The Last Kingdom – Staffel 3: Der Fluch der Hexe

Das Letzte, was ein Krieger gebrauchen kann, ist den Fluch einer schönen Frau. Erst recht nicht, wenn diese auch noch zum Feind gehört. In der dritten Staffel der furiosen Mittelalter-Serie „The Last Kingdom“ läuft es nicht gerade gut für Uhtred von Bebbanburg, jenen Sohn Britanniens, der bei den Wikingern aufgezogen wurde und nun der Schwertarm des Königs Alfred von Wessex ist. Die dritte Staffel der TV-Serie toppt die Vorgänger in vielerlei Hinsicht und Fans dürfen sich auf Drama, Intrige und Action de Luxe freuen. Der Vertrieb Capelight Pictures hat die Netflix-Serie hierzulande Ende April als DVD und Blu-Ray veröffentlicht.

Wahrlich, die Keilereinen in Staffel drei von „The Last Kindgdom“ sind schon wunderbar choreografiert. Als Bonus-Material zur dritten Staffel von „The Last Kingdom“ gibt es daher ein Featurette über die Schlachten in dieser dritten Saison. Mit viel Liebe zum Detail und überraschenden Kamera-Blickwinkeln sind die Kämpfe von Wikingern und Britanniern in Szene gesetzt. Und dennoch: Es sind längst nicht (nur) die Action-Schauwerte der Serie, die „The Last Kingdom“ zu einem Leckerbissen für Fans machen.

Aber bevor an dieser Stelle die Lobhudelei zur dritten Bedrohung Britanniens durch Nordmänner anhebt, die üblichen Hinweise auf eventuelle Spoiler, da die Handlung fortlaufend ist, auf vorangegangene Serien-Rezensionen zu „The Last Kingdom – Staffel 1“ und „The Last Kingdom Staffel 2“ und auf die Tatsache, dass ein Quereinstieg wohl möglich ist, aber nicht den vollen Serienspaß erlaubt. Zu Staffelbeginn gewährt Uthred den Zuschauern einen arg kurzen Lebenslauf mit dem Allernötigsten.

Das Hauptproblem von „The Last Kingdom“ sollte ich wohl gleich mal beim Namen zu nennen: die Namen! Wer bitteschön kann sich noch an die Namen der britannischen Königsfamilie erinnern und die Variationen von Aethel-blah auseinanderhalten? Also, die Namenspräfix Aethel- oder in älterer Schreibweise Æthel- bedeutet im Grunde nichts anderes als Edel-. Wenn also Aethelred und Aethelflaed und Aethelwold durchs Bild huschen, ist es schon mal schwer, die Orientierung zu behalten.

Also, Aufklärung und Statusbericht:

Zu Beginn der dritten Staffel von „The Last Kingdom“ ist Alfred (David Dawson) schwer krank und versucht, seine Vision von einem geeinten Britannien, einem England, mit aller Kraft am Leben zu erhalten. Dazu hat er seine Tochter Aethelflaed (Milly Brady) bereits (in Staffel 2) mit dem König von Merzien vermählt. Jener Aethelred (Toby Regbo) kann seine Angetraute nicht leiden, die er nur aus machtpolitischen Erwägungen geehelicht hat und die sich zwischenzeitlich während einer Entführung in einen Wikinger-Fürsten verliebt hatte.

König Alfreds jüngerer Sohn Edward (Timothy Innes) scheint indes noch nicht bereit, den Thron des Vaters zu erben. Als Krieger zu schwach, als Stratege zu naiv und von zuvielen Neidern und Rivalen umgeben. Zu jenen gehört auch Aethelwold (Harry McEntire), der sich immer noch als regulären Thronerben ansieht und nicht seinen Onkel Alfred. Als der Winkingerfürst Sigurd „Bluthaar” dann an der Küste Britanniens landet, um Wessex zu erobern, sieht Aethelwold seine Chance den geschwächten Alfred zu stürzen.

Uthred der Heide

Uthred von Bebbanburg (Alexander Dreymond) dient König Alfred treu. Doch Aethelwold und einige Kirchenmänner am Hofe Alfred intrigieren gegen den Heiden, während des Königs bester Krieger ausgeschickt wurde, um die Bedrohung durch Bluthaar einzuschätzen. Dabei trifft ihn der Fluch einer nordischen Seherin.

Als könne der Fluch von Bluthaars Wikinger-Hexe Skade (Thea Sofie Loch Næss) Uthred gar nicht schmerzlich genug treffen, bricht bei dessen Heimkehr nach Wessex seine Welt zusammen. Uthred muss nicht nur einen tragischen Verlust hinnehmen, sondern wird auch als noch als Verräter aus Wessex gejagt, weil er sich weigert, auch Edward noch seine Treue zu schwören. Frustriert und vom Zauber geschwächt wendet sich Uthred mit seinen Mannen an seinen Wikingerbruder Ragnar (Tobias Santelmann). Doch auch hier haben sich die Verhältnisse geändert.

