Humulus – Flowers of Death: Album Review

Psychedelischen Stoner Rock aus Italien zapfen Humulus auf ihrem vierten Album „Flowers of Death“. Tonträger (und digitale Variante) sind bereits Anfang September 2023 erschienen, kommen aber jetzt erst auf diesen Seiten zur gebührenden Ehrung. Die Todesblumen rocken ziemlich und überzeugen auf ganzer Länge. Einerseits ist das nicht weiter verwunderlich, da die Band als solche seit 2009 rockt, andererseits gab es einen Wechsel im Stammpersonal. Das muss ein Trio erst einmal kreativ umsetzen, aber dazu später mehr. Diese silbernen Pferde rennen geradeaus…

Bei brutstatt.de wurde lange keine neue Musik mehr vorgestellt. Zum Warmlaufen und um wieder in Tritt zu kommen begibt sich der Mensch gerne auf bekanntes Terrain. Das ist bei Humulus musikalisch durchaus gegeben. Schwere Riffs, bratzende Sounds und versponnene Gitarren habe ich schon immer zum Frühstück verspeist.

Humulus haben sich nach dem lateinischen Begriff für Hopfen benannt. Italienisch späche der Bier-Connaisseur von Luppolo. Was insofern abwegig interessant ist, da die Band einer Internetquelle zufolge ihr eigenes Bier braut und auf Tour anbietet. Dabei soll es sich um eine „Stoner“-IPA (Indian Pale Ale) handeln, was seit einigen Jahren ja international im Craft Beer Trend liegt.

Musikalisch hingegen geht es zeitlos brazzend zur Sache, schwere Riffs, zumeist gedrosseltes Tempo und ausgedehnte Instrumentalparts, bei denen in astrale Klangsphären gelustwandelt wird. So oder ähnlich ist der „Humulus“-Sound schon seit Bandgründung 2009. Allerdings gab es zwei Besetzungswechsel, jeweils an Gitarre und Gesang, aktuell ist Thomas Mascheroni für beides zuständig und hat damit die Nachfolge von Andrea van Cleef angetreten, mit dem Humulus immerhin die Vorgängeralben „Reverently heading into nowhere“ und „The Deep“ einspielten. Herr van Cleef fand mit „Safari Station“ extrem lobende Erwähnung auf diesen Seiten.

Todesblumen und silberne Pferde

Kurze Gedanken zum Bandgefüge flackern nun doch auf. Gesang und Leadinstrument sind schon prägende Elemente im Gesamtklang einer Band, das solide wegzuatmen muss die Rhythmustruppe erst mal schaffen. Und dennoch ist der Bandsound prägnant und (sofern Spötter das im Genre zugestehen) eigenständig geblieben. Die geerdeten zwei Drittel von Humulus sind als Rhythmus-Sektion begnadet und tight. Die Beständigkeit ist hörbar und das Zusammenspiel traumhaft.

Frei, wenn die Gitarre an der langen Leine stromern darf, knackig und auf den Punkt, wenn der Song wieder zu seinem Kern findet. Letztlich würde ich das Bandgefüge so verstehen, dass die begnadete und selbstsichere Rhythmustruppe neugierig genug ist, um andere Musiker und Sounds willkommen zu heißen und zu assimilieren. So auch Gastmusiker Stefan Koglek von Color Haze, der bei „Seventh Son“ zu hören ist, dem ersten Song, den Humulus mit neuem Bandmitglied aufgenommen haben.

Auf „Flowers of Death“ haben sich Humulus definitiv entwickelt. Wie langjährige Fans das bewerten, lässt sich schwerlich beurteilen. Ich mach rein faktisch eine Hinwendung zu gefälligeren Strukturen, Mut zur Melodie und knackigere Grooves aus. Ähnliches würde ich beispielsweise auch von den Israelis „The Great Machine“ auf ihrem letzten Album „Fun Rider“ behaupten. Und das lässt sich demnächst anlässlich kommenden Rerelease des früheren Albums „Respect“ nachvollziehen. Humulus spielen auf „Flowers of Death“ quasi den Soundtrack zum Bikertreffen des örtlichen Motorrad Clubs.

