Superstition – Staffel 1: Begräbnisse und Wiedergänger

Vielleicht hätte man diesem Serienformat einen konkreteren Titel geben sollen als schlicht „Aberglaube“, um beim Publikum ein wenig mehr Achtung und Erfolg einzuheimsen. „Superstition“ ist eigentlich mehr eine thematische Richtschnur für jene übernatürlichen Phänomene, die die Bestatter-Familie Hastings von ihrer Heimatstadt fernzuhalten versucht. Die Serie von und mit Haudegen und Tausendsassa Mario Van Pebbles hat durchaus ihre Momente, und wenn man es recht betrachtet, ist „Superstition“ eine ziemlich ehrliche Grusel-Serie.

Es lohnt sich zumeist, auf dem Teppich zu bleiben, selbst wenn der nicht fliegt. Wer mit dem arbeitet, was er zur Verfügung hat, und versucht, das Beste aus den Gegebenheiten herauszuholen, ist oft gut beraten und riskiert in finanzieller Hinsicht selten den kompletten Ruin. Vieles von dem, was momentan in den Kinos und auch auf dem stetig wachsenden TV-Serien-Sektor für Furore und Zuschauerzahlen sorgt, wäre in früheren Jahrzehnten inhaltlich und produktionstechnisch gerade mal als B- oder C-Movie realisierbar gewesen. Im Grunde sind die aktuellen Superhelden-Abenteuer, Fantasy-Hits um imaginäre Throne oder Wikinger-Heldenepen wenig mehr als durch CGI aufgeblasener Trash und Pulp. Allein, Inhaltsschlichte und schematische Fantastik verschwinden schnell hinter aufwändigen Produktionen und Schauwerten.

Der legendäre Regisseur und Filmproduzent Roger Corman hatte zu aktiven Zeiten plakativ das Credo verfochten, seine Produktionen dürften nicht teurer sein als 100 000 US-Dollar. Das sah man den Filmen zwar einerseits auch an, aber die Filmmacher, Ausstatter und Darsteller gaben sich andererseits alle erdenkliche Mühe, dennoch etwas Sehenswertes zu produzieren. Heute gelten Corman-Produktionen weitgehend als „Edel“-Trash und wurden 2014 sogar mit einem Ehren-Oscar für Corman geadelt.

Ehrliche Genre-Serie

Wer bis hierher gelesen hat, wird inzwischen ahnen, wohin der Hase läuft. Mario Van Pebbles ist ein Routinier im Filmbusiness und stammt bereits aus einer Film-Familie. Den meisten älteren Zuschauern wird Van Pebbles als hünenhafter Haudegen aus diversen Martial Arts Actionern bekannt sein. Aber auch als Drehbuchautor, Produzent und Regisseur ist Mario Van Pebbles umtriebig, produktiv und erfolgreich. Sein Beitrag zur Bearbeitung von Alex Haleys Sklaverei-Roman „Roots“ (2016) wurde hochgelobt und sein afroamerikanischer Western „Posse – Die Rache des Jesse Lee“ war 1993 seiner Zeit weit voraus (oder um zwei Jahrzehnte zu spät…). Kein Wunder also, dass ein Remake oder eine Fortsetzung in der Mache ist. Dabei ist sich Mario Van Pebbles in seiner Karriere immer treu geblieben, hat keinen Hochglanz-Schrott produziert, sondern immer im Spannungsfeld von afroamerikanischer Identität (meinetwegen auch „Blaxploitation“) und authentischen Genre-Films sein Ding gemacht. So auch in „Superstition“.

Die Serie „Superstition“ wurde nach einer Staffel vom beauftragenden Sender Syfy eingestellt, weil die Quoten ausblieben. Inhaltlich kann die Serie dabei mit einer gelungenen, funktionierenden Story punkten, die selbstironisch ist und Familienwerte ebenso thematisiert wie sie das Sammelsurium übersinnlicher Bedrohungen in Szene setzt. Hier allerdings taucht auch ein Knackpunkt auf, der von vielen Zuschauern wohl als Hürde empfunden wird: Die Schauwerte sind nicht gerade High-End. Im Gegenteil: Diverse Spezialeffekte vermitteln den Stand der Technik wie er in den Neunziger Jahren im TV zu sehen war. Gegen Marvels, Disneys und HBOs Produktionswucht, kann „Superstion“ nicht anstinken. Das wissen die Macher aber auch und kultivieren eine eigene Optik und eigene Serienidentität.