Aberglaube und Tradition

Die dritte Staffel von „The Last Kingdom“ ist schlichtweg großartig. Wendungsreich und spannend erzählen die zehn Episoden über das Schicksal des britannischen Kriegers, der zwischen den Welten der Briten und der Nordmänner wandelt und immer so ein bisschen auf der Suche nach seiner Identität ist. Wer nun glaubt, das ewige Seitenwechseln sei ein abgeschmackter Hut, der mache sich auf einige drastische Überraschungen gefasst.

Drehbuch-Autor Stephen Butchard gelingt es erneut, die ganzen Aufs und Abs des Schicksals und die Wendungen des Kriegsglücks nachvollziehbar darzustellen. Immer sind die Intrigen und Allianzen auch stimmig und oft tragisch angelegt und finden ihre Entsprechung in den Charakter-Entwicklungen der Figuren. Wie keine andere Figur in „The Last Kingdom“ verkörpert Uthred selbst die Zerissenheit und Heimatlosigkeit, die in diese historischen Phase des Wandels den ewigen Konflikt zwischen Tradition und Moderne, zwischen Stillstand und Wandel so lebendig und anschaulich macht. Aber auch der christliche Pater Beocca (Ian Heart) kommt ein ums andere Mal an die Grenzen seiner Toleranz, auch und gerade, weil seiner konvertierten Wikingerfrau soviel Fremdenhass entgegenschlägt.

Die Vision von England muss weiterleben

Kameramann Chas Bain (u.a. „X-Men: erste Entscheidung“, „Bank Job“) hat die Serie von Beginn an mit hochklassigen Bildern versorgt und tut dies auch in der aktuellen Staffel. Die aufwändigen Kulissen in Ungarn, wo die Serie produziert wird, sind um einige eindrucksvolle neue Sets erweitert worden und die Riege der Darsteller wurde beeindruckend ergänzt. Gerade die Wikinger-Neuzugänge Ola Rapace als Bluthaar und Thea Sofie Loch Næss als Hexe Skade spielen stark auf, ihre Rollen sind interessant und wechselhaft angelegt. Unabhängig vom Serien-Genre ist das handwerklich sehr überzeugend und zeigt nicht nur die Strahlkraft der Roman-Vorlage sondern auch die Klasse des Produktionsteams.

Neben dem modernen Produktionsdesign mit all den knackigen Kriegern und ihren kernigen Outfits und den hippen Undercut-Frisuren und Tattoos ist es sicherlich auch unglaubliche Dynamik der Geschichte selbst, die „The Last Kingdom“ zu einem solchen Highlight macht. Nicht umsonst wird „The Last Kingdom“ immer wieder zwischen „Vikings“ und „Game of Thrones“ verortet. Nachdem deren finale Staffel nun gelaufen ist, wird für einige Zuschauer vielleicht Zeit, eine neue Lieblingsserie zu finden. „The Last Kingdom“ böte sich da an.

Wer die Serie bislang verfolgt hat, weiß, dass sie auf der literarischen Vorlage einer historischen Romanreihe von Bernard Cornwell basiert. Auch die dritte Staffel nimmt sich zwei Romane der Reihe als Grundlage und verfilmt „The Burning Land“ (Deutsch bei Rowohlt „Das brennende Land“) und „Death of Kings“ („Der sterbende König“). Bei diesen Infos wundert es wahrscheinlich auch nicht, dass es noch weitere Abenteuer-Romane um Uthred von Bebbanburg gibt. Zur Freude aller Fans hat Netflix der TV-Serie eine vierte Staffel genehmigt.

Dennoch veröffentlicht Capelight Pictures Parallel zur dritten Staffel aus triftigem Grund auch eine Box von „The Last Kingdom“ die alle drei Staffeln enthält. Denn mit den bisherigen Staffeln geht eine Serientrilogie um den Wessex-König Alfred zu Ende. Dessen fester Glaube an das Christentum und ein vereinigtes England waren die inhaltliche und historische Triebfeder der bisherigen „Uthred“-Saga.

Mit der dritten Staffel findet die historische Abenteuer-und Dramaserie „The Last Kingdom“ ihren vorläufigen Höhepunkt. Mit starken neuen Charakteren, existentiellen Bedrohungen und einem kämpferischen und zweifelnden Helden führt diese Staffel viele losen Fäden zu würdigen, sehenswerten und oft überraschenden Enden. Fans aber Wissen: „Das Schicksal ist alles.“ Und das Schicksal ist noch nicht erfüllt.

Serien-Wertung 9 out of 10 stars (9 / 10)

The Last Kingdom – Staffel 3: Das Schicksal ist alles
OT: The Last Kingdom –Season 3: Destiny Is All
Genre: TV-Serie, Historie, Abenteuer
Länge: 529 Minuten, 10 Folgen, GB/USA 2018
Romanvorlage: Bernard Cornwell „Uthred“-Saga“ (OT: The Saxon Stories)
Drehbuch: Stephen Butchard et al.
Regie: Eric Lejonberg, Andy de Emmony, Jon East, John Matthys, Edward Bazalgette
Darsteller: Alexander Dreymon, Emily Cox, David Dawson, Ian Hart,
FSK: ab 16 Jahren
Vertrieb: Capelight Pictures
DVD- & BD-VÖ: 26.04.2019

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