Pure – Staffel 2: Die Sünden der Väter

Der kanadischen Thriller-Serie „Pure“ gelang mit der ersten Staffel ein kleiner Überraschungserfolg. Die Serie wurde als „Breaking Bad“ unter Mennoniten bezeichnet und verkaufte sich daraufhin auch an TV-Sender außerhalb Kanadas. Doch so schnell bekommt man die Drogen nicht aus dem Leben. Nun legt Justbridge Entertainment die kurzweilige zweite Staffel der Drogen verschiebenden Glaubensgemeinschaft hierzulande für das klassische Home-Entertainment als DVD und Blu-ray auf.

Wie bei vielen modernen Serien ist es auch bei Michael Amos „Pure“ wenig sinnvoll zu Beginn der zweiten Staffel einzusteigen, wenngleich die Handlung ein Jahr nach der ersten Staffel einsetzt. Ohne die Vorgeschichte bleiben viele Personen und ihre Beziehungen im Unklaren und auch die Einblicke in die mennonitische Gemeinschaft der Edentaler sorgen für Unverständnis. An dieserStelle der Verweis auf die Vorstellung von Staffel 1 und die Klärung, dass es sich um die Fortsetzung der kanadischen Thriller-Serie von 2017 handelt und nicht um die ebenfalls „Pure“ betitelte britische Comedy-Serie von 2019 mit Charlie Clive.

In der ersten Staffel von „Pure“ braucht die mennonitische Gemeinde „Edental“ im kleinen kanadischen Städtchen Antioch einen neuen Pastor. Dieser wird per Los ermittelt und zur Wahl stehen Gary Epp, dessen Onkel Eli Voss für ein mexikanisches Drogenkartell Kokain schmuggelt, und der rechtschaffene Familienvater Noah Funk (Ryan Robbins). Der wird gewählt und will den Kokshandel ausmerzen, muss den Schmuggel stattdessen aber übernehmen, um seine Familie zu schützen. Insgeheim arbeitet Noah mit dem Polizisten Bronco zusammen, einem Schulfreund, der aber kein Mennonit ist, um die ganze Organisation auffliegen zu lassen.

Es scheint, Noah hätte sein Ziel erreicht, den Drogenhandel zu zerstören. Doch der Preis dafür ist hoch: Noah selbst ist seither verschwunden, seine Familie wurde exkommuniziert, hat die Farm verloren und wurde aus Edental verbannt. Als wäre es für Noahs Frau Anna (Alex Paxton-Beesley) nicht schon schwer genug, ihre beiden fast erwachsenen Kinder, Isaac (Dylan Everett) und Tina (Jessica Clement), in der Welt der Ungläubigen zu ernähren, taucht aus dem nichts Hector Estrada (Victor Gomez) auf. Der Abgesandte des Kartells zwingt Anna, wieder für die Drogenhändler zu arbeiten. Sohn Isaac wird solange als Geisel gefangen gehalten.

Währenddessen lernt Anna als Putzfrau ihren Chef Augustus Nickel (Christopher Heyerdahl) näher kennen, der auch Mennonit ist, und hilft Tochter Tina wieder in die Gemeinde aufgenommen zu werden. Die Polizei in Antioch ist immer noch auf der Suche nach Noah, der heimlich als Wanderarbeiter wieder in die Heimat zurückgekehrt ist. Auch sein totgeglaubter Bruder Abel trudelt wieder in Antioch ein. Als die ambitionierte alleinerziehende Polizistin Valerie Krochack (Zoie Palmer) zufällig über die Drogenermittlungen der Kollegen stolpert und dann noch Noah ausfindig machen kann, wittert sie ihre Karrierechance. Noah und Abel schleusen sich undercover in eine Scheinfirma der kriminellen Mennoniten ein.

Serien-Macher und Show Runner Michael Amo entwickelt seine Story über kriminelle Mennoniten nach einer wahren Begebenheit. Inwieweit dies auch noch für die Handlung der zweiten Staffel zutrifft, lässt sich nicht sagen. Erneut wird die Familie Funk in die kriminellen Machenschaften brutaler Drogenhändler hineingezogen. Diese Mal liegt die kriminelle Hauptlast auf Annas Schultern. Während Noah eher am Rand der Geschehnisse agiert. Dass beide Eheleute über weite Strecken der Handlung nicht voneinander wissen, macht einen großen Teil des dramatischen Reizes aus.

Allerdings geht die zweite Staffel nicht mehr so unterhaltsam auf den mennonitischen Lebensstil ein, da die Funks ja rausgeschmissen wurden. Darunter leidet auch ein wenig die Originalität der Serie und wird „nur“ ein gut gemachtes Thriller-Format. Dass an die Stelle des oberkriminellen Mennoniten Eli Voss nun direkt ein brutaler und berechnender Kolumbianer tritt, der nicht eben subtil agiert, macht das Serienformat etwas absehbarer. Funk-Sohn Isaac rückt dabei mit fortlaufender Handlung weiter in den Mittelpunkt der Serie, weil er von seinem Entführer manipuliert und eingespannt wird.

Der Grundkonflikt in „Pure“ ist jenseits des Glaubens ein universeller. Wie fragwürdig und unmoralisch darf jemand agieren, um seine Liebsten zu beschützen. Aus dieser Frage zieht die kanadische Thriller-Serie gerade in der zweiten Staffel einigen Reiz. Aber die Handlung weiß nicht immer zu überzeugen. Dass Annas neuer, wohlhabender Verehrer in seiner Freundlichkeit auch zweifelhaft rüberkommt, ist beabsichtigt. Dass die Polizeiermittlungen bisweilen etwas unmotiviert und genreschematisch wirken, sicher nicht. Da wird Potential und Tempo vertrödelt, wahre Geschichte hin oder her.

Dabei ist „Pure“ auch in der zweiten Staffel weitgehend unterhaltsam und kurzweilig ausgefallen; nur eben nicht so originell wie in der Auftaktsaison. Doch die Verlagerung der Handlung zehrt von dem soliden dramaturgischen Gerüst und der unorthodoxen Mischung aus Rechtschaffenheit und Kriminalität. Gegen Ende wird es ziemlich dramatisch und die Handlung lässt sich eine mögliche Fortsetzung offen. Der produzierende Sender allerdings nicht. Die Serie wurde nicht verlängert.

Einen gewissen Substanzverlust muss man der zweiten Staffel der kanadischen Thriller-Serie „Pure schon bescheinigen. Die Fortsetzungshandlung wird absehbarer, die neuen Charaktere wissen nur teilweise zu überzeugen und die Dramaturgie ist konventioneller. Tempo- und wendungsreiche Thriller-Unterhaltung ist dennoch garantiert.

Serien-Wertung: 6 out of 10 stars (6 / 10)

Pure – Gut gegen Böse – Staffel 2
OT: Pure Season 2
Genre: TV-Serie, Thriller, Drama,
Länge: 280 Minuten (6 x 45 Min.), 2019, CAN
Idee: Michael Amo
Regie: Ken Girotti, T. W. Peacocke
Darsteller:innen: Alex Paxton-Beesley, Zoie Palmer, Ryan Robbins,
FSK: ab 16 Jahren
Vertrieb: Justbridge Entertainment
DVD- & BD-VÖ: 12.03.2021

Pure – Staffel 2 bei justbridge entertainment