Mit „Das Schloss des Cagliostro“ kommt ein Anime-Klassiker zurück auf die Leinwand. Der Film war ursprünglich „nur“ ein weiteres Kinoabenteuer einer erfolgreichen Anime-Serie. Allerdings markiert eben dieser Film 1979 auch das Spielfilm-Debüt des Animations-Filmers Hayao Myazaki. 2024 wurde Myazakis bislang letzter Film „Der Junge und der Reiher“ mit dem Oscar ausgezeichnet. Nun bringt Piece of Magic Entertainment „Lupin III: Das Schloss des Cagliostro“ am 9. April 2024 als Kinoevent in restaurierter Fassung und 4 K Abtastung zurück auf die Leinwand. Zeichentrick-Fans sollten sich das nicht entgehen lassen.
Arsène Lupin III. (auf Japanisch: Rupan Sansei) ist ein Meisterdieb und der Enkel des berühmten französischen Gauners gleichen Namens. Zusammen mit seinem Kumpel Daizuke Jigen überfällt Lupin ein Casio. Doch nach einer abenteuerlichen Flucht stellt sich heraus, dass die Beiden einen Haufen Falschgeld erbeutet haben.
Die Spur der Blüten führt in das kleine europäische Fürstentum Cagliosto. Dort angekommen, werden Jigen und Lupin Zeuge wie die Prinzessin Clarissa entführt wird. Und zwar von Graf Cagliostro, der die Prinzessin heiraten will, um an ihren Siegelring zu gelangen. Mit dem kommt der Graf den Schatz von Cagliostro heran. Nur leider hat Lupin den Siegelring und gerät selbst in den Fokus des finsteren Grafen.
Während Lupin beschließt die Prinzessin zu befreien und dafür den Samurai Goemon Ishikawa zur Hilfe holt, hat der Graf Interpols Inspektor und Lupins ewigen Gegenspieler Zenigata angefordert. Außerdem ist noch die Spionin Fujiko Mine auf dem Schloss. Auch sie ist für Lupin keine Unbekannte und als Dienstmädchen verkleidet hinter dem Schatz Cagliostros her. Doch der Graf und seine Gaunerbande wissen sich zu verteidigen, und die Prinzessin ist in ein Turmverließ gesperrt.
Falschgeld, alles Falschgeld
„Das Schloss des Cagliostro“ gilt gemeinhin als „bester“ Film der Reihe. Wobei Rupan Sansei, wie der Meisterdieb auf Japanisch heißt, auf eine erfolgreiche Comic-Serie zurückzuführen ist, die ursprünglich von 1967 bis 1972 veröffentlicht wurde. Später kamen noch Fortschreibungen dazu. Die Manga-Serie stammt aus der Feder von Kazukiko Kato alias Monkey Punch, der keinen Hehl aus seiner Begeisterung für die französischen Gaunerabenteuer von Arsène Lupin von Romancier Maurice Leblanc (1864 – 1941) machte und seinen Protagonisten als japanischen Enkel des legendären Meisterdetektivs anlegt. Monkey Punch hat durchaus einen eigenen sehr charakteristischen Zeichenstil entwickelt.
In Japan, wo Comics einen völlig anderen Stellenwert haben und durchaus auch Erwachsenenunterhaltung waren und sind, wurde aus dem erfolgreichen Comic eine ebenso erfolgreiche Zeichentrick-Serie, ein Anime. Hayao Myazaki („Chihiros Reise in Abenteuerland“, „Ponyo“) begann seine Karriere als Anime-Künstler in den frühen 1960er Jahren. Er arbeitete an „Gullivers Zeitreisen“, oder auch den „Mumins“ und „Heidi“ mit, die später auch in Westdeutschland im Kinderfernsehen sehr beliebt waren.
Als Drehbuchautor und Regisseur machte Myazaki erste Schritte in eben jener „Arsen Lupin III“-Serie. Daher erschien es den Produzenten auch naheliegend, dass Hayao Myazaki die Regie für „Das Schloss des Cagliosto“ übernahm, dem zweiten Kinofilm zur erfolgreichen Zeichentrickserie. Zusammen mit Haruya Yamazaki verfasste Myazaki auch das Drehbuch. Das action-haltige Abenteuer folgt der typischen Lupin-Masche um die Welt zu reisen und pfiffige Gaunerstücke auszuführen.
Der Gentleman-Gauner mit dem guten Herzen
Doch Myazaki gelingt es dem Film einen eigenen Stempel aufzudrücken und einen eigenen Stil zu etablieren. Später finden sich viele Motive in Myazakis Werk wieder und diese breitgefächerte Verwertung unterschiedlichster kultureller Einflüsse ist schon beachtlich. Doch wer in diesem Frühwerk bereits philosophischen Tiefsinn und magische Elemente sucht ist hier verkehrt.
Zurück zum Film „Arsene Lupin III: Das Schloss des Cagliostro“. Das Gaunerstück ist typische actionreiche Animekunst. Es geht häufig sehr turbulent zu, was seinerzeit durchaus auch eine Frage des Handwerks war. Denn die analogen Zeichnungen und die Methodik die Bilder lebendig zu machen waren ebenso mühselig wie aufwändig. Japanische Animationskunst war seinerzeit durchaus eine Klasse für sich, was auch damit zusammenhängt, dass die Beliebtheit beim Publikum gegeben war und eine entsprechende Infrastruktur für die Studios lohnenswert.
