Drive-Away Dolls: Lasst die Puppen tanzen

Wenn Beziehungen in die Brüche gehen, ist es bisweilen das Beste erst einmal Abstand zu gewinnen. Die lebenslustige Jamie, die bei ihrer Ex rausgeflogen ist, schließt sich der verstockten Marian an, die in Florida Verwandte besuchen will. Dusseliger Weise kommt es zu einer folgenschweren Verwechslung bei der Autovermietung und nun haben die beiden Lesben zwei Killer an den Hacken. Das launige 90er Jahre Road Movie von Ethan Coen und Tricia Cooke hat viele Zutaten eines typischen Coen Brothers Werkes, aber kaum deren Vielschichtigkeit. Ab 7. März 2024 im Kino.

Jamie (Margaret Qualley) ist lesbisch und ziemlich lebenslustig. Oder auch experimentierfreudig, was ihrer Partnerin Sukie (Beanie Feldstein) überhaupt nicht gefällt. Kurzerhand fliegt Jamie aus der Wohnung weil sie rumgemacht hat und kommt bei Madison unter. Die ist zwar auch lesbisch, aber deutlich verkrampfter mit ihrer Sexualität. Sie will ihre Verwandten in Tallahassee, Florida, besuchen und Jamie schließt sich kurzentschlossen an, um die Südstaaten abzuchecken.

Allerdings kommt es bei Curlies (Bill Camp) Autovermietung zu einer Verwechslung. Kurz bevor Madison und Jamie auftauchen, hat der „Boss“ (Coleman Domingo) für seine beiden Killer ein Auto bestellt. Das soll ebenfalls nach Tallahassee. Und da tauchen die beiden Grazien auf. Curlie übergibt die Schlüssel für Karre mit der heißen Fracht und die Mädels machen sich auf den Weg. Kurz darauf tauchen die nicht amüsierten Killer auf und heften sich den Mädchen an die Fersen.

Schlecht, wenn sie die Fracht finden…

Es hätte auch gar nichts passieren müssen, wären Madison und Jamie direkt durchgefahren und hätten nicht noch diverse Lesben-Kneipen auf dem Weg abgecheckt. …und hätten die beiden keine Reifenpanne gehabt, was sie dazu brachte den Kofferraum zu öffnen und ihre gefährliche Fracht zu bemerken. Und dann geht der Spaß erst richtig los.

Oder aber, dann wird’s zotiger. „Drive-Away Dolls“ war auch unter dem Titel „Drive-Away Dykes“ angekündigt, aber die Nennung der Lesben im Titel war wohl zu frivol für das (amerikanische) Publikum. Wie auch immer, „Drive-Away Dolls“ hat nicht den Charme eines Films der Coen Brüder („Barton Fink“, „Inside Llewyn Davis“) . Was auch nicht zu erwarten war., Zwar ist das Road Movie Ethans erste alleinige Regie-Arbeit, aber Drehbücher hat er bereits häufiger für andere Regisseure geschrieben, so etwas „Jesus Rolls“.

Die Story ist launig und halbwegs turbulent. Allerdings auch weitgehend absehbar, was den Ablauf der Verfolgung angeht. Die Killer stellen sich so dusselig an wie einst in „Fargo“, die prominenten Kurzauftritte von Matt Damon („The Great Wall“, „Air“ „Elysium“) und Pedro Pascal („Game of Thrones“, The Mandalorian“) sind vor allem skurril.

Liebe ist eine Schlittenfahrt in die Hölle

Ganz im Stil eines klassischen Road Movies gibt es diverse Stationen anzufahren, die jeweils ihre eigene Dynamik und Humorqualität haben. Dabei geht es in „Drive Away Dolls“ vor allem um Homosexualität in den Neunzigern, unterschiedliche Ansätze damit umzugehen und einige Klischees, die humoristisch mehr oder minder glücklich auseinandergenommen werden. Schon wieder darauf rumzureiten, dass hier Queer Sein im Mainstream gelandet ist, bringt niemanden weiter. Es sollte selbstverständlich sein. Wer mag kann versuchen, das Ganze in einen aktuellen politischen Kontext zu drängeln, der mit den aktuellen Vorwahlen zur US-amerikanischen Präsidentschaftswahl im November 2024 geben wäre.

Ich bin da schlichter gestrickt. Ich mag Road Movies wegen des Bewegungsmomentums, da sehe ich auch mäßiger Filme gerne, wenn es sonst noch persönliche Schauwerte gibt, wie etwa in „Das Ende ist erst der Anfang“. So auch in „Drive-Away Dolls“. Es gibt eine psychedelische Sequenz, die mit dem großartigen Gitarrensolo von Funkadelics Eddie Hazel in „Maggot Brain“ untermalt ist, die hat mich sehr gefreut. Ebenfalls hinreißend und charmant fand ich im Original den breiten Akzent von Jamie und die spitzfindige Sprachgewandtheit von Madison. Wer weiß, was in der Synchronfassung davon übrig bleibt.

„Drive-Away Dolls“ ist eine launige queere Komödie mit dusseligen Gaunern und aufgeweckten Dykes und einigen schrägen Begegnungen in einen konservativen Amerika kurz vor dem Jahrtausendwechsel. Nicht mehr und nicht weniger.

Film-Wertung: 6 out of 10 stars (6 / 10)

Drive-Away Dolls
OT: Drive-Away Dolls
Genre: Komödie
Länge: 85 Minuten, USA, 2024,
Regie: Ethan Coen
Darsteller:innen: Margaret Qualley, Coleman Domingo, Geraldine Viswanathan,
FSK: ab 16 Jahren
Vertrieb: Universal Pictures International
Kinostart: 07.03.2024