Viel Rummel hat es gegeben um diese deutsche Serienverfilmung von „Das Boot“. Es ist nicht die erste deutschsprachige Eigenproduktion einer Streaming-Plattform, aber bislang die aufwändigste, sprich teuerste. Nun liegt die erste Staffel der Serie, die sich um die Erlebnisse einer deutschen U-Boot-Besatzung im Zweiten Weltkrieg dreht, plattformunabhängig für das Home Entertainment auf DVD und Blu-ray vor. Und – soviel sei verraten – die Serie ist standhaft und bildwuchtig.
Im Kriegsjahr 1942 übernimmt der junge deutsche Kapitänleutnant Klaus Hoffmann (Rick Okon) das Kommando über ein gerade fertiggestelltes neues U-Boot. Die U-612 soll auf ihrer Jungfernfahrt zwar nur im Manöver ihre Tauglichkeit beweisen, aber bald gibt es neue Befehle und die U-612 übernimmt einen Geheimauftrag, der eher geheimdiplomatisch ist als tatsächlich zum Endsieg beiträgt.
Die Stimmung an Bord ist gereizt. Der erste Wachoffizier Tennstedt (August Wittgenstein) traut seinem Vorgesetzten, dem Kaleu, das Kommando nicht zu und glaubt diesen nur aufgrund der Tatsache ernannt, dass dessen Vater als U-Boot-Kapitän ein Kriegsheld ist. Der zweite Wachoffizier hat ein Alkoholproblem und die Mannschaft ist auch eher bunt zusammengewürfelt. Die alten Hasen im Torpedoraum machen dem besserwisserischen neuen Kadetten das Leben schwer. Funker Frank Strasser (Leonard Scheicher) ist erst in letzter Sekunde auf das U-Boot berufen worden. Da es einen Unfall mit dem alten Funker gab, musste Strasser kurzfristig nicht nur das Funkgerät reparieren, sondern wurde gleich zum Dienst verdonnert.
Das lässt Strassers Schwester Simone (Vicky Krieps) ziemlich verwirrt in La Rochelle zurück. Die junge Frau ist gerade erst angekommen und ohne zu wissen, wie ihr geschieht, verwickelt Bruder Frank die linientreue Deutsche in konspirative Machenschaften: Sie soll etwas für ihn erledigen, während er auf See ist. Da kommt das berufliche und amouröse Interesse des Gestapo-Offiziers Hagen Forster (Tom Wlaschiha) eher ungelegen.
Anders als Dylan Thomas Epos „Unter dem Milchwald“ beginnt „Das Boot“ eben nicht da „wo es anfängt“, sondern mit dem Untergang eines deutschen U-Bootes. Gerade so, als wolle man die übermächtige Vergangenheit dieses Titels in den Tiefen des Atlantik vergraben. Sich dann aber die Titelmelodie von Wolfgang Petersens Verfilmung zu greifen und zu verwenden, zeigt schon den Spagat, den die Serien-Produzenten von Sky und WDR auf sich nehmen. Wiedererkennungswert ist schließlich ein Markenkern und aus einem Verwertungskonzept um die Aufmerksamkeit und Gunst der Zuschauer nicht wegzudenken.
Aber um es eindeutig auf den Punkt zu bringen: Mit der U-96 aus dem Kriegsroman von Lothar-Günther Buchheim, der 1973 erschien und 1981 von Wolfgang Petersen verfilmt wurde, haben die Fahrten der U-612 nur die Rahmensituation gemeinsam. Weder ist es der Serie unter der Regie des Österreichers Andreas Prochaska („Das finstere Tal“) an einem einen klaustrophoben, submarinen Mikrokosmos gelegen, noch geht es um historische Authentizität. „Das Boot“ ist in der ersten Staffel ein Unterhaltungsformat, das international mithalten will.
Das macht scheinbar einige Drehbuch-Elemente notwendig, die man zumindest mal erwähnen kann. Handlungen müssen sich in modernen Serien möglichst parallel entwickeln. So selten der Zuschauer auf dem U-Boot zu Gast ist, so häufig wird die Elsass-stämmige Deutsche Simone in ihrer abenteuerlichen Widerstandskarriere beobachtet und wir dürfen hinter den Kulissen der Nazi-Macht Mäuschen spielen, wenn Tom Wlaschiha („Game of Thrones“) und Rainer Brock („Atlas“) an der französischen Atlantik-Küste die Fäden ziehen.
Das ist alles leidlich unterhaltsam und ebenso spannend wie bildgrimmig in Szene gesetzt, entbehrt aber einer gewissen Dringlichkeit. Weder weiß der junge Kaleu sein Hadern mit Vater und Militärkarriere zu verbergen, noch der fliehende Funker seine Jazzvorliebe oder die, die so gerne richtig deutsch wäre, die Liebe zum Bruder. Das alles ist durchaus sehenswert, wird aber so derart auf die Spitze getrieben und in Abzweigungen ausgelotet, dass der Zuschauer sich schon fragt, was diese amurösen Verwicklungen denn nun bitte mit dem Serientitel zu tun haben.
Die ambitionierte deutsche Serie „Das Boot“ ist beileibe kein Remake des Erfolgsformats aus den 1980ern. Leider schwächelt die Serie gerade in den Bereichen, die eigentlich als Unterscheidungsmerkmale angelegt sind mit herkömmlicher Dramaturgie und Figuren, denen zuviele Handlungselemente aufgebürdet werden. Die Jungfernfahrt der U-612 kann dennoch als erfolgreich gelten.
Serien-Wertung: (6 / 10)
Das Boot – Die Serie – Staffel 1
Länge: ca 480 Minuten (8×60 Min.), D, 2018
Genre: TV-Serie, Drama, Krieg,
Regie: Andreas Prochaska
Idee: Johannes Betz
Drehbuch: Tony Saint et al.
Darsteller: Vicky Krieps, Leonard Scheicher, Rick Okon, Tom Wlaschiha,
FSK: ab 16 Jahren
Vertrieb: Release Company der WDR Group, Sky, Bavaria Fiction,
DVD- & BD-VÖ: 06.12.2019
Copyright der Fotos beim Vertrieb & Bavaria Prduction