Call Jane: Schwanger? Besorgt?

1968 ist zum Synonym geworden für gesellschaftlichen Umbruch. In den USA gibt es massive politische Proteste und die Gesellschaft ist unruhig. Doch Frauen bleiben gesellschaftlich eine kaum gesehene Randgruppe. Das merkt auch die Hausfrau Joy als eine späte Schwangerschaft ihr Leben bedroht. Das Drama „Call Jane“ basiert auf wahren Ereignissen und erzählt davon wie Frauen ihr Schicksal selbst in die Hand nehmen. DCM bringt „Call Jane“ ab 1. Dezember 2022 in die Kinos.

Als die Hausfrau und Mutter Joy (Elizabeth Banks) im fortgeschrittenen Alter erneut schwanger wird, macht ihr Körper nicht mehr mit. Ihr Hausarzt ist besorgt und rät Joy aus medizinischen Gründen, die Schangerschaft abbrechen zu lassen. Doch so einfach ist das im Jahr 1968 nicht. Abtreibungen sind strafbar und nur in Ausnahmefällen entscheidet das jeweilige Krankenhaus-Komittee über einen medizinisch begründeten Abbruch.

Joy findet sich in einer Situation wieder, in der alte weiße Männer über ihr Leben entscheiden, ohne sie überhaupt direkt anzusprechen. Dem Komitee scheint eine 50% Überlebenschance der Mutter aussichtsreich genug. Der Eingriff wird nicht genehmigt. Joy versucht daraufhin mit „Hausmitteln“ die Schwangerschaft zu beenden, doch es hilft nichts.

Wenn Hilfe illegal ist

Eines Tages sieht sie an einer Mülltonne einen Aufkleber, der schwangeren Frauen anbietet „Jane anzurufen“. Joy entscheidet sich zur Kontaktaufnahme und wird in allerbester Verschwörungsmanier zu einem Arzt gebracht, der illegale Abreibungen vornimmt. Anschließend lernt Joy „Jane“ kennen. Die mysteriöse Frau stellt sich als Alias einer ganzen Gruppe von Frauen heraus.

Unter der Leitung von Virginia (Sigourney Weaver) haben die Frauen beschlossen, ihren Geschlechtsgenossen zu helfen, wenn diese ungewollt schwanger sind und nicht weiter wissen. Schon bald brauchen die Janes Unterstützung und Joy hat Zeit. Ihrem Mann und ihrer jugendlichen Tochter erzählt sie etwas von einem Kunstkurs.

Zwar beschäftigt sich „Call Jane“ mit einem Thema, das vermeintlich vor allem Frauen angeht, aber das Drama von Regisseurin Philys Nagy („Drehbuch „Carol“) ist keineswegs ein Frauenfilm. Von der Inszenierung ist „Call Jane“ relativ klassisch als Gesellschaftsdrama mit der unbedarften Hausfrau im Zentrum aufgebaut, die durch eigene Erfahrung problembewusst wird und zu handeln beginnt.

Die Geschichte ist ganz auf die beiden großen Stars zugeschnitten. Sowohl Elizabeth Banks („Mädelsabend“, „Love & Mercy“), die immer gerne unterschätzt wird, als auch Sigourney Weaver liefern großartige Darstellungen ab und sind Argumente genug den Film anzusehen.

Es ist durchaus wichtig dem realen Vorbild der Janes ein filmisches Denkmal zu setzen und ihre gesellschaftliche Leistung wieder ins kollektive Gedächtnis zu holen. immerhin waren die „Janes“ in in ihrer aktiven Zeit für etliche Schwangerschaftsabbrüche verantwortlich, in denen die Schwangeren in ihrer Verzweiflung nicht abgehalfterten Engelmachern ausgeliefert waren und Hilfe und Unterstützung erführen. 1973 wurden Abtreibungen in den USA legalisiert. Allerdings nicht in allen Bundesstaaten.

Organisiert wie ein Untergrund-Aktivsiten

Bis heute halten sich in den USA Positionen und Gesetze, die es Frauen nicht erlauben, über ihren Körper selbst zu entscheiden. Blickt man auf die gesellschaftlichen Entwicklungen der vergangenen Jahre so scheint es bisweilen, als stünden die Errungenschaften der Emanzipation wieder auf dem Prüfstand. Hierzulande scheint die Situation wenig besser.

Die Stellung der Frau in den westlichen Gesellschaften ist nach wie von nicht gleichgestellt. Freilich lässt sich das nicht verallgemeinern, aber grundsätzlich ist da noch Spielraum für Geschlechtergleichheit und auch für Diversität. Auch scheint der Frauenhass in jüngster Zeit zuzunehmen und Frauen zu bedrohen. Insofern ist „Call Jane“ ein wichtiger Film und auch wenn das Drama nicht so mitreißend ausgefallen ist wie etwa „Sufragette“ hat „Call Jane“ doch seine cineastischen Qualitäten und eine wichtige Geschichte zu erzählen.

„Call Jane“ erzählt mit großartigen Darstellerinnen und einer anschaulichen Geschichte wie es sich anfühlt, eine Schwangerschaft abbrechen zu müssen, wenn einem niemand hilft und sogar das Gesetz es sogar verbietet. Was bleibt sind Solidarität, illegales Handeln und Selbstermächtigung. Frauenpower statt Flower Power.

Film-Wertung: 7 out of 10 stars (7 / 10)

Call Jane
OT: Call Jane
Genre: Drama, Gesellschaft
Länge: 122 Minuten, USA, 2022
Regie: Phyllis Nagy
Darstellerinnen: Elizabeth Banks, Wunmi Mosaku, Kate Mara, Sigourney Weaver,
FSJK: Ab 12 Jahren
Vertrieb: DCM Film
Kinostart: 01.12.2022