¡PENDEJO! – „Volcan“ – Album Review

Da flattert kurz vor Toreschluss noch eine neue Scheibe rein. Angekündigt wird Heavy Stoner Rock mit Pfiff beziehungsweise Tröte und „urbanen“, spanischen Texten. Das ist umso erstaunlicher, als das ¡PENDEJO! aus den Niederlanden sind und in der Band ihrer musikalische Familienhistorie latinomaßig ausleben. Die Mischung ist hochenergetisch und sollt auf jedem Festival härterer Gangart für Partylaune sorgen. Mit „Volcan“ legen ¡PENDEJO! ihr viertes Album vor, auf eigenem Label.

Ist keineswegs so, dass ich unter Zeitdruck am besten funktioniere, aber ein gewisser Schaffensdrang ist durchaus nicht verkehrt, um auf den Punkt zu kommen. Insofern müssen bei den Späteinreichern von ¡PENDEJO! weniger Durchläufe reichen, um das Album „Volcan“ zu erfassen. Ist aber auch kein Problem, da die Musik in ihrer überkochenden Wucht schon das Primat des Musizierens offenbart. Tatsächlich fehlte es mir bei der ersten Blindverkostung ein bisschen an Zusammenhang.

Der erste Höreindruck war durchaus kraftvoll, quasi Wall of Sound mäßig, und mit viel schwerem Uptempo-Stoner-Riffing durchaus in Gefilden, die ich mag. Mit dem Gesang, der archaisch maskulin und mit voller Überzeugung rausgeröhrt wird, habe ich so meine Schwierigkeiten, aber das ist ja immer Geschmackssache. Mit einem hyperfetten Song-Trio beginnt „Volcan“ und wird dann auch schon ein bisschen eingleisig. Allerdings machen die Kollegen das, was sie vortragen, richtig stark.

Deine Schwester

Dann mit Track vier wird das Tempo gedrosselt und zu den rockigen Bässen gesellt sich eine Tröte. Die Band hat Trompete und Posaune im Angebot. Das hat was durchaus Anderes, Eigenwilliges und erinnert ein wenig an mexikanischen Rock. Oder eben auch die Spanier von Heroes del Silencio. Da ist dann im spanischen Gesang auch immer eine Spur Pathos drin. Ich freue mich an der Abwechslung. Aber dazu später mehr. Weiter geht es auf folk-rockigen Pfaden mit einem einleitenden Akkordeon, einer einsteigenden Tröte und es mündet in einen heavy Stomp, der jeden Mosh Pit beglücken sollte.

Das folgende „La Reina de Armetralladora“ gehört zu meinen Lieblingsstücken. Der Song hat mal ein originelleren Bläser-Satz, und mit dem „Sprechgesang“ in der Strophe und der Stop-and-Go Rhythmik fühle ich mich positiv an „Bottom 12“ erinnert. Bottom 12, die auf dem charmanten Kreuzberger Indielabel Noisolution die Neunziger Alternativ-Szene um heavy Sounds, wilde Bläser, Ölfässer und glorreiche Live Shows bereicherten. Nun denn, konsequent landet es bei den Idioten (aka pendejos) wieder im Mosh Pit.

Anschließend fühle ich mich in der gallopierenden Rhythmik an Iron Maiden erinnert und gelegentlich im Gesang auch an Lemmy und röhrende Konsorten. Wobei das Spanische und die Biker-Attitüde ja die Nähe zu Tito & Tarantula nahelegen. By the Way: was sollen den urbane Texte sein? Gibt’s da schlimme Wörter, Straßenslang oder eher weltmännisch distinguierten Sprachgebrauch? Ich bin mir nicht sicher, ob das als Alleinstellungsmerkmal so taugt. Schon Marius Müller Westernhagen konnte bisweilen mit schlüpfrigen Zeilen provozieren, zu schweigen von den Frankfurter Asi-Punks Straßenjungs. Gegen den „Blumenkohl am Pillermann“ von den Kassierern ist das eh alles Kindergeburtstag…ich schweife wieder ab.

