Nun ist bei Panini Comics auch der zweite Teil der Mini-Serie „Old Man Hawkeye“ erschienen. In dieser post-apokalyptischen Welt haben die Bösewichte die USA unter sich aufgeteilt, weil sie die Helden vor Jahrzehnten vernichtend besiegt haben. Und dennoch ist ein erblindenden Bogenschütze auf einem Rachefeldzug. Der abschließende zweite Teil des „Old Man Logan“ –Prequels von Autor Ethan Sacks und Zeichner Marco Checchetto entwickelt gerade genug Eigenleben, um sich von Mark Millars epischem Vorbild abzusetzen. „Old Man Hawkeye“ überzeugt stilsicher und zielsicher in dem typisch unangepassten Stil des Avengers-Bogenschützen „Hawkeye“.
Clint Barton ist seit Jahren kein Superheld mehr, stattdessen verdiente er seinen Lebensunterhalt als Eskorte für gefährliche Transporte durch die neu aufgeteilten USA, in denen sich die Superschurken zu Herrschern aufgeschwungen haben. Doch bei einer Eskorte bekam es Hawkeye mit einem Psycho und dem Venom-Symbionten zu tun und geriet so in das Zielfernrohr von „Marshal“ Bullseye. Der ignoriert nun die Befehle von Red Skull und jagt seinen alten Widersacher Clint Barton. Red Skull hingegen fragt sich, warum Hawkeye überhaupt noch lebt und schickt noch jemanden los, um die Angelegenheit aufzuklären.
Währenddessen sucht Clint Barton Schutz und gefährdet damit eine sichere Zuflucht für viele Menschen. Sehr zu ihrem Leidwesen ist Kate Bishop, die auch mal als Hawkeye eine Superheldin war, nun gezwungen, Clint auf seinem Rachefeldzug beizustehen. Was noch lange nicht bedeutet, dass sich die Chancen der Hawkeyes dadurch wesentlich verbessert haben.
Die zweite Hälfte seiner post-apokalyptischen Miniserie, die über 12 US-Ausgaben angelegt ist, beginnt Autor Ethan Sacks mit einer Rückblende auf jene epische Schlacht der Schurken gegen die Helden, in der allein Clint Barton überlebte – und das auch nur, weil ihn seine Gegner nicht für einen „richtigen“ Superhelden hielten.
Nach der Diagnose, demnächst das Augenlicht zu verlieren findet Hawkeye nun endlich den verzweifelten Mut sich zu erheben und eine alte Rechnung zu begleichen. Wer nichts zu verlieren hat, kann alles gewinnen. Darin und in der post-apokalyptischen Szenerie lässt freilich der irre Max von Down Under beherzt grüßen.
Wie bereits zum Auftakt der Serie erwähnt, kann man „Old Man Hawkeye“ eigenständig lesen, ohne das epische und legendäre Vorbild „Old Man Logan“ von Mark Millar zu kennen, aber dem Comic-Fan entgehen dabei Parallelen und ein paar sehr gelungene Variationen in der Story. Denn „Old Man Hawkeye“ ist keineswegs nur ein billiger Abklatsch. Sicher in den ersten Ausgaben ließ sich durch die Referenzen eine schnelle Identifikation mit Figuren und Setting erzielen, aber gerade in der zweiten Hälfte der Geschichte geht es doch deutlich eigenständiger zu. Gerade das Team-Up mit Kate Bishop, das an den Sound der großartigen „Hawkeye“ Megabände eins und zwei anknüpft macht diesen post-apokalyptischen Wüstenritt zu etwas ganz eigenem.
Was soll ich zu dem gelungenen Artwork von Zeichner Marco Checchetto und Kolorist Andres Mossa noch sage, was ich in der Vorstellung des ersten Bandes nicht schon erwähnt habe? Vielleicht das der Zeichner dieses Mal von Francesco Mobili und Ibraim Roberson unterstützt wird, die Action noch mehr Dynamik bekommen hat und die Stimmungen noch variabler gestaltet wurden, ohne ihren einheitlichen Look zu verlieren. Das ist schon beachtlich und sehr unterhaltsam anzuschauen. Starke ausdrucksvolle Illustrationen für einen modernen, filmisch erzählten düsteren Superhelden-Comic.
Im zweiten, abschließenden Band der Marvel-Mini-Serie „Old Man Hawkeye“ zeigen Autor Sacks und Zeichner Checchetto, dass sie mehr sind als nur Epigonen. Story und Artwork heben sich nun deutlich von dem überlebensgroßen Vorbild „Old Man Logan“ ab und sind eine starke Ergänzung. Eine weitere sehr gelungenen Geschichte aus einer düsteren, zerstörten Welt, die ohne Helden auskommen muss.
Comic-Wertung: (8 / 10)
Old Man Hawkeye 2: Das Vermächtnis
OT: Old Man Hawkeye 7-12, Marvel Comics, 2018 – 2019
Autor: Ethan Sacks
Zeichner: Marco Checchetto
Farben: Andres Mossa
Übersetzung: Bernd Kronsbein
Verlag: Panini Comics, Softcover, 132 Seiten
VÖ: 16.04.2019