Pure – Staffel 1: Reine Herzen

„Selig sind die, die reinen Herzens sind“ verkündet Jesus in der Bergpredigt. Doch in der kanadischen Thriller-Serie ist wohl eher der Reinheitsgehalt von Kokain gemeint. Das nämlich bereitet dem neuen Mennoniten-Pastor Noah Funk erhebliche Probleme. Wie weit es mit dem Hinweis, die Serie beruhe auf wahren Begebenheiten her ist, sei mal dahingestellt. Die erste Staffel von „Pure“ bietet auf jeden Fall unterhaltsame Krimi-Serien-Unterhaltung und ist nun als DVD & Blu-ray bei Justbridge Entertainment erschienen.

Bevor es zu Verwechselungen kommt: dieser Text beschäftigt sich mit der kanadischen Serie „Pure“ von 2017, die bei CBC Television produziert wurde und hierzulande im Pay-TV bei Sony AXN lief. Des Weiteren gibt es noch eine britische Comedy-Serie namens „Pure“ die 2019 ausgestrahlt wurde und sich um die Erlebnisse der jungen Marnie, dargestellt von Charlie Clive, dreht. Nun also zurück zu den drogenschmuggelnden Mennoniten.

Die mennonitische Glaubensgemeinschaft im kanadischen Antioch braucht einen neuen Pastor. Auch der Farmer und Familienvater Noah Funk (Ryan Robbins) wird vom Bischof aufgerufen, um an dem Losverfahren teilzunehmen. Sehr zum Ärger seines Konkurrenten Garry Epp (Patrick Garrow) fällt das Los auf Noah. Und der hat nichts Besseres zu tun, als dem Drogenschmuggel, den die Epps in die Gemeinde gebracht haben, zu beenden.

Doch als Noah Funk den Übeltäter Garry Epp in den Knast gebracht hat, bestimmt Eli Voss (Peter Outerbridge), der Onkel der Epps und Boss des mennonitischen Drogenhandels, dass die Show weitergehen muss. Nun steht Noah in der Verantwortung: Um seine Familie zu beschützen bleibt dem Pastor keine andere Wahl als den dreckigen Job zu übernehmen. Doch insgeheim versucht er dem Kartell eigenmächtig das Handwerk zu legen.

Davon bekommt der Polizist Bronco Nowak (A.J. Buckley) Wind, der Noah noch aus Schulzeiten kennt. Nowak versucht den Pastor zu unterstützen und das Netzwerk bis nach Mexiko zu verfolgen und auffliegen zu lassen. Weitere Amtshilfe bekommt der kanadische Polizist von der DEA-Agentin Phoebe O’Riley (Rosie Perez), die seit Jahren hinter Eli Voss her.

In sechs Folgen entfalten Serien-Erfinder Michael Amo ein überzeugendes Setting und eine mehr oder minder spannenden Thriller-Handlung. Mehr oder minder spannend, weil sich „Pure“ auch mit der Lebensweise der Mennoniten beschäftigt und in diesen Sequenzen eher auf Drama als auf Spannung abzielt. Das tut der Serie gut und ist ein sehenswertes Alleinstellungsmerkmal. Wer mehr über die Mennoniten erfahren möchte, sei auf den brauchbaren Wikipedia-Eintrag hingewiesen.

Der neue Pastor Noah erinnert nicht von ungefähr ein bisschen an Walter White aus „Breaking Bad“ und kommt eher unfreiwillig in die Drogensache rein. Michael Amo hatte die Idee zur Serie bereits zur Jahrtausendwende, konnte aber seinerzeit verwunderlicher Weise keine Sender finden. Denn „Pure“ hat durchaus Potential und einen hohen Unterhaltungswert.

Frisch wirken die unverbrauchten, weil hierzulande eher unbekannten, kanadischen Darsteller und die Charaktere sind im Großen und Ganzen interessant ausgeführt. Die privaten Verwicklungen zwischen der Familie des Pastors und der des Polizisten sorgen für einen gewissen Tiefgang. Immerhin war Bronco zu Schulzeiten in Anna Funk verknallt, so wie heute sein Sohn in Annas Tochter. Dass mit Noahs Bruder Abel (Gordon Rand) ein Crack-Junkie auf der Farm lebt, hilft dem Pastor absurderweise bei seiner neuen Zwangsaufgabe. Denn Noah, der wie viele seiner Glaubensgeschwister moderne Technik großteils ablehnt, hat weder Ahnung von Mobiltelefonen noch von Autos, zu schweigen vom Verschneiden des Kokains oder dessen Qualitätskontrolle.

Stark ist die Serie, die es an Ausstattung und Optik locker mit US-amerikanischen Produktionen aufnehmen kann, immer dann, wenn die Realität Noah an die Grenzen seiner Verhaltensregeln führt und sich die Frage stellt, wie gottgefällig er noch handelt. Gegen Ende der ersten Staffel wird es ein bezüglich Action und Dramaturgie ein wenig konventioneller und die Serie verliert etwas an Originalität, liefert aber immer noch sehr unterhaltsame Wendungen.

Im englischsprachigen Original sprechen die Mennoniten während der Gottesdienstes eine Art Plattdeutsch, in der Synchro wird daraus ein eher niederländisch gefärbter Zungenschlag. Das ist durchaus plausibel, immerhin ist der namensgebende Reformator Menno Simons ein Niederländer.

Die erste Staffel der kanadischen Thriller-Serie „Pure“ überzeugt mit einem ungewohnten Setting innerhalb einer Glaubensgemeinschaft. Zwischen „Der einzige Zeuge“ und „Breaking Bad“ wurschtelt sich Pastor Noah Funk sehr unterhaltsam durch die Hindernisse des Kokain-Schmuggels.

Serien-Wertung: 7 out of 10 stars (7 / 10)

Pure – Gut gegen Böse – Staffel 1
OT: Pure Season 1
Länge: 280 Minuten (6 x 45 Min.), 2017, CAN
Idee: Michael Amo
Regie: Ken Girotti
Darsteller: Ryan Robbins, Alex Paxton-Beesley, Peter Outerbridge, A.J. Buckley
FSK: ab 16 Jahren
Vertrieb: Justbridge Entertainment
DVD- & BD-VÖ: 25.09.2020