Die Zeiten in denen genuin amerikanische Spielarten von Roots Music auch zwingend aus den US of A kommen, sind längst vorbei. Das zeigt sich auch in dem Album “Safari Station“ das am 22.10.2021 bei Rivertale Productions erscheint. Die charismatische Zusammenarbeit der beiden italienischen Songwriter und Musiker Andrea Von Cleef und Diego „Deadman“ Potron ist so tief im dunklen Americana verwurzelt, dass sogar die afrikanischen und die poppigen Einsprengsel wirken, als wären sie schon immer da gewesen. „Safari Station“ – ein netter Platz um da zu sein.
Kümmern wir uns um die wesentlichen Dinge des Lebens, um die Musik. Hintergrunde, Personen und Pipapo lassen sich hinterher immer noch aufdröseln; falls das notwendig sein sollte. „Safari Station“ ist ein zugängliches Album mit zehn sehr abwechslungsreichen Songs, das sich im Wesentlichen aus der Klangfarbe und Vielfalt der akustischen Gitarre speist. Es geht auch mal poppig zu und es gibt elektronische Einflüsse.
Neuerdings kategorisiert die Hörerschaft, die gerne Schubladen braucht, so etwas als Americana, also im weitesten Sinne ursprüngliche Musik nordamerikanischen Ursprungs. Das beinhaltet im Wesentlichen eine Spielart psychedelischen Folks, den der italienische Singer und Songwriter Andrea van Cleef schon seit einigen Solo-Alben als Spielwiese erklärt hat. Doch „Safari Station“ ist kein weiteres Soloalbum, sondern ein Projekt mit dem ebenfalls aus Italien stammenden Songwriter und Soundtüftler Diego „Deadman“ Potron. Der greift auch gerne zur Gitarre und teilt die Vorliebe für düsteren Country-Blues. So dass eine breite gemeinsame Basis zum Zusammenspiel gefunden ist.
Die 10 Nummern sind ziemlich abwechslungsreich ausgefallen, bisweilen gibt es tatsächlich so etwas wie Ausflüge in den Afrobeat, der sich unter die Gitarren mischt, aber viel eher kommt mir bei der musikalischen Ausrichtung dieses Albums die Antwerpener Schule Mitte der 1990er Jahre ins Ohr, hier wurde bereits erfolgreich und treibend mit Neuausrichtungen amerikanischer Basismusik herumgedoktert. Als Referenzkünstler seien hier Zita Swoon, Daan (frühe Phase) und Rudi Trouvé genannt, die tanzbare, durchaus popaffine eigenwillige Rock- und Blues-Songs vorgelegt haben.
Andrea van Cleef und Diego „Deadman“ Potron haben sicher einen ähnlichen Bezugsrahmen zum Musikzieren, irgendwo zwischen Captain Beefhearts Auffassung vom Blues, Tom Waits artigem Rumpelsound mit Ribot’scher Gitarrensense und eben weitläufigeren Einflüssen wie elektronischen Beats, ein bisschen Nick Cave finsterem Pathos und der Liebe zur Kauzigkeit. Denn anders als kauzig kann man das kongeniale Cover des Popsongs „In Zaire“ nicht nennen. Die einstmals tanzbare Siebziger-Tanzhymne ist kaum wiederzuerkennen und fügt sich nahtlos in den Americana-Kontext von „Safari Station“. Dafür stechen dann die Popschnulze „Mozuela“ und das verspielte Chanson „Kay Zansét“ so derart aus dem restlichen Material heraus, dass der Rezensent sich schon mal verwundert umschaut.
Letztlich ist das alles aber zweitrangig, es bleiben Eindrücke, Blitzlichter, Soundsplitter. Das gesamte Album hingegen steht da wie ein Monolit. Wie ein verlassener Leuchtturm in der Wüste ist „Safari Station“ ein Versprechen und eine Erinnerung. Die Kraft der Musik strahlt auch in düster melancholischer Stimmung; solange wir nicht vergessen, dass „du und ich für bessere Dinge geboren wurden“.
Album-Wertung: (8 / 10)
Andrea van Cleef & Diego Deadman Potron: Safari Station
Genre: Americana, Psychedelic Folk,
Länge: 42 Minuten, I, 2021
10 Songs
Vertrieb: Rivertale Productions, Timezone Distribution
Album-VÖ: 22.10.2021