Und genau in diesen Aspekten zeigt „Das Schloss des Cagliostro“ seine große Stärke. Die turbulente Verfolgungsjagd zum Filmbeginn ist hinreißend und steht dem wahnwitzigen Fluchtversuch der „Blues Brothers“ in wenig nach. Und immer wieder weiß der Film geschickt die Tatsache zu nutzen, dass er gezeichnet ist und anders mit Bildern und Effekten umgehen kann als realverfilmte Action.
Der Samurai und der Yakuza auf Europa-Besuch
Hier geht es überhaupt nie darum, möglichst realistisch daherzukommen. Im Gegenteil wird das Spektakuläre schnell zum Unterhaltungsprinzip. Darin ist „das Schloss des Cagliostro“ einem „James Bond“–Thriller nicht unähnlich. Hinzu kommt das verschwörerische Handlungselement, das dem eher schlichten Actioner etwas mehr Tiefe verleiht. Pfiffig gewählt und bei Myazaki und im Anime immer wieder beliebt sind Schauplätze im klassischen Europa.
„Das Schloss des Cagliostro“ zeigt eine große Ähnlichkeit mit dem Fürstentum Monaco, Hitchcocks „Über den Dächern von Nizza“ soll ebenso eine Inspiration für die Story gewesen sein wie die Heirat Grace Kellys. Die rasenden Bergfahrten von Lupins Fiat 500 (heute ein Kultauto) sind hinreißend charmant und aus heutiger Sicht durchaus nostalgisch. Immer wieder kommen jedoch auch typisch japanische Charaktere und Elemente zum Tragen, so dass sich eine seltsam, aber quirlig anmutende Melange ergibt.
Es gibt in „Lupin III: Das Schloss des Cagliostro“ einiges zu entdecken und vieles zu mögen. Als großer Zeichentrick-Fan, dem das Spätwerk Myazakis bisweilen etwas zu altersweise erscheint, hatte ich große Freude beim Wiedersehen des seltsamen Flugapparats des Grafen, der Anspielung an Chaplins „Moderne Zeiten“ während Lupin durch das Abwasser schwimmt und an der epischen Regensequenz, die so gar nicht in den Filmzusammenhang zu passen scheint. Und natürlich bleiben diese Typen Ishikawa, Jigen und Lupin ikonisch und cool. Das darf sich das Publikum auch gerne noch einmal anschauen.
Technik-Gadgets und jede Menge Action
„Lupin III: das Schloss des Cagliostro“ kam in Westdeutschland erst 1984 in die Kinos, seinerzeit gekürzt unter dem Titel „Die Jäger des Cagliostro“ später dann als „Handyman räumt auf“ ins Home- Entertainment, bevor 2004 eine neue Synchronfassung entstand. Aktuell wurde der Film in 4K hochauflösend neu abgestastet und restauriert. Das ist durchaus zu sehen und sorgt für gelungenen Bilder, mehr Schärfe und mehr farbliche Brillanz. Ob die Tonspur ebenfalls neu abgemischt wurde, lasst sich an dieser Stelle nicht sagen, da ich den Film im japanischen Original mit Untertiteln gesehen habe. Ich bevorzuge das nicht nur aus professioneller Filmguckerei, sondern finde asiatische Sprachen und ihre Melodie auch schwerer ins Deutsche zu übertragen, weshalb durchaus Stimmung verloren gehen kann.
Über Hayao Myazaki und das spätere Studio Ghibli finden sich bei Wikipedia lesenswerte Einträge. Ebenso über „Lupin III“ als Anime-Serie und über „Das Schloss des Cagliostro“ im speziellen. Wer ein handfestes Buch bevorzugt, dem oder der seien die beiden bei Panini Comics erschienenen Anthologien „Die Anime-Bibliothek“ und die gerade aktualisiert neu aufgelegte „Ghibliothek“ empfohlen.
Als Kinoevent kommt der japanische Zeichentrickfilm „Lupin III: Das Schloss des Cagliostro“ noch einmal in die Kinos. Obwohl der Film die erst, wegweisende Regiearbeit von Zeichentricklegende Hayao Myazaki markiert sollte sich das Publikum nicht zu sehr auf den Aspekt „Frühwerk des Meisters“ versteifen um Freude an dem Kinoerlebnis zu haben. „Das Schloss des Cagliostro“ ist hinreißend turbulente, fantasievolle und temporeiche Animationsaction der handgemachten alten Schule, die einfach Spaß macht. Dazu helfen auch die vielen Anspielungen und Querverweise.
Film-Wertung: (8 / 10)
Lupin iii: Das Schloß des Caligostro
OT: Rupan sansei: Kariosutoro no shiro [ルパン三世 カリオストロの城]
Genre: Anime, Abenteuer, Action
Länge. 102 Minuten, J, 1979
Regie: Hayao Myazaki
Vorlage: Comicserie „Lupin III“ von Monkey Punch
FSK: ab 6 Jahren
Vertrieb: Piece of Magic Entertainment
Kinostart (Original): 07.09.1984
Kinostart (4K Restaurierung): 09.04.2024