So langsam machen sich die Superhelden aus dem Marvel Comic-Universum gegenseitig Konkurrenz. Die Avengers hängen mit ihrem Bruderkampf in „the First Avenger: Civil War“ noch immer in den Kinosälen der Welt herum, da kommt auch schon der neue „X-Men“ um die Ecke. Gut, die Mutanten haben auch eigenständige Fankreise, zumindest unter Comic-Lesern, aber „Apocalypse“, der dritte Film der jüngeren X-Men-Trilogie leidet auch darunter, dass die Dramaturgie der Marvel-Abenteuer inzwischen allgemein bekannt ist und auch selten mal verlassen wird. „X-Men: Apocalypse“ ist bildgewaltig und unterhaltsam, aber auch absehbar, nicht der stärkste Film der Reihe, aber ein würdiger Abschluss.
Seit die X-Men den Lauf der Geschichte im vorangegangenen Film „X-Men: Zukunft ist Vergangenheit“ geändert haben, weiß die Menschheit endgültig von der Existenz der Mutanten. (Zu meinem persönlichen Entsetzen stelle ich gerade fest, dass ich den Film auf diesen Seiten überhaupt nicht besprochen habe, das wird schleunigst nachgeholt: Hier ist die Besprechung) Seither sind einige Jahre vergangen, inzwischen ist 1983. Professor X (James McAvoy) betreibt ganz zufrieden seine Schule für Mutanten, Gestaltwandlerin Mystique (Jennifer Lawrence) streunt desillusioniert und allein durch die Welt und Magneto (Michael Fassbinder) hat unerkannt als polnischer Stahlarbeiter eine Familie gegründet. Doch das Erwachen eines alten mächtigen Wesens geht wie in Erdbeben um die Welt und bringt die ehemaligen Freunde wieder zusammen.
Ausgerechnet CIA-Agentin Moira McTaggert (Rose Byrne) erweckt den Superschurken Apocalypse alias En Sabah Nur (Oscar Isaac), der seit 5000 Jahren unter Pyramiden geschlafen hat. Nun will der mächtige Mutant die Erde zurückerobern und die menschliche Zivilisation vernichten. Dazu sucht er sich vier Adepten, zu denen neben Storm (Alexandra Shipp) und Psylocke (Olivia Munn) auch Angel und eben Magneto gehören, dessen privates Glück nicht von Dauer war. Selbstredend versuchen die X-Men um Charles X. Xavier mit den Neuzugängen Jean Grey (Sophie Turner) und Cyclops (Tye Sheridan) das Ende der Welt abzuwenden.
Wie eingangs erwähnt, ist Dramaturgie in Bryan Singers Film nicht eben originell: Es beginnt mit einem Actiongewitter, es endet mit einem Actiongewitter, dazwischen entspinnt sich zwischenmenschliche Dramatik, wobei klar ist, dass der Prof den Glauben an das Gute aufrecht hält, während Magneto noch immer zweifelt, und neue Superheldenfiguren werden eingeführt. Aber genau das sind die Aspekte, die die Comic-Fans mit Spannung erwarten. Die jungen Versionen der beliebten Mutanten machen einen Zwiespältigen Eindruck. Während Storm und vor allem Psylocke eher Staffage für Apokalypse bleiben, sind Game of Thrones Star Sophie Turner als Jean Grey im Teenager-Alter und Tye Sheridan als junger geplagte Scott Summers alias Cyclops gut ausgearbeitete Charaktere. Natürlich hat auch Wolverine seinen Kurzauftritt und der Fan ahnt, wohin die nächsten filme inhaltlich laufen könnten (ich sag nur Waffe x –Projekt).
Die Autoren um Simon Kinberg und Bryan Singer haben sich dieses Mal einen der Mächtigsten Schurken aus dem Marvel-Universum ausgesucht, um den Vorgänger zu toppen und einen titanischen Bösewicht auf die Leinwand zu bringen. Und das gelingt auch einigermaßen. Oscar Isaac weiß zu überzeugen, seine Sidekicks, die junge Storm (Alexandra Shipp) und Psylocke (Olivia Munn) hingegen bleiben eher blass. Bryan Singer ist ja in vielerlei Hinsicht der Mastermind hinter den inzwischen sechs X-Men Filmen, umso verwirrender eigentlich, dass ausgerechnet „Erste Entscheidungen“ bei dem Singer nicht Regie führte, mein persönlicher Favorit ist.
Wie seine beiden Vorgänger „Erste Entscheidung“ und „Zukunft ist Vergangenheit“ lebt auch „X-Men: Apokalypse“ von der Dramatik der Dreierkonstellation von Professor X, Mystique und Magneto und der innewohnenden grundsätzlichen Konkurrenz der Weltanschauungen und dem „Buhlen um die Gunst der Prinzessin“. Immer pendelt das zwischen Freundschaft und Rivalität, Überleben und gegenseitiger Hilfestellung. Das ist auch im dritten Aufguss noch interessant anzuschauen, auch wenn der mitdenkende Zuschauer ahnen kann, wie sich das Ganze entwickeln wird.
Außerdem bewirkt die hohe Frequenz an Superheldenfilmen und die ewiggleiche CGI-Effekthascherei einen gewissen Einheitslook der unter dem nun „X-Men: Apocalypse“ direkt nach „Superman versus Batman“ und „The First Avenger: Cicil war“ am ehesten zu leiden hat. Auch inhaltlich wirken einzelne Szenen deutlich überrissen: Etwa das martialische Ost-Berlin der Underground-Kämpfe und vor allem die Auschwitz-Szene. Auch das Setdesign und die Ausstattung im Stil der Achtziger Jahre sorgt für einige Momente, die sehr cheesy wirken: Psylockes rosa Laserschwert und Xaviers modische Engleisungen sind da nur die Spitze des Eisbergs.
„X-Men: Apocalypse“ hat seine Momente und ist gewohnt souverän. Mit der Action übertreibt man es inzwischen leider gerne, aber Fans der Mutantentruppe kommen trotzdem auf ihre Kosten. Für Comicfans sind die Inszenierungen und Entwicklungen der Charaktere ja mehr als nur ein Detail. Und so bekommt auch diese X-Men-Trilogie einen würdigen Abschluss, der allerdings schwächer bleibt als die beiden vorangegangenen Filme.
Film-Wertung: (7 / 10)
X-Men: Apocalypse
OT: X-Men: Apocalypse
Genre: Sci-Fi, Action, Superhelden
Länge: 143 Minuten, USA 2016
Regie: Bryan Singer
Darsteller: James McAvoy, Michael Fassbender, Jennifer Lawrence, Oscar Isaac, Sophie Turner, Nicholas Hoult, Olivia Munn,
FSK: ab 12 Jahren
Vertrieb: 20th Century Fox
Kinostart: 19.05.2016