Mit dem deutschen Film in seiner komödiantisch dramatischen Ausprägung bin ich noch nicht am Ende. Seit seine Frau gestorben ist, hat Markus Färber den Faden verloren, jetzt droht ihm auch noch die 15jährige Tochter zu entgleiten. Nicht gerade der Stoff, aus dem Komödie gemacht werden, aber schließlich „Das Leben ist nichts für Feiglinge“. Und die deutsche Dramödie von 2013 ist immer noch hinreißend.
Wenn’s es einem sowieso schon dreckig geht, holt das Schicksal nochmal mit voller Kelle aus und schüttet Stolpersteine in die Gegend. Da muss man wohl einfach durch. Jedenfalls hat Markus Färber (Wotan Wilke Möhring) es schwer genug, nach dem Unfalltot seiner Frau den Catering Service zu betreiben. Die Partylaune ist flöten.
Außerdem zieht sich seine Tochter Kim (Helen Woigk) immer mehr zurück. Zu allem Überfluss wird bei Markus Mutter (Christine Schorn) nun auch noch Krebs diagnostiziert. Die will die Familie damit aber nicht belasten und erklärt einfach, sie würde Urlaub machen, während sie zuhause mit der angehenden Schauspielerin und Krankenpflegerin Paula (Rosalie Thomass) herumplagen muss.
Kim lernt derweil den Schulabbrecher Alex (Frederic Lau) kennen und findet in ihm einen coolen Beschützer, der auch schon mal über das Ziel hinausschießt. Als er einen Klassenkameraden, der Kim nachstellt, verprügelt, hauen die beiden aus Angst vor der Polizei ab. Markus ist mit der Suche nach seiner Tochter vollauf beschäftigt, als er sich überraschend von einer sehr resoluten unbekannten jungen Frau derbe Vorwürfe anhören muss, ohne zu wissen, worum es geht.
Trauer und Erwachsenwerden
Gernot Gricksch schrieb das Drehbuch zu seinem eigenen, gleichnamigen Roman und Regisseur André Erkau („Arschkalt“, Selbstgespräche“) inszeniert seinen dritten Spielfilm „Das Leben ist nichts für Feiglinge“ mit außergewöhnlich gutem Gespür für die feine Linie zwischen Drama und Humor. Und die Mischung funktioniert blendend. Der Film trifft den richtigen Ton und unterlegt seine vielen Starken Szenen mit treffsicherer Musik. Das gibt einiges an Tempo vor und so verwundert es nicht, dass es in „Das Leben ist nichts für Feiglinge“ auch turbulent zu geht.
Dennoch kommt auch das Dramatische der Situation keinesfalls zu kurz und das grandios aufspielende Ensemble hat etliche Möglichkeiten sich vor der Kamera auszuleben. Und diese werden auch genutzt. Es ist eine Freude den Schauspielern zuzuschauen. Das mag auch daran liegen, dass Regisseur Erkau früher selbst Schauspieler war und den Darstellern genügend Freiräume bietet. Aus dem bestechenden Cast jemanden herauszuheben ist zwar schwer, aber die junge Helen Woigk meistert ihre erste Hauptrolle mit Bravour und fulminant lebensechter Teenage Angst, zwischen Trotz und Sehnsucht.
Die feine Linie zwischen Drama und Humor
Das erstaunlichste an „das Leben ist nichts für Feiglinge“ ist eigentlich, dass es ein deutscher Film ist. Hört sich seltsam an, aber genauso wie „Oh Boy“ wagt auch „Das Leben ist nichts für Feiglinge“ den Sprung ins kalte Wasser der Leinwand und füllt diese auch mit Bildern und Themen, anders als viele andere heimische Produktionen, die dabei auch immer auf TV-Kompatibilität schielen und im Einheitsbrei stecken bleiben. So ist André Erkaus neuer Film einer der wenigen, die tatsächlich internationales Kinoformat haben. Hoffentlich weiß der Kinozuschauer das auch zu würdigen. Solcher Mut gehört belohnt.
Was den Film inhaltlich ausmacht, ist der etwas andere Umgang mit dem Thema Tod. Hier darf auch mal gelacht werden und persönliche Trauer und Betroffenheit schließen gelegentliche Albernheiten nicht aus. Dass das Leben weitergeht, ist ebenso eine Binsenweisheit wie es in der Realität auch Momente gibt, in der ein alltägliches Funktionieren nach tragischen Verlusten einfach unmöglich ist.
Die DVD und die Blu-ray beinhalten außerdem noch zahlreiches Bonusmaterial. Allen voran sechs „entfallene Szenen“, ein ca. 50minütiges, sehenswertes Making of und sechs Interviews mit Regisseur und den Hauptdarstellern, außerdem Outtakes und Premierenvideos.
Eigentlich hätte die wunderbare deutsche Dramödie „Das Leben ist nichts für Feiglinge“ schon 2012 in die Kinos kommen. Irgendwie hat’s dann doch nicht geklappt, und so wurde Andre Erkaus dritter Spielfilm eben zu einem der besten deutschen Film 2013. Wer sich das entgehen lässt, ist selbst schuld.
Das Leben ist nichts für Feiglinge
OT: Das Leben ist nichts für Feiglinge
Genre: Drama, Komödie
Länge: 93 Minuten, D, 2012
Regie: André Erkau
Vorlage: Roman von Gernot Gricksch
Schauspiel: Wotan Wilke Möhring, Frederic Lau, Helene Woigk
FSK: ab 12 Jahren
Vertrieb: Warner /Universal
Kinostart: 18.04.2013
DVD-& BD-VÖ: 04.10.2013