Coherence: Der Komet und die Katze

coherence_szene08-vorschauIm Grunde braucht es nicht viel, um einen interessanten Film zu drehen. Das mag sich angesichts aufgeblähter Millionenbudgets der Filmindustrie nun seltsam anhören, aber wenn man sich auf das Wesentliche besinnt, kann dabei etwas sehr Spannendes entstehen. Etwa  ein Sci-Fi-Thriller, der ohne jeden Effekt auskommt. Und so ist James Ward Byrkitts „Coherence“ wirklich beeindruckend -wenn es einen denn gleich zu Beginn packt.

Eine Gruppe von acht Freunden trifft sich zum Abendessen. Zwischen den vier Paaren gibt es schon ein paar Reizthemen, aber man kennt sich seit langem und freut sich auf den gemeinsamen Abend. Doch ausgerechnet an diesem Termin passiert ein Komet die Erde und sorgt für ein paar seltsame Phänomene. Und dann gerät der Abend irgendwie aus den Fugen.

coherence_castEigentlich sollte man über „Coherence“ gar nicht viele Worte verlieren, und die Zuschauer einfach in den Film schicken. Denn jede weitere Information mindert in gewisser Weise auch den Unterhaltungswert dieses Filmexperiments. Aber so ganz unvoreingenommen begibt sich heute ja kaum jemand ins Kino, insofern breite ich an dieser Stelle noch ein paar Informationen zum Film aus:

„Coherence“ spielt fast ausschließlich in einem Haus und mit den acht Akteuren. Das Ganze wird mit einer Handkamera gefilmt, die glücklicherweise nicht auf stylische Ruckelbilder ausgelegt ist, und bleibt nah an den Figuren. Das erinnert an den einen oder anderen dänischen Dogma-Film aber auch an Found Footage Horror im Stil des „Blair Witch Project“. Zusätzlich zu den zwischenmenschlichen Elementen, die dramaturgisch ziemlich spannend sind, kommt noch der Einfluss des Kometen, der sich vor allem in versagender Technik manifestiert: Mobiltelefone zerspringen, die Elektrik versagt. Doch der Komet hat noch einen andern Effekt, den man quantenphysikalische Dekohärenz nennt. Womit der Film dann bei Schrödingers Katze angekommen ist und der spannenden Frage, was passiert, wenn in sich abgeschlossene Systeme (unsere Realität) mit einander (mögliche Parallelrealitäten) in Kontakt treten. Schon zuviel Infos?

coherence_szene05Aber das Konzept funktioniert. Vorausgesetzt die ersten Filmminuten packen einen – aus welchen Gründen auch immer – dann bleibt man als Zuschauer auch bis zum Ende gespannt und neugierig dabei. Nachvollziehbar wäre aber auch, dass jemand überhaupt keinen Zugang zu der Filmidee findet, oder damit einfach nichts anfangen kann.

Filmmacher James Ward Byrkitt (Drehbuch für „Rango“, Storybards für „Fluch der Karibik“) entwickelte die Filmidee wie eingangs schon angesprochenen, ausgehend von der Frage: Was braucht ein Film wirklich, um zu funktionieren? Mit einem Minimalbudget von 50,000 US-Dollar, acht Darstellern und fünf Drehtagen an einer einzigen, alltäglichen Location ist eine erstaunliche Filmerfahrung entstanden. Ein fertiges Drehbuch gab es ebenso wenig, stattdessen ein thematisches Grundgerüst und improvisationswillige (und –fähige!) Darsteller die es verstehen, die Gruppendynamik und unterschiedlichen Befindlichkeiten bis in einige Tiefe auszuloten.

„Coherence“ ist eine absolut empfehlenswerte Filmerfahrung, die mit bewusst beschränkten Mitteln gleichermaßen als Thriller, als Psychodrama und als Science Fiction funktioniert. Einen eindrücklicheren Beweis, dass tolle Filme fast ohne Budget zu machen sind, hat es lange nicht mehr gegeben.

Film-Wertung: 8 out of 10 stars (8 / 10)

coherence-posterCoherence
OT: Coherence
Genre: Sci-Fi, Thriller
Länge: 87 Minuten, USA, 2013, OmU
Regie & Idee: James Ward Byrkitt
Darsteller: Emily Baldoni, Maury Sterling, Nicolas Brendon, Elizabeth Gracen,
FSK: ab 16 Jahren
Vertrieb: Bildstörung
Kinostart: 25.12.2014

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