Als Autor Matt Fraction und Zeichner David Aja 2012 bei Marvel eine neue Serie mit Soloabenteuern des Avengers Hawkeye in Angriff nahmen, entschieden sich die beiden ganz bewusst, inhaltlich nicht auf Superhelden-Action zu setzen, sondern aus dem Leben zu erzählen. Das ist auch eine schöne Hommage an New York geworden und vor allem eine grandiose Serie. Der zweite bei Panini erscheinende Megaband „Mein Leben als Held“ setzt das Konzept großartig fort. Beendet aber auch den wunderbaren Hawkeye-Run des kreativen Duos; aber davon später mehr. Aja und Fraction haben der Comicwelt eine innovative und absolut lesenswerte Serie vorgelegt.
Für alle, die die Handlung im ersten „Hawkeye“-Megaband nicht mehr auf Zeile haben: Weil Clint Barton das Mietshaus in dem er in Brooklyn lebt, von der Russenmafia „gekauft“ hat, hat er sich Freunde fürs Leben gemacht. Denn die Immobilie gehört zu einem größeren Plan, den die Bosse der Ballonseide tragenden Gauner verfolgen.
Eine selbständige Frau
Außerdem hat es sich der Bogenschütze in Diensten der Avengers auch mit Kate Bishpop verscherzt, die ebenfalls als Hawkeye unterwegs ist. Ein Frauenversteher war Barton noch nie und so schaut er verwundert zu, als Kate sich mitsamt Hund Lucky vom Acker macht. Während Clint in New York so seine Päckchen zu tragen hat, siedelt Kate nach Los Angeles über und will sich dort einen Job suchen. Gar nicht so einfach für eine Millionärstochter. Als Privatdetektivin gerät Kate an ein schwules Pärchen. Ihre ersten Auftraggeber erweisen sich später als gute Freunde. Und die kann Kate in dem Storybogen „L.A. Woman“, der über 4 Hefte angelegt ist, auch gebrauchen, denn Madame Masque hat mit der jungen Heldin noch ein Hühnchen zu rupfen.
Brooklyn, Brüder, Ballonseide
Clint Barton bekommt gleichzeitig Besuch von seinem großen Bruder Barney. Der macht gerade eine schwere Phase durch, ist für Clint allerdings auch eine Verstärkung, denn die Russenmafia hat es wie erwähnt nach wie vor auf Hawkeye abgesehen und schickt einen Killer zu Barton. „Der Clown“ bedroht nicht nur Barton, sondern bringt das ganze Umfeld und auch die Nachbarn in Gefahr.
Im zweiten „Hawkeye“-Mebgaband bei Panini hat man sich entschieden, die Stories nicht nach US-Veröffentlichungsschema anzuordnen, was zunächst verwirren mag, aber durchaus Sinn hat. Und keine Bange, es sind alle fehlenden Fraction/Aja-Ausgaben enthalten (hab‘ nachgezählt). So kommen die Leser hierzulande in den Genuss, zuerst Kates Los Angeles Abenteuer zu lesen und dann Clints Neuigkeiten von der Heimatfront in Brooklyn. In Amerika erschienen die Storys abwechselnd.
Robert Altman lässt grüßen
Matt Fraction und David Aja wissen, was sie mit der Serie für Trademarks hingelegt haben und so gibt es auch in diesem Jahrgang eine Story mit Hunden, allerdings als ziemlich lustiges Weihnachtsspecial einer TV-Serie und auch wieder die erzählerische Notwendigkeit, mit seltsamen Icons zu arbeiten, denn Clint Barton verliert zeitweilig sein Gehör. Aber lest selbst.
Für den Ausflug nach Los Angeles bedient sich Matt Fraction nicht nur der üblichen Klischees von Kalifornien und der Nähe zu Hollywood, sondern baut auch einen Filmklassiker mit ein: Robert Altmans Verfilmung von Raymond Chandlers Krimi-Klassiker „The Long Goodbye“ (Deutsch: Der Tod kennt keine Wiederkehr, 1973). Der Film-Marlowe (Elliot Gould) begegnet Kate diverse Male im Supermarkt, weiß immer, wo das Katzenfutter ist und sondert seltsame Sprüche ab. Aber der Typ, der verzweifelt versucht aus L.A. wegzukommen, hat auch direkt was mit der Handlung zu tun. Das macht schon ziemlichen Spaß.
All New Hawkeye
Wer auf diesen Seiten öfters mal was über Comics liest, weiß, dass ich Matt Fraction („Sex Criminals“) schätze und so hat es mich zunächst etwas betrübt, dass die Serie zu Ende sein soll, vor allem, weil die Finalausgabe von „Hawkeye“ (2012) noch mal so richtig schön ein Fass aufmacht. Aber alles halb so wild, die Leser können beruhigt sein: Marvel setzt die Story fort, zwar mit neuem Label und neuem Kreativteam, aber die inhaltliche Kontinuität bleibt gewahrt. Seit September ist „All New Hawkeye“ auf dem Markt und erzählt weiter von Clint Barton und Kate Bishop. Für ihre ersten US-Ausgaben haben Autor Jeff Lemire (der auch zu meinen Favoriten zählt) und Zeichner Ramon Perez in Amerika ziemlich viel Lob kassiert. Also keine Bange, das Abenteuer geht weiter.
Auch der zweite „Hawkeye“-Megaband aus der Feder von Matt Fraction und David Aja hat es in sich und die Serie wird ihrem Anspruch auf ganzer Linie gerecht. Nach wie vor: Hammer Serie! Lesen!
Comic-Wertung: (9,5 / 10)
Hawkeye Megaband 2: Mein Lebewn als Held
OT: Hawkeye (2012) Volume 12-22, Hawkeye Annual 1, Marvel Comics 2013-15
Autor: Matt Fraction
Zeichner: David Aja et al.
Farben: Matt Hollingsworth et al.
Übersetzung: Bernd Kronsbein
Verlag: Panini Comics, Softcover, 276 Seiten
VÖ: 20.10.2015