Als vor ein paar Jahren die Comic Serie „Blade Runner 2019“ auf den Markt kam, ist meine Skepsis schnell einer überschwänglichen Begeisterung gewichen. Die Geschichte um Blade Runner Aahna „Ash“ Ashina entwickelte sich schnell zu einer Lieblingsserie. Nun im Auftakt von „Blade Runner 2029“ geht es quasi in die zweite Runde, die zweite Staffel, aber irgendwie auch direkt weiter.
Vorbemerkungen sind immer notwendig: „Blade Runner 2029“ beginnt in gewisser Weise eigenständig im Jahr 2029 und handelt erneut von der Blade Runnerin ASH, die nun wieder in Los Angeles bei der Polizei arbeitet und Replikanten jagt. Also alles wieder auf Anfang mit veränderten Vorzeichen? Nicht ganz, aber dazu später mehr.
Leser: innen können die neue Serie auch als direkte Fortsetzung von „Blade Runner 2019“ ansehen. Deren drei Sammelbände bei Panini umfassten jedes Mal in sich abgeschlossene Storybögen von je 4 US-Heften. Zuletzt war die Geschichte ohnehin im Jahr 2026 angekommen. Wer ich mit der vorangegangenen Story auseinandersetzen will, kann ja die Vorstellungen von „Los Angeles“, „Off-World“ und „Wieder zu Hause“ auf diesen Seiten zu Rate ziehen.
„Es ist der Schock in ihren Stimmen, der mich immer erwischt….“
Für diesen Neustart von Ash bei der Polizei von Los Angeles reicht es sich das Setting zu Beginn der Story zu merken: Die Tyrell Corporation hat Arbeitsandroiden produziert, die ursprünglich auf Raumkolonien arbeiten sollten. Einige dieser Replikanten entkamen auf die Erde und versuchen dort unerkannt zu leben, doch sie werden von speziellen Polizeikräften – Blade Runners – gejagt.
Bis im Jahr 2022 die Tyrell Corporation zerstört und damit auch die Aufzeichnungen und Daten über die Replikanten zerstört wurden, waren die Blade Runner höchst erfolgreich gewesen. Das Leben auf der Erde wird zunehmen von katastrophalen Umweltbedingungen erschwert. So ist der Regen giftig geworden und Los Angeles wurde von einer Tsunami Welle überschwemmt. Nun haben die Stadtväter zum Schutz einen riesigen Damm, eine „Seawall“, bauen lassen.
…Wenn sie begreifen, dass sie frei sind.“ (Ash)
Ausgerechnet auf der Baustelle soll Detective Ash nach Replikanten suchen, denn es sind anonyme Hinweise eingegangen. Und tatsächlich läuft auf der Baustelle jemand ohne Helm im Regen herum und es scheint ihm nichts auszumachen.
Doch Ash hat ihre Einstellung zu Replikanten geändert. Und obwohl sie solche, die auf Rache aus sind und Verbrechen begehen nach wie vor aus dem Verkehr ziehen will, lebt sie andererseits mit einer Replikantin zusammen. Zudem hilft Ash ausgebeuteten Androiden in den Untergrund zu verschwinden. Doch etwas tut sich bei den Replikanten und Ash stößt wiederholt auf den Namen eines alten bekannten: Yotun.
Immer wieder großartige Kulissen
Um es kurz zu machen. Zeichner Andrés Guinaldo und Kolorist Marco Lesco bleiben ihrem klassisch apokalyptischen Look treu und sorgen für eine Düsternis, die der filmischen Vorlage von Ridley Scotts „Blade Runner“-Verfilmung noch immer ausgesprochen nahe steht und die Leser:schaft sofort in die dystopische Zukunft versetzt. Das Artwork hat sich noch nie durch knallige Action-Sequenzen und Splash-Panels ausgezeichnet, sondern durch ruhige Erzählweise und großartige Hintergründe und Setttings.
Für die Geschichte ist dieses Mal ausschließlich Mike Johnson verantwortlich. Michael Green, der auch am Drehbuch zu Denis Villeneuves „“Balde Runner 2049“ mitschrieb, ist in der comic-Serie nicht mehr mit von der Partie. Eventuell hat die Neuausrichtung auch damit zu tun. Aber das bleibt Spekulation. Es ist immer noch möglich, dass die Episoden später in einander fassen. Falls nicht, tut das dem Lesespaß für „Blade Runner“ –Fans keinen Abbruch.
In Sachen Veröffentlichungsrhythmus und Serienaufbau scheint sich Titan Comics treu geblieben zu sein. Auch in „Alte Bekannte“ wird über 4 US-Ausgaben ein in sich abgeschlossen erscheinendes Kapitel erzählt. Als Extra-Material sind wieder Cover Galerien, Charakterstudien, Layouts und Arbeitsprozesse eingefügt.
„Blade Runner 2029: Alte Bekannte“ ist ein Neustart für die Replikantenjägerin Ash, die im Zwiespalt zwischen Beruf und Berufung steckt und eher zynisch in ihren alten Job zurückgekehrt ist. Zum Glück für Fans ist die dystopische Stimmung auf Knopfdruck wieder da, zum Glück für Neuleser:innen schlägt die Handlung ein neues Kapitel auf, das schnell zu durchschauen ist. Nach wie vor ein großartiger Sci-Fi-Comic.
Comic-Wertung: (9 / 10)
Blade Runner 2029: Alte Bekannte
OT: Blade Runner 2029 1-4, Titan Comics, 2021
Genre: Comic, Science-Fiction
Autor: Mike Johnson
Zeichner: Andrés Guinaldo
Farben: Marco Lesko
Übersetzung: Bernd Kronsbein
ISBN: 9783741625343
Verlag: Panini Comics, Softcover, 120 Seiten
VÖ: 14.12.2021