Das Haus: Häusliche Übernahme

In dem deutschen Sci-Fi-Thriller „Das Haus“ wird in unruhigen Zeiten ein Paar zum Spielball intelligenter Technik und die eigene Zurückgezogenheit erweist sich als zweischneidiges Schwert. Regisseur Rick Ostermann hat für seine stylische Bebilderung einer Kurzgeschichte von Dirk Kubjuweit starke Darsteller gewinnen können.

Es beginnt mit einer Kamerafahrt durch einen modernen Bungalow während im Hintergrund Nachrichten zu hören sind. Während dann ein Motorboot durch Wasser schneidet, kommen die Passagiere, die Protagonisten, ins Bild.

Der Journalist Johann Hellström (Tobias Moretti) wurde gerade aufgrund eines Artikel der geistigen Brandstiftung bezichtigt und mit einem Berufsverbot belegt. Seine Frau Lucia (Valerie Tscheplanowa) ist Strafverteidigerin und hat gerade erst eine junge Aktivistin gegen einen Terrorverdacht verteidigt. Als das Ehepaar in dem Haus auf der abgelegenen Insel ankommt, freuen sich die beiden zwar auch auf Rückzug und Besinnung, aber es gibt genügend zu bedenken und aufzuarbeiten. Doch das intelligente Haus, das Smart Home, zeigt mit der Zeit einige Macken.

Noch während Hellström den Techniker bestellt, offenbart das Haus Geheimnisse seiner Frau, die die Beziehung auf die Probe stellen. Als dann noch nach einem Terroranschlag die Aktivistin und ihr Gefährte Zuflucht suchend vor der Tür stehen, scheint für Johann Hellström ein Wendepunkt erreicht.

Der Filmmacher Rick Ostermann hat bislang vor allem mit TV-Krimis („Ostfriesenblut“, „Dengler“) und durch Serien („Das Boot“) auf sich aufmerksam gemacht. In „Das Haus“ inszeniert er die gleichnamige, dystopische Kurzgeschichte des Spiegel-Journalisten Dirk Kurbjuweit.

Vor allem gefällt die stilsichere Inszenierung und die karge, reduzierte Formensprache in Architektur und Landschaft die sich in gewisser Weise auch auf die Charaktere erstreckt. Allerdings bleibt bezüglich des Settings, das ein nahe futuristisches ist, und der Ausgangslage, die eine persönliche Krise und eine gewalttätige gesellschaftliche Zuspitzung voranstellt, vieles wage und bewusst deutungsoffen.

Daraus zieht das Drama in „Das Haus“ einen Großteil seines Reizes und die Paardynamik zwischen der Anwältin und dem Journalisten nimmt Fahrt auf, sobald es in der Krise an die Grundsatzfragen geht. Das ist bisweilen ein wenig plakativ zugespitzt, vor allem weil sich das technisch aufgerüstete Eigenheim scheinbar einmischt. Da lassen sich leicht Verschwörungen mutmaßen und klandestine Verbindungen zwischen Hightech und Überwachung, zwischen militärisch-industriellem Komplex und politischer Machtelite ableiten. Allein, es bleibt bei dem mulmigen Gefühl.

Womit das Haus zu einem Charakter in diesem Thriller-Drama wird. Das intelligente Haus wird zum Antagonisten, handelt eigenmächtig und antizipiert scheinbar nicht nur Absichten der Bewohner, sondern auch gesellschaftliche Tendenzen. Doch die Macken der smarten Technologie werden von Anfang an thematisiert. Sei es durch die schlechte Temperaturregulierung in der Dusche, sei es durch sich öffnende Flurtüren, sei es durch eigenmächtige Nahrungsbestellung sei es durch das ultimative Verweigern des Zutritts.

Technik die sich selbständig macht ist keine neue Idee von „Das Haus“ und im Grunde hat schon der Bordcomputer Hal in Stanley Kubriks „2001“ alles ausdefiniert, was an Urängsten mit technologischem Fortschritt verbunden ist. Aber auch die Grenzen Künstlicher Intelligenz und roboterartige Gefährten für die Menschen der Zukunft sind lange schon Thema in Romanen, Comics, Filmen und Serien. Insofern bleibt „Das Haus“ schlicht ein weiterer Einwand im Diskurs um die Zukunftstechnologie.

Rick Ostermanns Film pendelt zwischen persönlichem Drama, Technik-Thriller und Science-Fiction Dystopie, versucht die Elemente zu vereinen. Die Geschichte kommt dabei aber schnell an ihre Grenzen und bleibt oft genug plakativ abstrakt, wo es ans Eingemachte, ins Konkrete gehen sollte.

Die Eröffnung im virtuellen Rundgang bildet im Film einen Zirkelschluss, spiegelt sich im Ende. Die Überquerung des Wassers, symbolisch in Geschichten stets einen Übergang in eine andere Welt, macht hier deutlich, was das Paar erwartet. Die Hellströms bleiben Passagiere in ihrer eigenen Inselwelt.

Das sich intelligente Technik auch gegen die Benutzer wenden kann, ist ein lange bekanntes Grundthema der Science-Fiction und auch die politische Dystopie einer dekadenten Demokratie, die hier hintergründig inszeniert wird ist nicht gerade eine neue Zukunftsvision. Was vom „Haus“ bleibt sind die Schauwerte, des idyllisch gelegenen, architektonisch reizvollen Bungalows und starke Darstellerleistungen. Die Story ist leidlich spannend und leidlich unterhaltsam.

Film-Wertung: 6 out of 10 stars (6 / 10)

Das Haus
Genre: Sci-Fi, Thriller,
Länge: 90 Minuten, D, 2021
Regie: Rick Ostermann
Vorlage: Kurzgeschichte von Dirk Kurbjuweit
Darsteller:innen: Valerie Tscheplanowa, Tobias Moretti,
FSK: ab 12 Jahren
Vertrieb: NFP
Kinostart: 07.10.2021