The King’s Choice – Angriff auf Norwegen: Die Nazis kommen

Der norwegische König Haakon VII. hat in seiner langen Regentschaft nur bei einer Gelegenheit die norwegische Demokratie ausgehebelt und wird dafür noch heute von seinen Landsleuten als Widerstandskämpfer gegen die Nazis gefeiert. Das aufwändige norwegische Drama „The King’s Choice – Angriff auf Norwegen“ macht aus dieser historischen Tatsache charakterstarkes Mainstream-Kino. Der Film, der es bis auf die Oscar-Shortlist als bester fremdsprachiger Film schaffte und bei der Berlinale 2017 vorgestellt wurde, kommt nun als  Home Entertainment Premiere bei Pandastorm auf den deutschen Markt.

Anfang April des Jahres 1940 ist Norwegen ein neutraler Staat im dem Krieg, der in Europa tobt. Doch das Deutsche Reich befürchtet, dass die Westmächte sich die skandinavischen Rohstoffe sichern könnten, die für Hitlers Rüstungsindustrie so wichtig sind. Das Deutsche Reich schickt Norwegen und auch Dänemark eine diplomatische Note, in der es heißt eine militärische Präsenz in den jeweiligen Staaten sein freundlich zu verstehen und nur zum Schutz vor dem bevorstehende Überfall der Westmächte gedacht. Zeitgleich gehen die deutschen Streitkräfte entsprechend in Stellung.

Während Dänemark am 9. April  im Rahmen des „Unternehmen Weserübung“ überrannt wird (ebenfalls als Drama „9. April“ inszeniert), bevor König Christian nach einigen Scharmützeln die faktische deutsche Besatzung akzeptiert, entscheidet sich sein jüngerer Bruder, der seit 1905 als Hakon VII in Norwegen den Thron inne hat, dafür die Bedingungen des Deutschen Reiches nicht zu akzeptieren und bewaffneten Widerstand zu leisten. Der Krieg zwischen  Deutschland und Norwegen dauert nur einige Monate und die Königsfamilie flieht ins Exil.

Nowegen unter deutscher Besatzung

Das Drama „The King’s Choice“ zeichnet die Entwicklung in diesen Tagen vor dem Angriff der Deutschen nach. Haakon (Jesper Christensen) sorgt sich nicht nur um die norwegische Demokratie, denn eigentlich ist er nicht befugt, sondern auch um das Leben seiner Landsleute, das letztlich von seiner Entscheidung abhängt. Dabei wird der damals 68-jährige König ständig von seinem Sohn Olaf (Anders Baasmo Christiansen) unter Druck gesetzt, für den es vollkommen klar ist, dass man gegen die Eindringklinge kämpfen muss.

Der deutsche Gesandte Kurt Bräuer (Karl Marcvovics), der mit seiner Familie in Norwegen lebt, hofft unermüdlich auf eine diplomatische Lösung des drohenden Konflikts. Doch für die inzwischen in Oslo angekommene Wehrmacht zählt da nur eine Unterschrift des Königs unter die besagte Note. Das sorgt für Zeitdruck und auch die norwegische Regierung, die sich ohnehin schon halb in Auflösung befindet, wird vor eine harte Prüfung gestellt, da sie als Verhandlungspartner nicht akzeptiert wird.

Das Drehbuch von Jan Trygve Røyneland und Harald Rosenløw Eeg, die beide auch schon an der norwegischen Thriller-serie „Occupied“ geschrieben haben, gibt sich alle Mühe, den historischen Fakten treu zu bleiben und es obliegt den Darstellern das entsprechende Innenleben der Personen  sichtbar zu machen. Das gelingt auch dank der großartigen Charakterdarsteller um Jesper Christensen und Karl Markovics.

Allerdings lässt diese Art von historisch fiktionaler Aufarbeitung, die mit vielen Ortswechseln und immer eingeblendeten genau datierten Zwischentiteln arbeitet auch Einiges an dramaturgischer Spannung. So aufwändig „The King’s Choice“ auch inszeniert, ausgestattet und gefilmt ist, es bleibt  letztlich doch eine Art psychologisches Drama, das ansonsten eher behäbig und mit einigem nationalen Pathos abgespult wird. Wortgewaltige Dialoge wie etwa in Volker Schlöndorfs „Diplomatie“, das den Abzug der Nazis aus Paris thematisiert, sucht man hier vergeblich.

Schauplatzwechsel und Spanungsverlust

Auch wird der deutsche Gesandte doch arg auf seine persönliche Angst um seine Ehe reduziert. Bisweilen hat man den Eindruck, Bräuer fürchte sich mehr davor, von seiner Frau (Katharina Schüttler) verlassen zu werden, als  unter einer Nazi-Besatzung arbeiten zu müssen. Zögerlich wirkt verständlicher Weise auch Jesper Christensens Personifizierung des norwegischen Königs. Hier ist die Motivlage allerdings diffiziler und auch deutlich besser dargestellt, selbst wenn das familiäre, emotionale Element in der Dramatisierung nicht fehlen darf.

Weil sich das Drama von Regisseur Erik Poppe, der auch als Produzent recht erfolgreich ist („The Last King“) so sehr auf den psychologischen Konflikt zwischen Gesandtem und König konzentriert, rücken andere Aspekte der historischen Situation, die sicher ebenfalls dramaturgisches Potential gehabt hätten weit in den Hintergrund oder werden gar nicht erst thematisiert. Es bleibt für Nachgeborene und Unbeteiligte oft genug ein Rätsel, wie blauäugig man seinerzeit teilweise mit der aggressiven Politik Hitlers umgegangen ist. Die Frage, weshalb die deutsche Schutzbesatzung für das neutrale Norwegen nach einem halben Jahr deutscher Kriegführung so überraschend kam, das Land so unvorbereitet traf, kann man an dieser Stelle schon einmal stellen.

In Norwegen war „The King’s Choice – Angriff auf Norwegen“ ein Kassenschlager, wohl auch, weil hier nationales Pathos bedient wird. Aber der bildgewaltig inszenierte Film verlässt sich zu sehr auf die Strahlkraft seiner Darsteller und verschenkt zuviel dramturgisches Potential, weshalb sich in die 130 Minuten einige Längen einschleichen. Eine historische Lehrstunde ist „The King’s Choice“ allemal.

Film-Wertung:6 out of 10 stars (6 / 10)

The King’s Choice – Angriff auf Norwegen
OT: Kongens nei
Genre: Drama, Historisches, Kriegsfilm,
Länge: 131 Minutne, N, 2016
Regie: Erik Poppe
Drehbuch: Jan Trygve Røyneland, Harald Rosenløw Eeg
Darsteller: Jesper Christensen, Anders Baasmo Christiansen, Karl Markovics, Tuva Novotny
FSK: ab 16 Jahren
Vertrieb: Pandastorm
DVD- & BD-VÖ: 13.04.2017