellektuelle waren bei der Ausstrahlung der US-amerikanischen Mini-Serie der Meinung, man dürfe mit der Thematik der Judenvernichtung im Dritten Reich nicht auf diese Weise umgehen. Vielmehr solle man sich den Opfern mit faktischem Respekt widmen. Dennoch überwog nach der Erstausstrahlung in den Dritten Programmen der ARD die positive Kritik für die Mini-Serie von Regisseur Marvin J. Chomsky, mit der Stars wie Merryl Streep und James Woods ihre Karriere begründen konnten.
Wenn nun die deutsche Fassung der TV-Serie, die sich von der amerikanischen durch ein anderes Ende unterscheidet, wieder ausgestrahlt wird so fließen in die Betrachtung natürlich auch fast vier Jahrzehnte Film- und Fernsehgeschichte ein. Und die sind, gerade was TV-Serien und Holocaust-Darstellungen angeht, auch von eben dieser Geschichte der Familie Weiß geprägt worden.
Um es kurz zu machen: Auch heute kann das Familienschicksal der Berliner Judenfamilie Weiß den Zuschauer noch ergreifen und mitreißen. „Holocaust“ ist trotz veralteter Bildtechnik eine sehenswerte TV-Serie. Seinerzeit gab es dafür mehrerer Auszeichnungen (u.a. Golden Globes für Rosemary Harris und Michael Moriarty und diverse Emmys). Der Ausdruck Unterhaltung will trotz der verstrichenen Zeit noch nicht so recht über die Lippen kommen.
Sicher hätte man heutzutage das Drehbuch ein wenig gelockert, so dass nicht der unwahrscheinliche Fall eintritt, innerhalb einer Familie alle jüdischen Schicksalsschläge dieser Zeit wirken zu lassen. Doch zu einer Zeit, in der der Diskurs über die Vernichtung der Juden im Dritten Reich so schwierig war, dass beinahe jedes Wort auf die sprichwörtliche Goldwaage kam, war die grundsätzliche und exemplarische Aussage wichtig.
Die 2011 erschienene DVD-Ausgabe folgt der deutschen Fassung der Serie und bietet alternativ die englische Tonspur an. Leider hat man sich nicht die Mühe gemacht, sich um die in Deutschland seinerzeit nicht ausgestrahlten Sequenzen der Mini-Serie zu kümmern – wie etwa die längere Endsequenz. Auch wäre es sicher interessant gewesen in einer Dokumentation etwas über die Wirkung der Serie in der (deutschen) TV-Landschaft und auf den damaligen Zeitgeist zu erfahren.
Ich erinnere mich noch an die familieninternen Diskussionen als die Serie ausgestrahlt wurde. Mitreden konnte ich allerdings nicht, da mir als zu jungem Knirps das Schauen zu Recht verwehrt wurde.
„Holocaust – Die Geschichte der Familie Weiss“ dokumentiert nicht nur ein Stück Mediengeschichte in der deutschen Vergangenheitsbewältigung, sondern ist nach wie vor sehenswert und lehrreich.
Serien-Wertung: (8 / 10)
Holocaust – die Geschichte der Familie Weiß
OT: Holocaust
Genre: TV-Serie, Drama, Historisches
Länge: 410 Minuten, USA, 1978
Regie: Marvin J. Chomsky
Drehbuch: Gerald Green
Darsteller: Rosemary Harris, Joseph Bottoms, Merryl Streep, James Woods
FSK: ab 16 Jahren
Vertrieb: Polyband
DVD-VÖ: 25.03.2011
BD-VÖ: 22.02.2019