Das erste Omen: In Teufels Kinderstube

Die älteren unter den Horrorfans werden sich an den schleichenden Schrecken erinnern, den „The Omen“ Mitte der 1970er Jahre hervorrief. Im Prinzip schickt der Teufel seinen Sohn als Menschen auf die Welt und der versucht seine Eltern loszuwerden. Doch bereits zuvor gab es Versuche, den Sprößling Satans von einer „menschlichen“ Frau austragen zu lassen. Davon erzählt das sehenswerte Prequel „The First Omen“ in schaurig fieser Manier. Disney Pictures bringt die 20th Century Fox Produktion am 121. April 2024 in die Kinos.

Die junge Amerikanerin Margaret (Nell Tiger Free) kommt nach Rom um Nonne zu werden. Kardinal Lawrence (Bill Nighy) kennt Margaret aus dem Waisenhaus, in dem sie aufwuchs, und begrüßt sie überschwänglich; zumindest für einen Kirchenoberen, der im Vatikan arbeitet. In der Klosterschule soll Margaret Waisenkinder unterrichten, wohnen wird sie bis zu ihrer Initiation in der Stadt.

Dort teilt sie sich eine Wohnung mit der Novizin Luz (Maria Caballero), die das Leben noch ein wenig genießen will, bevor sie das Ornat anlegt. Margaret lässt sich eines Abends überreden mitzugehen. Und wacht mit Filmriss auf. Im Kloster ist die junge Frau zunächst fasziniert. Doch strenge Art und Weise wie mit „bösen Mädchen“ wie der eigenartigen, stummen Carlita (Nicole Sorace) umgegangen wird, stört Margaret. Zu ihr baut das Mädchen Vertrauen auf. Doch Margarets Aufenthalt in Rom steht unter keinem guten Stern.

Veitstanz mit Daddy Cool

Denn Pater Brannon (Ralph Inneson) hat wenige Wochen zuvor einem Kollegen die Beichte abgenommen. Darin berichtet dieser von einem Kirchenkomplott, dass sich dem Bösen verschrieben hat. Der Teufel will seinen Sohn in Menschengestalt auf die Erde bringen. Doch dazu muss Satan zunächst seine eigene Tochter zeugen. Und das soll unter dem Deckmantel der Kirche geschehen. Pater Brannon ist skeptisch, aber gewarnt und sucht nun nach dem Mädchen mit dem Teufelsmal.

Kein Horror ohne Prophezeiung. Ohne den Beichtprolog wäre der Auftakt von „The Fiist Omen“ nur halb so gruselig. Und wer das Original von 1976 oder das Remake von 2005 kennt, wird sich sogleich erinnert fühlen, selbst wenn „The First Omen“ den ersten Schockeffekt als Hommage setzt. Die Stimmung stimmt, wenn sich die naive amerikanische Nonne in der italienischen Metropole Rom scheu und schüchtern bewegt.

Neben dem ausgesprochen stimmigen Score, der klassisches Sounds zeitgenössischen Horror- und Gruselfilme aus den Siebzigern evoziert, ist es auch die grobkörnige gefilterte Lichtqualität, die dafür sorgt, das sich das Publikum schnell zurückversetzt findet. Aber „The First Omen“ ist keineswegs nur nostalgisch unterwegs. Regisseurin Arkasha Stevenson schrieb auch am Drehbuch mit und liefert ein beachtliches Spielfilmdebut ab. Die Schockeffekte sind wohl dosiert und platziert und kommen schon ziemlich derbe und explizit rüber. Das ist bei aller Hommage an klassischen Grusel und Giallo durchaus modern und macht höllischen Spaß.

Das Wunder des Lebens kann ein wenig nervenaufreibend sein.

Auch der klerikale Rahmen der Handlung weiß zu überzeugen. Die Story vom Teufel der auf Erden wandelt, wird erweitert um eine vermeintliche Verschwörung innerhalb der Kirche. Das ist als Komplott schon ein bisschen um die Ecke gedackt, aber durchaus nachvollziehbar. Und es weist auf ein Grundsatzproblem hin, die zunehmende Abwendung vom christlichen Glauben. Die Säkularisierung lässt sich kaum aufhalten, mag aber auch dazu führen, dass einem jungen Publikum, das nicht mit diabolischer Thematik im Heavy Metal aufgewachsen ist, die religiösen Grundlagen fehlen, um die Dringlichkeit und Durchtriebenheit des Bösen überhaupt zu erfassen.

Wenn die Weltsicht des Publikums die Prämisse des Films nicht mehr als relevant erkennt, wie sehr wird der Horror dann zur Show? Das mag das Einspielergebnis ebenso zeigen wie die demografische Zusammensetzung des Publikums. Ich bezweifle stark, dass „The First Omen“ „nur“ ein Film für Horror-Nostalgiker und ein älteres Publikum ist. Ein wenig Gottvertrauen und Angst vor dem Bösen hat noch niemandem geschadet. Schließlich soll es der größte Trick des Teufels gewesen sein, die Welt glauben zu machen, er existiere nicht.

Wir wussten schon immer: Das Böse versteckt sich hinter der Maske des Guten. Auf perfide Weise versucht der Teufel wieder auf die Welt zu kommen. „The First Omen“ ist hinreißend spökelig und lebt von seiner bedrohlichen Atmosphäre. Die gelungene Vorgeschichte zum Horror-Klassiker „Omen“ nimmt gekonnt und clever Elemente und Versatzstücke des Überraschungserfolgs von 1975 auf. Dabei kommt etwas Eigenes heraus, das sowohl modern erzählt wie klassisch aufgebaut ist. Nicht so originell wie das Original, aber genauso finster.

Film-Wertung: 7.5 out of 10 stars (7,5 / 10)

Das Erste Omen
OT: The First Omen
Genre: Horror, Thriller
Länge: 120 Minuten, USA, 2023
Regie: Arkasha Stevenson
Darsteller:innen: Nell Tiger Free, Nicole Sorace, Bill Nighy,
FSK: ab 16 Jahren
Vertrieb: 20th Century Fox, Walt Disney Pictures
Kinostart: 11.04.2024

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