Hawkeye Megaband: Mein Leben als Waffe

HAWKEYEMEGABAND1_vorschauIrgendwie hat man als Leser immer das Gefühl, das Clint Barton bei den Avengers ein eher stiefmütterliches Dasein führt. Als Hawkeye verfügt er nicht über Superkräfte und im Sport würde man sowas wohl als typischen Teamplayer bezeichnen. Hätte der Mann nicht so eine eigenwillige Ader, die ihm immer wieder Stress einbringt. Insofern ist es schon ein kleines Wagnis, dem Bogenschützen mal wieder eine eigene Serie zu gönnen. Aber Autor Matt Fraction und Hauptzeichner David Aja gewinnen auf ganzer Linie: Hawkye ist anders, neu, frisch und 100% Brooklyn-Style.

HAWKEYE-MARVEL-Das sieht übel aus! Mal wieder fliegt Hawkeye aus irgendeinem Fenster oder von irgendeinem Dach und ist mitten drin im Schlamassel. Dabei hatte doch eigentlich alles ganz harmlos angefangen. Da bringt Clint Barton einen verletzten Hund in die Tierklinik und hat Stress mit der Russenmafia – oder woher diese Ballonseide-Typen auch sonst kommen mögen.

Als Privatmensch lebt Barton in Brooklyn und fühlt sich dem Stadtteil auch richtig verbunden. Gelegentlich schaut Kate Bishop, die als Hawkeye bei den Young Avengers aktiv ist, vorbei und erzählt dem alten Mann, wie das Leben so funktioniert. Als dann noch eine attraktive Rothaarige auftaucht und Baton ihr Auto verkauft, geht der Ärger richtig los.

Um es gleich mal festzustellen: Mit Superschurken bekommt es Hawkeye (zumindest in den ersten elf US-Ausgaben) eher selten zu tun. Stattdessen erzählt Autor Matt Fraction aus dem Leben des sympathischen Chaoten von nebenan und tut das mit einer Menge Humor, urbanem Slackertum, Sexiness und  Straßendreck. Wer also abgespacte Superheldenaction und muskelbepackte Kerle in Strumpfhosen sehen will, braucht in „Hawkeye“ gar nicht erst zu blättern. Darauf ist die Optik der Serie auch überhaupt nicht ausgelegt.

hawkeye-11-pizza-dog-matt-fraction-david-ajaStatt dessen legt die Hawkeye Solo-Serie, die 2012 gestartet ist und sich in den USA noch immer hoher Beliebtheit erfreut, das Augenmerk auf die alltäglichen Probleme, die im Bartons Fall auch schon mal diverse Konflikte mit unerfreulichen Typen beinhalten. Wozu ist man schließlich „Rächer“, wenn man nicht auch mal für Ordnung im Stadtteil sorgt? Das erinnert in der erzählerischen Ausrichtung eher an „Daredevil“ als an die Avengers – und es funktioniert ausgesprochen unterhaltsam. Und durch die Stories schimmert immer wieder etwas von dem Spirit, der auch die ersten Spider-Man Abenteuer ausgemacht hat, in denen der New Yorker Luftraum noch nicht von Superwesen übervölkert war und Peter Parker versuchte, sein Leben auf die Reihe zu kriegen. Das versucht auch Clint Barton, allerdings heutzutage, weshalb die Dialoge frecher und knackiger rüberkomen als in den Swinging Sixties.

hawkeye2012008_covFraction bemüht sich um originelle Erzählperspektiven, beginnt häufig mit der anfangs erwähnten Szene, in der es übel aussieht, die sich so als Motiv und Running Gag etabliert, und rollt die Abenteuer so nach und nach auf. In Zeichner David Aja hat er einen kongenialen Partner gefunden, der sich auch auf die Ideen einlässt und dafür intelligente und moderne Bilder findet. Wer sonst würde schon eine Story aus der Perspektive eines Hundes erzählen, mit modernen Icons und anderen Gimmicks des grafischen Erzählens so kunstvoll umgehen. Der Stil der Zeichnungen ist für einen Superheldencomic ebenfalls ungewöhnlich und man würde denken, das ganze passe besser zu einer Graphic Novel, aber genau das Kantige und das Verspielte ist perfekt für die Geschichten.

Um es kurz zu machen: „Hawkeye“ ist ein Treffer ins Schwarze, der dem „Avengers“-Bogenschützen  endlich mal so viel Leben einhaucht, wie dem von Stan Lee und Don Heck im Silver Age der Comics kreierten Helden auch würdig ist. Hammer-Serie! Barton rocks!

Comc-Wertung: 10 out of 10 stars (10 / 10)

HAWKEYEMEGABAND1_Softcover_725Hawkeye Megaband: Mein Leben als Waffe
OT: Hawkeye (2012) Volume 1-11, Marvel Comics 2012-13
Autor: Matt Fraction
Zeichner: David Aja et al.
Farben: Matt Hollingsworth et al.
Übersetzung: Bernd Kronsbein
Verlag: Panini Comics, Softcover, 244 Seiten
VÖ: 29.07.2014

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