Es kommt in Hamburg wahrscheinlich nicht sonderlich gut an, sich als wasserscheu zu outen, aber wie stellt schon der duhne Hans Albers als Hannes Kröger in „Große Freiheit Nr. 7“ so schön fest: „’ne Landratte bin ich. ’ne stinkende Landratte!“. (Die Herren auf dem Bild sind übrigens keine Werftarbeiter.) Insofern werde ich auch dem Volksauflauf des Hamburger Hafengeburtstags eher fernbleiben, nachher falle ich noch von der Barkasse. Es gibt andere Möglichkeiten sich zu amüsieren. Hier sind die Tipps für eine interessante und abwechslungsreiche Woche:
LIVE: Mohammad Ali hatte sich seinerzeit nach seiner Konvertierung zum Islam verbeten, weiterhin Cassius Clay genannt zu werden. Yussuf Islam indes muss die weiterhin Konzertankündigungen mit dem TAFNAP-Zusatz „ich war mal Cat Stevens“ über sich ergehen lassen. Der musikalischen Qualität tut das keinen Abbruch. Zu bewundern in der O2-World, Hamburg am 10. Mai. Meine Konzerthighlights aber finden sich wiedermal in den kleineren Clubs.
Asaf Avidan & the Mojos habe ich schon vor ein paar Jahren in der Prinzenbar bestaunt. Die umtriebigen Israelis erobern mit ihrem blues-basierten Indierock jetzt größere Bühnen. Dabei ist es nicht nur Asafs außergewöhnliche Falsett-Stimme, die zum Erfolg der Band beiträgt. Für ausgelassene Stimmung ist am Samstag, 7. Mai, im Übel & Gefährlich auf jeden Fall gesorgt, denn die Mojos arbeiten hart auf der Bühne und stellen garantiert auch Songs vom empfehlenswerten neuen Album „Poor Boy / Lucky Man“ vor.
Seit ihrer Gründung 2007 gelten De Staat als eine der aufregendsten Bands der Niederlande und die eigenwillige Mixtur aus Sounds und Songs quer durch die Pop-und Rockgeschichte fügt sich zu einem spannenden und stimmigen Ganzen zusammen. Gerade erst haben De Staat mit „Machinery“ ihr zweites Album vorgelegt. Nun ist die Ausnahmeband unterwegs, um zu zeigen, wie man mitreißende Konzerte feiert. Das Aufwärmprogramm bestreitet das ebenfalls aus den Niederlanden stammende Duo Death Letters. In Hamburg kann man sich am 11. Mai im Hafenklang zur Huldigung einfinden.
KINO: So richtig zwingende Gründe sich dem Sonnenschein zu entziehen liefern die Kinostarts der Woche nicht. Allerdings, der vierte Teil der „Scream“-Horrorfilmreihe von Altmeister Wes Craven ist erstaunlich gut ausgefallen. Erneut nimmt „Scre4m“ das Horrfilmgenre auseinander und auf die Schippe, proklamiert, dass Reboots die besseren Fortsetzungen sind, macht selbst das Gegenteil und spielt geschickt mit den Überlebensregeln und -chancen der Figuren im Horrorfilm und dem allgegenwärtigen Reality-TV Wahn. Das ist zwar nicht sonderlich schockierend, aber intelligent und unterhaltsam. Lustigerweise war „Scre4m“ in den USA nicht sehr erfolgreich, was einige Kritiker darauf zurückführten, dass Remakes an der Kinokasse zugkräftiger seien, als Fortsetzungen. Ist „Scre4m“ auch bewusste Kapitalismuskritik?
DVD: Gut, die Krimi-Serie „The Wire“ hat schon einige Jahre auf dem Buckel und ist inzwischen wirklich überall gebührend abgefeiert worden, dennoch erscheint die 2. Staffel hierzulande erst auf DVD. Die Story ist in sich abgeschlossen und garantiert auch ohne Vorwissen erstklassige Unterhaltung. Hauptfigur McNulty findet sich strafversetzt bei der Wasserschutzpolizei von Baltimore wieder. Aber auch in der Chesapeake Bay schwimmen Leichen rum und werden Drogen verladen. Über die Synchro kann man zwar nach wie vor geteilter Meinung sein, aber das Original ist mit seinem Slang für nicht ohne Untertitel für jederman mit mäßigem Englisch zu verstehen.
MUSIK: Die texanischen Indie-Folkrocker von Okkervil River hauen in diesen Tagen ihre sechste Scheibe raus: „I Am Very Far“ heißt der Tonträger, den ich bislang allerdings noch nicht selbst angetestet habe. Heimst aber gute Kritiken ein und ist zumindest einen Hördurchgang wert. Den Stream gibt’s bei NPR.Org zu hören, danach weiß der Hörer, wie weit Okkervil River tatsächlich sind.
Beizeiten scheint es als sei Weilheim in Oberbayern mit seinen rund 22.000 Einwohnern der Nabel der Indiewelt. Immer dann, wenn es Neues aus dem weitverzweigten The Notwist-(Parallel)-Universum gibt. Die jüngste Manifestation aus dem Schwarzen Loch Weilheim kommt von 13 & God: „Own Your Ghost“ treibt die Kollaboration von The Notwist und der amerikanischen Hip-Hop-Posse Themselves in die nächste Runde. Wie das Debüt von 2005 ist auch „Own Your Ghost“ von betörend komplexer Schönheit und bedarf mehrerer Durchgänge um der Epiphanie gewahr zu werden. Zweifler können sich vor dem käuflichen Erwerb dieser Pflichtveranstaltung intelligenter Musik im Album-Stream überzeugen lassen. (Dank an testspiel.de für den Link).
Kommt sicher durch die Woche.