Storymakel und trashiger Charme

Ich will gar nicht so tun, als wäre die Story um die Geister bekämpfende Familie Hastings nicht hakelig und bisweilen eher mäßig dargeboten, aber wer mit offenen Augen und einem Faible für trashigere Formate an die Serie herangeht, kann den Geschehnissen durchaus viel Vergnügliches und Unterhaltsames abgewinnen.

Seit Generationen betreiben die Hastings in La Rochelle im US-amerikanischen Bundesstaat Georgia ein Bestattungsunternehmen. Inoffiziell ist die Familie zusätzlich der Schutzschild der Stadt gegen übernatürliche Bedrohungen. Zu Beginn der Serie muss Vater Isaac Hastings (Mario Van Pebbles) miterleben, wie seine jugendlichen Söhne Arlo und Calvin (Brad James) einem bösen Geist nicht gewachsen sind. Daraufhin stirbt Arlo, und Calvin flüchtet zur Armee, weil er sich schuldig fühlt.

Etwa 15 Jahre später kehrt der verlorene Sohn zurück und will in das Familienunternehmen eintreten. Vater Isaac ist skeptisch und stellt Calvin auf die Probe. Doch dann taucht ein mächtiger Dämon auf, der sich Dredg nennt, diverse Personen befällt und in der Gemeinde La Rochelle für Unruhe und für Tote sorgt. In einer Sekte, die Schlangen beschwört, sterben haufenweise Gläubige, weil die Schlangen durchdrehen. Calvin trifft bei der Gelegenheit seine Jugendliebe May (Demetria MacKinney) wieder, die inzwischen Polizistin geworden ist. Außerdem erfährt der Heimkehrer bald, dass er der Vater von Mays Tochter Garvey (Morgana Van Pebbles] ist, die bei den Hastings als Bestatterin aushilft. Von ihrem Dad will die resolute Teenagerin aber überhaupt nichts wissen. Also viel aufzuarbeiten für Calvin Hastings – und es warten auch etliche Überraschungen und Erkenntnisse auf den Hastings-Stammhalter.

Selbstermächtigung statt Blaxploitation

Anfangs wirkt „Superstition“ etwas grob gestrickt, plakativ und schnell produziert, aber die Charaktere sind auf diese Weise quasi ansatzlos etabliert und der Handlungsrahmen für die horizontal erzählte Grusel-Serie ist ebenso leicht verständlich wie solide abgesteckt. Auch die Qualität der Spezialeffekte wird bald vorgeführt und so weiß der Zuschauer eigentlich nach der ersten Folge, was er erwarten kann. Nun sollte man heutzutage nicht den Fehler machen, bei Serien zu schnell das Handtuch zu werfen.

Und siehe da, in der zweiten Folge kommen schon überraschende Wendungen auf, die für einige Twists sorgen, deren Potential sich später entfalten könnte. Mit jeder weiteren Minute sieht man sich besser in die Figuren ein, weiß die darstellerischen Schwächen mit eigener Fantasie zu füllen und freut sich auf die nächste Überraschung. Zwischenzeitlich sorgen die Effekte und übersinnlichen Enthüllungen für Erstaunen – bisweilen auch Belustigung – und Unterhaltung. Ab der vierten, fünften Folge entwickelt sich die Story extrem interessant weiter und der Zuschauer mit Hang zum B-Movie fragt sich, warum denn alle so an dem Format kritteln, das als Gothic Mystery ohnehin eher auf eine jugendliche Zielgruppe zugeschnitten ist?

Mario Van Pebbles erzählt von einer auserwählten afroamerikanischen Familie in den Südstaaten, die als übernatürliche Beschützer der Menschheit unabdingbar ist. Damit bleibt er seiner Kunst treu. „Superstition“ ist ebenso Black Community tauglich wie solide Genre-Unterhaltung im Corman‘schen Sinne. An sich eine lässige Idee, die einen Ritterschlag verdiente – und einen Kreuzzug für schöneres Sehen.

Serien-Wertung: 7 out of 10 stars (7 / 10)

Superstition Staffel 1
OT: Superstition Season 1
Genre: TV-Serie, Fantasy,Mystery,
Länge: 567 Minuten ( 12 x ca. 45 Min.), USA, 2017 – 2018
Idee: Mario Van Pebbles, Joel Anderson Thompson
Regie: Mario Van Pebbles, John Harrison et al.
Darsteller: Brad James, Morgana van Pebbles, Demetria MacKinney, Mario Van Pebbles
FST: ab 16 Jahren
Vertrieb: justbridge entertainment
DVD- & BD-VÖ: 10.10.2019