The Pembrokeshire Murders: Raub und anderer Kneipensport

Den meisten Zuschauer:innen wird die namensgebende Gegend in Wales kaum ein Begriff sein. Das beliebte Wanderrevier an der südwestlichen Küste der britischen Insel hat so seine Naturschönheiten. In der True-Crime-Miniserie“ The Pembrokeshire Murders“ wird ein alter Mordfall mit neuen Methoden wieder aufgerollt und droht dennoch fast zu scheitern. Das ITV-Serien-Event hatte in Großbritannien traumhafte Einschaltquoten, was nicht nur an der Mitwirkung des Walisers Luke Evans liegen dürfte, der inzwischen längst zu Hollywood-Ruhm gelangt ist.

Als Detective Superindendent (DSI) Steve Wilkens (Luke Evans) 2006 nach Jahren in London wieder in seine walisische Heimat kommt, analysiert er Effektivität und Außenwirkung der Polizei und stößt dabei auf einen alten ungeklärten Mordfall aus den 1980er Jahren. Wilkens beschließt sich den Fall noch einmal anzusehen während zeitgleich auch das Medieninteresse an dem Fall wieder erwacht. Der Polizeireporter Jonathan Hill (David Flynn) will eine Doku über jenen Doppelmord an einem Touristenpaar drehen.

Wilkens findet heraus, dass der Hauptverdächtige, dem nichts nachzuweisen war wegen einer Einbruchsserie verurteilt wurde. In dem raumfüllenden sichergestellten Beweismaterial findet der DSI Indizien, die darauf schließen lassen, dass John Cooper (Keith Allen) scheinbar nicht nur die Einbrüche begangen hat, für die er verurteilt wurde, sondern auch weitere unaufgeklärte Straftaten, einen Raubmord, eine Vergewaltigung und die Küstenmorde.

Während Wilkens ein Ermittlungsteam aufstellt, dass die Beweise auf aussichtsreiche DANN-Untersuchungen durchforstet, steht John Cooper vor dem Bewährungsausschuss, weil der vorbildliche Gefangene vorzeitig entlassen werden soll. Dessen Sohn Andrew Cooper (Oliver Ryan) hat derweil gesundheitliche Probleme und will mit der erneuten Polizeiermittlung nichts zu tun haben.

Es ist schon erstaunlich, was mit neuen Untersuchungsmethoden alles erreicht werden kann. Die Forensik als Wissenschaft und Methodik macht es seit Jahren möglich alte Kriminalfälle in neuem Licht zu betrachten. Das sorgt freilich noch lange nicht dafür, dass die Ermittlungen sich auch fotogen in eine Kriminalserie übertragen lassen. Oft genug haben Krimi- und Dramaformate den Nachteil, dass sie – oft aus Rücksicht auf die Beteiligten oder um den Fakten gerecht zu werden – eine Art der Dramatisierung wählen, die arg behäbig wirkt, um ja nicht zu reißerisch zu werden. Das wird dann als psychologische Tiefe und Charakterstudie verkauft, was auch durchaus der Fall ist. Zu beobachten etwa bei „The Investigation –Der Mord an Kim Wal“, eine Serie die deutlich zu lang ausgefallen ist, oder auch „A Confession“ mit Martin Freeman.

„The Pembrokeshire Murders“ macht diesen Fehler nicht und drückt bei den Ermittlungen auf die Tube, die knapp zweieinhalb Stunden lassen nicht vermuten, dass sich die Untersuchung über fünf Jahre hingezogen hat. Der Fokus liegt ganz eindeutig auf der Ermittlungsarbeit und auf den Psychogrammen der Hauptcharaktere. Neben Steve Wilkens, der die Ermittlung später auch in Buchform brachte, was wiederum die Grundlage der Serienidee wurde, wären das John Cooper, der Verdächtige, und seine Familie. Während die Ehefrau treu zu ihrem Mann steht, hat sich Sohn Andrew abgewandt, gibt dem Vater noch Schuld an seinem aktuellen Schicksal. Diese Charakterstudien sind stark und authentisch, allein das Vaterverhalten des Polizisten bleibt schematisch und oberflächlich.

Ein Vorteil des Serienformats ist, das an Originalschauplätzen gedreht wurde. Die Küste in der walisischen Grafschaft Pembrokeshire steht seit den 1950ern als Nationalpark unter Naturschutz, ist ein geachtetes und gut besuchtes Wanderareal, das stolz ist auf sein ausgeprägtes Netz an Wanderwegen das 2012 zum 1400 Kilometer langen „Wales Coast Path“ (Walsiser Küstenpfad) zusammengefasst wurde. Der Küstenwanderweg in der Serie ist ein beliebter Teil davon.

In den 1996 kam es in diesen Küstenabschnitt zu einer Umweltkatastophe. Ein Öltanker lief auf Grund und es mehr als 70.0000Liter Öl flossen ins Meer und verschmutzen die Küste. In dem True Crime Drama „The Pembrokeshire Murders“ wird das nicht weiter thematisiert, wohl auch, weil es nicht zum Lokalkolorit beigetragen hätte, sondern weitschweifig vom Thema fortgeführt hätte. Auch in dieser Hinsicht bleibt die Serie hart am Thema und trifft ins Schwarze.

„The Pembrokshire Murders“ erfindet das Genre nicht neu, wie aber spannend zu erzählen. Anders als viele „True Crime“-Formate, bei denen der reale Hintergrund die Inszenierung quasi an das Herunterbeten der Fakten fesselt, kommt hier tatsächlich mal etwas Spannung auf. Das liegt nicht nur daran, dass die Macher die Angelegenheit nicht in die Länge ziehen, sondern auch daran, dass die Parallelität der Ereignisse packend eingesetzt wird. Schöne Landschaft gibt es sowieso aus Zugabe.

Serien-Wertung: 7 out of 10 stars (7 / 10)

The Pembrokeshire Murders
OT: The Pembrokeshire Murders
Genre: TV-Serie, Krimi,
Länge: 1 44 Minuten (3 x 48 Min.) + 12 Minuten Making of
Idee: Jonathan Hill,Nick Stevens
Vorlage: gleichnamiges Buch von Steve Wilkins
Regie: Marc Evans
Darsteller: Luke Evans, Carloine Bery, Alexandria Reiley, Keith Allen,
FSK: ab 12 Jahren
Vertrieb:
DVD-VÖ: 10.12.2021

Pembrokeshire Coast Nationalpark

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