Die amerikanische Komödie „Mädelsabend“ könnte man auf den ersten Blick für eine weitere überdrehte „Fisch out of Water“-Komödie halten, in der Schauspielerin Elizabeth Banks als biedere aber ehrgeizige Moderatorin nach einer durchzechten Nacht ihr Leben versaut. Das liegt vor allem an dem bisherigen Schaffen von Regisseur Steven Brill, der bislang nur leidlich überzeugende Klamaukattaken wie das Remake von „Mr. Deeds“, die „Mighty Ducks“ oder auch „Drillbit Taylor“ auf das Publikum losgelassen hat. „Mädelsabend“ hingegen strotzt vor gelungenen gesellschaftlichen Anspielungen und die bezaubernde Elizabeth Banks erinnert an Tweety aus den LooneyToons wie sie quietschgelb durch die Stadt stöckelt, immer auf der Flucht vor Sylvester dem Kater.
Meghan Miles (Elizabeth Banks) moderiert bei einem unbedeutenden regionalen TV-Sender in Los Angeles die Lokalnachrichten. Dann bewirbt sie sich bei einem landesweiten Network und hat scheinbar auch gute Chancen. Nun soll sich für Meghan auszahlen, jahrelang auf ein biederes, kompetentes und skandalfreies Image zu setzen. Entsprechend groß ist die Enttäuschung, als eine Konkurrentin den Zuschlag kriegt und Meghans Freund auch noch Schluss macht. Völlig aufgelöst lässt sie sich von Freundin Rose (Gillian Rose) zu einem Mädelsabend überreden. Zuvor wird sie allerdings noch in Denises (Sarah Wright) hautenges, kurzes, gelbes Kleid gesteckt, damit sie sich gleich einen neuen Lover aufreißen kann…
Die drei Frauen hauen eine Runde Tequilla nach der nächsten weg, die Nacht gerät komplett aus dem Ruder und Megan findet sich in der Wohnung von Barkeeper Gordon (James Marsden) am anderen Ende der Stadt wieder. Als sie mitten in der Nacht aufwacht, schnappt sie sich ihren Autoschlüssel und will nach Hause. Aber ihr Wagen ist abgeschleppt. Mobiltelefon und Handtasche mit dem Geld liegen in der Wohnung des Barkeepers, dessen Namen Megan nicht kennt. In der Wohnung, aus der sie sich gerade ausgesperrt hat. Also macht sie sich zu Fuß in High Heels, verkatert und knallgelb auf den Weg. Was Megan nicht weiß: Das Network hat sich doch für sie entschieden und plant am Abend im Sender vorbeizukommen, um sie moderieren zu sehen.
Doch Megans Marsch nach Hause führt über den Straßenstrich, wo sie für eine Freischaffende gehalten wird, über Missverständnisse mit der Polizei und in eine heruntergekommene Crack-Höhle – und das ist längst noch nicht alles an diesem elenden Tag.
„Mädelsabend“ der im Original trefflich „Walk of Shame“ (Weg der Schande) heißt, ist vom Aufbau her eine typische Komödie, in der die Hauptfigur aus dem bekannten Umfeld gerissen wird und vollkommen aufgeschmissen ist. Meghan bleibt kaum eine Peinlichkeit erspart und die Slapsticks und Gags geben sich die Klinke in die Hand. Zwar zündet nicht jede Pointe, aber die Trefferquote in Steven Brills Film ist erstaunlich hoch. Das ist vornehmlich Elizabeth Banks zu verdanken, die die Wandlung von der biedern Moderatorin zu einer verzweifelten wenngleich noch immer erstaunlich naiven Überlebenskünstlerin mit viel komödiantischem Talent darbietet.
Wie jede Komödie spielt auch Brills Film mit Klischees, egal ob diese vermeintlich finstere Crack-Dealer oder die chassidische Gemeinde betreffen; egal ob autoritätslose Streifenpolizisten oder oberflächliche TV-Moderatoren, hier bekommen einige ihr Fett weg. Dazu zählt auch die in „Mädelsabend“ sehr gelungene, leichtfüßige Thematisierung von Vorurteilen gegenüber leicht bekleideten Frauen. Es ist Meghan schier unmöglich, glaubhaft zu machen, dass sie keine Prostituierte ist, sondern eine intelligente Frau in Not. Die auffällige und aufreizende Optik macht jede Kommunikation unmöglich. Glücklicherweise leitet Steven Brills Komödie „Mädelsabend“ daraus letztlich weder eine moralinsaure Standpauke noch eine politisch überkorrekte Botschaft ab, sondern entlässt den Zuschauer nach diversen Attacken auf das Zwerchfell mit einer Heldin, die ihr inneres Gleichgewicht gefunden hat.
Im Prinzip fühlt sich das heutige Los Angeles für Meghan an, als wäre sie allein in der Wildnis ausgesetzt. Ohne Geld und Mobiltelefon ist der moderne Mensch aufgeschmissen und auf die Hilfe anderer angewiesen. Allerdings wird diese heutzutage in den seltensten Fällen aus purer Mitmenschlichkeit gewährt und so muss Meghan das, was sie gerade braucht, immer eintauschen wie weiland im Märchen „Hans im Glück“. Was aber nützt es, telefonieren zu können, wenn man außer der eigenen Telefonnummer nur noch die von Mutti weiß, die dann auch noch ganz woanders lebt?
Die überkandidelte amerikanische Komödie „Mädelsabend“ sorgt für einen unerwartet unterhaltsamen Abend, mit zum Teil ziemlich hintersinnigem Humor. Elizabeth Banks bestreitet den Weg der Peinlichkeiten mit Bravour.
Film-Wertung: (7 / 10)
Mädelsabend- Nüchtern zu schüchtern
OT: Walk of Shame
Genre: Komödie
Länge: 95 Minuten, USA, 2014
Regie: Steven Brill
Darsteller: Elizabeth Banks, Gillen Jacobs, Sarah Wright, James Marsden,
FSK: ab 12 Jahren
Vertrieb: Universum
Kinostart: 26.06.2014
DVD- & BD-VÖ: 21.11.2014