Der neue Freund

Der „Alten“ („La Vieja“) ist dann eine Ballade gewidmet, die mit akustischen Gitarrentönen überzeugt, insgesamt aber vor allem wieder Verschnaufpause bringt. Das ist schon hart am Folkrock. Weil ein solidier Kopfnicker folgt und anschließende noch ein solider Stampfer, dessen Refrain leider etwas fad ausgefallen ist, ist wieder alles im Lot. Zum Abschluss gibt es noch einen eher atmosphhärischen Ausflug in Goth Metallische Gefilde. Es beginnt gruselig und wird hymnisch.

Soviel also zu „Volcan“. Insgesamt eine gelungen Scheibe, die durchaus etwas zu bieten hat. Harte Rhythmen mit Bläser-Sektion kennt der Pogotänzer sonst ja nur aus Ska-Punk-Gefilden. Oder eben etwas Hardcore lastiger vom mexikanischen Musikerkolletiv Panteon Roccoco, die ich an dieser Stelle auch empfehlen kann. ¡PENDEJO! haben ihren Sound gefunden und das aktuelle vierte Album ist gelungen.

Allerdings kommt jetzt der Kontext, der mir eingangs fehlte. Ich habe nicht so richtig rausbekommen, wieviel Mitglieder die Band hat, die von zwei Cousins gegründet wurde. Auf Facebook werden aktuell zumindest auch Gigs mit erweiterter Horn Section angepriesen. Es scheint als würde es ein Quintett sein, und der Sänger bedient auch noch die Trompete. Das erste Album „Cantos a la Vida“ erschien bereits 2010 und hat im Prinzip bereits denselben Sound zu bieten. Produktionstechnische Verbesserungen ausgenommen.

Die Alte

Es ist ja kein Verbrechen, wenn sich eine Band ihrem Sound verpflichtet fühlt, das haben Motörhead und AC/DC über Jahrzehnte erfolgreich und von mir gehuldigt durchgezogen. Und auf „Volcan“ sind ja durchaus andere Klangwelten zu erleben, nur eben nicht überzeugend. Im Zusammenhang wirken die ruhigeren Rock-Nummern etwas sehr bieder und jeder Fan der Band muss sich mit den drei mehr oder minder Blechbläser freien Abgehnummern zum Auftakt veralbert vorkommen. Ale anderen werden mit Song Nummer vier dann überrascht.

Bei Bandcamp hat die Band auch fünf Tonträger im Angebot. „Toma“ von 2021 gilt wohl als EP, hat vier großartige (!) Cover-Versionen zu bieten und vier Live-Mitschnitte. Das regulär dritte Album „Sin Vergüenza“ datiert von 2018 und auf den ersten Eindruck erschien es mir das schwächste im Oevre. Was immer noch ordentlich Power an den Tag legte. Insofern ist „Volcan“ dann doch wieder eine Steigerung.

Bei diesem Tanz auf dem Vulkan brodelt es gewaltig. Die Kombi aus schwerem Biker-Rock, räudigen Vocals und Blechbläsern sorgt für gute Laune und schweißtreibende Moshpits. Allerdings machen die Kollegen das im Grunde auch schon seit 2010 und die Songs die das Spektrum weiten sollen, gehören nicht gerade zu den Highlights in diesem Lavastrom. Wer auf Musik „Mit Eiern von der Größe Danny Devitos“ steht, kommt an ¡PENDEJO! nicht vorbei. Ich habs nicht so mit Machismo.

Album-Wertung: 6 out of 10 stars (6 / 10)

¡PENDEJO! – „Volcan“
Genre: Stoner Rock , Heavy Metal,
Länge: 11 Songs, NL, 2023
Interpret: ¡PENDEJO!
Label: ¡PENDEJO! Reciords, Eigenvertrieb
Album-VÖ: 17.03.2023

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