Gerade habe ich bemerkt, dass ich die ziemlich gelungenen BBC Miniserie „The Fear“ auf diesen Seiten überhaupt nicht vorgestellt hatte. Hierzulande würden die 200 hochdramatischen Minuten im Frühjahr 2014 bei Polyband als DVD veröffentlicht. Der großartige Peter Mullen gibt darin einen alternden Gangsterboss, der an Demenz leidet – mit fatalen Folgen.
Ritchie Beckett (Peter Mullan) hat sich in der Gaunerszene von Brighton hochgearbeitet, nun ist er – zumindest nach außen – ein respektabler Geschäftsmann. Weil das ehemalige Seebad Brighton auch schon ruhmreichere Tage erlebt hat, will Beckett den Pier, das ehemalige Wahrzeichen der Stadt, zu neuem Leben erwecken. Die krummen Geschäfte überlässt er seit einiger Zeit seinen beiden Söhnen Cal (Paul Nichols) und Matty (Harry Lloyd). Matty soll mit den Albanern ins Geschäft kommen, die die Prostitution in Brighton beherrschen, doch das geht gründlich schief.
Beckett Senior versucht das Ganze zu regeln, hat aber eigentlich ganz andere Probleme: zunehmende Gedächtnislücken. Scheinbar wahllos wird er aggressiv, verprügelt Wildfremde und kann sich später nicht mehr daran erinnern. Aber auch den Deal mit den Albanern hat Ritchie Beckett wieder vergessen. In seiner Verwirrung wendet er sich an den alten Kumpel und Arzt Seb Withing (Richard E. Grant), der Demenz im Anfangsstadium diagnostiziert. Und hier geht der Ärger richtig los!
Alt zu werden, ist schon eine komplizierte Angelegenheit, wenn man halbwegs gesund ist. Für den dementen Gangsterboss geht es nun nicht nur darum, die Nachfolge zu regeln, sondern auch seine Krankheit geheim zu halten. Zusätzlich zeigt sich Ritchies Demenz in einer Aggressivität, die zwar nicht immer auftritt, aber durchaus häufig ist.
„The Fear“ ist vor allem ein intensives Drama und eine Paraderolle für Peter Mullen. Aber die menschliche Tragödie wird von Autor Richard Cotton und Regisseur Michael Samuels sehr spannend und handfest ins Milieu des organisierten Verbrechens verlegt. Die Serie lebt dabei auch ein wenig von abgerockten Charme Brightons: Unter der mühselig restaurierten Fassade ist noch immer der alte kriminelle Dreck zu finden, der sich in heruntergekommenen Mietshäusern, abgewrackten Bauernhöfen und Nachtclubs des Rotlichtviertels verkrochen hat und eine regelrechte arallelwelt darstellt. Auch die rivalisierenden Söhne Bechetts und der albanische Angriff auf sein Imperium sind gelungen in Szene gesetzt.
Das eigentliche Highlight von „The Fear“ ist allerdings das nuancierte und facettenreiche Spiel von Peter Mullen („Stonemouth“), der seinem Charakter und auch dem Krankheitsverlauf erstaunlich viele Schichten abringt und mit charismatischer Intensität zu Tage fördert.
Das Thriller-Drama um einen dementen Gangsterboss würde wahrscheinlich mit einem anderen Hauptdarsteller fesselnd unterhalten, aber Peter Mullen gibt der Mini-Serie den gewissen Extra-Kick.
Serien-Wertung: (7 / 10)
The Fear
OT: The Fear
Genre: TV-Mini-Serie, Thriller, Drama
Länge: 200 Minuten (4 x 50 Min.)
Drehbuch: Richard Cottan
Regie: Michael Samuels
Darsteller: Peter Mullen, Anastasia Hille, Paul Nichols, Harold Lloyd,
FSK: ab 16 Jahren
Vertrieb: Polyband
DVD-VÖ: 11.03.2014
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