Das vierte Album des Trios aus Brescia in der norditalienischen Lombardei präsentiert in 43 Minuten Spielzeit sieben starke Songs. Es gibt kurze Stücke und keine Nummer reißt die 10-Minuten-Marke. Am wohlsten fühlen sich Humulus aber um die sieben Minuten. Das ist eine Liedlänge, die kompositorisch unterschiedliche Phasen zulässt, die Humulus gerne spielen und ich gerne höre.

Ein schwer riffendes Motiv wird etabliert, bevor es Runterfahren des Tempos kommt, meist folgt dann ein mehr oder minder gitarrenlastiger instumentaler Teil, und später geht es mit einem darin gefundenen weiteren musikalischen Motiv in den Endspurt. Neu erfunden wird das Rad des spacigen Heavy Rocks dabei nicht, aber es kommt zu schönen Konstellationen in der musikalischen Sternenbeobachtung.

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„Black Water“ beginnt den Reigen mit getragenen Midtempo und schwerem Riff. Der Groove ist beinahe untypisch für Humulus und sehr gefällig. Der Song mit 6 Minuten in der Humulus Komfortzone und zelebriert schon eine Art Biker Rock bis dann das space-rockige Gitarrensolo einsetzt. Weiter geht’s mit dem schnelleren Rocker „Secret Room“. Klar nach vorne orientiert und mit einprägsamer Gesangsmelodie. „Silver Horses running straight“ wie eingangs schon zitiert. Bis die Pferdchen dann die Wiese erreichen und zu hallenden Gitarrensounds weiden.

„Shimmer Haze“ ist dann eher ein durchschnittliche Stoner Song mit geringerem wiedererkennungswert. Sehr heavy, etwas doomlastig und wie gehabt psychedelisch. Das anschließende „Buried by Tree“ gefällt mit Black Sabbath Vibes und starkem Groove. Im zweiten Teil wird’s dann auch mal tribal. Ich mag das sehr. „Seventh Son“ ist besagte Kooperation mit dem Color Haze Gitarristen und einer der stärksten Songs des ohnehin gelungenen Albums.

Der Titelsong „Flowers of Death“ läutet den Endspurt ein und haut kurz und knackig noch einen Vierminüter raus, zu dem sich die Gemeinde zum kollektiven Headbangen einfinden kann. Das abschließende musikalische Epos gehört dann ebenfalls zu den Highlights des Albums und die Rhythmustruppe kann hier die ganze Bandbreite an Coolness rausklöppeln. Dazu ein sich steigerndes Motiv und ein starker Groove.

Bei Minuten vier, als vor der Hälfte gibt‘s dann ein Break und später einen feinen Rhythmuswechsel unter dem scharfkantigen Gitarrensound. Ein starker Abgesang und einer der lässigsten Songtitel seit langem: „Operation Manual for Planet Earth“. Ich bin mir sicher ich könnte in das Epos die Entwicklung der Menschheit heraushören, aber den Beweis bleibe ich besser schuldig. Und fange nochmal an den Kopf im Takt zu schütteln.

Das Stoner Trio „Humulus“ aus Bescia liefert mit seinem vierten Album „Flowers of Death“ ein starkes Lebenszeichen ab. Die Hinwendung zu gefälligeren kompakteren Songs verstehe ich als Lernkurve und als selbstbewusste Weiterentwicklung der eigenen Frickeligkeit. Mehr davon. Gerne auf der anstehenden Tour.

Album-Wertung: 8 out of 10 stars (8 / 10)

Humulus: Flowers of Death
Genre: Stoner, Psych, Heavy Rock
Länge: 43 Minuten, I, 2023
Interpret: Humulus
Label: Kozmic Artefacts (Lp), Taxi Driver Records (CD)
Format: Digital, CD, Vinyl
VÖ: 01.09.2023


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