Joy Ride – The Trip: Wenn eine eine Reise tut

…dann kann sie was erleben. vor allem, wenn der vermeintliche Business-Trip nach China komplett aus dem ruderläuft. Komedy-Fans kennen das Prinzip von den „Hangover“-Filmen und diversen „Beste Kumpel“-Komödien. Nur dass dieses Mal Amerikanerinnen mit Asiatischen Wurzelnd auf die Reise gehen. Das ist nicht weniger unter der Gürtellinie als bei den Herren Kollegen, macht aber über weite Strecken trotzdem viel Freude und kurzweilige Unterhaltung.

Seit ihrer Kindheit sind die Rechtsanwältin Audrey (Ashley Park) und die Künstlerin Lolo (Sherry Cola) beste Freundinnen. Dabei hatte es erst nicht so ausgesehen, als hätte die aus china stammende, adoptierte Ashley in der amerikanischen Kleinstadt einen leichten Stand. eine selbstbewusste Freundin mit chinesischen Wurzeln ist da sehr hilfreich.

Heutzutage hat die Überfliegerin Audrey es eher schwer in der Kleinstadt noch Herausforderungen zu finden. Aber ihre wenig erfolgreiche Künstler-Freundin wohnt bei ihr. Nun braucht Audrey Lolos hilfe, denn ihrem Boss hat die Anwältin gesagt, sie könne fließend chinesisch und soll nun im Land der Mitte einen wichtigen Deal abschließen. Lolo muss als Dolmetscherin mit.

Karriere-Angebote und Identitätskrisen

Am Flugplatz gesellt sich noch Lolos Cousine Deadeye (Sabrina Wu) dazu. Ein introvertierter K-Pop-Fan. Und in China besuchen die drei als erstes Audreys Studien-Freundin Kat (Stephanie Hsu), die in zwischen in China ein gefeierter Saup-Opera-Star ist. Ihrem christlich gläubigen Verlobten und Ko-Star hat Kat ihre lebenslustige Vergangenheit allerdings verschwiegen. Gerne schließt sie sich der Reisegruppe an.

Trotz aller Bemühungen und Saufgelage kommt das Geschäft nicht zustande. Der Geschäftspartner hat mitbekommen, dass Audrey ihre leibliche Mutter nicht kennt und weigert sich den Deal abzuschließen, bevor Audrey die Mutter nicht kennengelernt hat. Schließlich wisse man nicht wer man sei, wenn man nicht wisse woher man komme. Unterwegs sorgt ausgerechnet Audreys Platzwahl für Stress, denn die einzige „weiße“ im Zug, stellt sich als Drogenkurier heraus und die Polizeikontrolle ist unterwegs.

„Joy Ride“ spielt in der selben Liga an Humor, Zoten und überbordendem Witz wie die bereits eingangs erwähnten „Hangover“-Filme. Das ist insofern interessant, weil es für das US-Amerikanische Kino in mehrerer Hinsicht eine Neuerung darstellt. Zunächst ist dies die erste Mainstream-Komödie mit rein asiatischen weiblichen Hauptrollen. Außerdem hat der Film ein R-Rating erhalten, was für diese Figurenkonstellation ebenfalls ein Novum ist. Ein R-Rating heißt übersetzt, keine Jugendfreigabe. Der Film ist erst ab 17 Jahren freigegeben, sonst muss eine Erwachsene Aufsichtsperson mit.

Hierzulande mag sich das Publikum schon fragen, was denn der ganze Aufriss soll? Denn „Joy Ride“ ist ab 12 Jahren freigegeben? Und ja, es geht etwas freizügig und des Öfteren anzüglich zu. Sehr viele der Witze spielen sich auf einem Niveau ab, das mit Körperöffnungen und Intimverrichtungen beschäftigt ist. Verklemmte amerikanische Teenager mag das möglicherweise ebenso irritieren wie die Kids hierzulande. Andererseits ist ein positives Körpergefühl eines der Grundthemen des Films. Das geht auch in Richtung einer Akzeptanz des eigenen Aussehens und thematisiert ein Problemfeld.

Tätowierungen im Intimbereich

Aber das Publikum sollte sich nichts vormachen, obwohl „Joy Ride“ mit viel Geschick, ohne jedes Schamgefühl und mit subversiver Bissigkeit durchaus gesellschaftlich relevante Aspekte anspricht, ist der Film vor allem Screwball-Comedy. Wenn Seth Rogen als Produzent an Bord ist, darf das Publikum fast vermuten, dass es überkandidelt und etwas derber zugeht. Über weite Strecken haut das überraschend gut hin und sorgt für flotte Sprüche, hohes Tempo und sehr viel launige Dynamik.

Letztlich hat der Film wie auch auch viel Frauenpower und ethnische Wucht und Identitätsangebote zu bieten, wofür es durchaus immer noch einen großen Bedarf gibt. Dafür sorgen nicht zuletzt die großartigen Darstellerinnen, die ein dynamisches Powerhaus bilden, auf dem sich jede Pointe aufbauen lässt. Wenn „Joy Ride“ über das Komödiantische hinaus, der einen oder dem anderen mehr individuelles Wohlfühlen erlaubt, hat der Film seinen Zweck in jedem Fall erfüllt. Oder mit „Bill & Ted“ die Welt ist bunt und granatenstark.

Und so gibt es in Adele Lims Regie-Debut einige hahnebüchen aberwitzige Gags und Szenarien zu bestaunen. Ebenso wie anheimelnde „Beste Freundin“ Momente. Erstaunlicher Weise hat „Joy Ride“ vergleichsweise wenig Berührungspunkte mit Lulu Wangs anrührender Tragikomödie „The Farewell“ von 2019. In dem es ebenfalls um chinesische Wurzeln junger Amerikaner:innen geht. Dafür bekommt in Joy Ride“ so ziemlich jeder sein Fett weg, auch die vorurteilsverseuchte chinesische Großfamilie.

Gag-Feuerwerk floskelt das Publikum üblicherweise, wenn sich Pointe an Pointe reiht. Das ist auch in „Joy Ride – The Trip“ der Fall, aber nicht jede Humor-Rakete zündet. Auch und gerade im zotigen Humor, auf den die us-amerikanische Komödie so stolz ist, sind viele Jokes nicht unbedingt lustig. Aber da kommen wohl auch die individuellen und kulturellen Grenzen des „guten Geschmacks“ ins Spiel, der beim Rezensenten ohnehin nicht vorhanden ist. Kein Kalauer hat es verdient liegen gelassen zu werden. Daher habe ich mit gut und emanzipiert unterhalten gefühlt.

Film-Wertung: 6.5 out of 10 stars (6,5 / 10)

Joy Ride – The Trip
OT: Joy Ride – The Trip
Genre: Komödie
Länge: 95 Minuten, USA, 2023
Regie: Adele Lim
Darstellerinnen: Ashley Park, Sabrina Wu, Stephanie Shu, Sherry Cola,
FSK: ab 12 Jahren
Vertrieb: UPI / Leonine
Kinostart:
DVD- & digital & BD-VÖ: 08.12.2023