Vigil – Tod auf hoher See – Staffel 1: Des Meeres Hüter

Eine Leiche auf einem britischen Atom-U-Boot macht einen speziellen Polizeieinsatz notwendig, weil die marine Patrouille nicht unterbrochen werden darf. Die britische Thriller-Serie „Vigil – Tod auf hoher See“ kommt dem Begriff Hochspannung schon ziemlich nahe. Die packende Serie wurde für ITV produziert und war hierzulande auf Arte zu sehen war. „Vigil – Tod auf hoher See“ erscheint nun bei Edel Motion in digitaler Form sowie auf DVD und Blu-ray für das klassische Home-Entertainment.

Die schottische Polizistin DCI Amy Silva (Suranne Jones) bekommt einen ziemlich heiklen Fall zugewiesen: Die britische Marine hat sich an die zuständige Polizei gewandt, weil auf einem U-Boot eine Leiche gefunden wurde. Der Todesfall, der sich ereignete kurz nachdem im Nordatlantik ein Fischerboot spurlos verschwunden ist, muss außerhalb der Marinezuständigkeit untersucht werden. Allerdings darf das U-Boot „Vigil“ seine Mission nicht unterbrechen, die darin besteht unerkannt durch britische Hoheitsgewässer zu patrouillieren und so Verteidigungsbereitschaft und nukleare Abschreckung zu gewährleisten.

DCI Silva bekommt also die Genehmigung für drei Tage an Bord der Vigil zu gehen und den Todesfall zu untersuchen. Als Kontakt zur Außenwelt sowie als Ermittlerin an Land fungiert die Polizistin Kirsten Longacre (Rose Leslie), die eigentlich in einer anderen Abteilung arbeitet, aber zu Amy Silva eine gute Beziehung hat. Außerdem geht mit der Polizistin noch ein Ersatzmatrose für den Toten mit an Bord der Vigil.

„Willkommen an Board“

Die Ermittlungen gestalten sich schwierig. Es sind kaum Frauen an Bord und die gesamte Besatzung reagiert ablehnend auf Silvas Ermittlungen. Selbst der Silva zugewiesene Mannschaftsoffizier Glover (Shaun Evans) benimmt sich nicht sonderlich kooperativ. Es scheint als sei der tote Sonaroffizier Burke an einer Überdosis Heroin gestorben, doch Silva findet Indizien, dass es sich um Mord handeln könnte.

Davon will Kapitän Newsome (Paterson Joseph) nichts hören, vor allem, weil das U-Boot sich in Gefahr befinden könnte. Es scheint als hätte jemand die Vigil aufgespürt, während sich zeitgleich die technischen Defekte an Bord verdächtig häufen. An der schottischen Küste findet Kirsten Longacre heraus, dass Burke eine Freundin hatte, die im Camp der Friedensaktivisten lebt. Die Freundin erwähnt Informationen, die Burke öffentlich machen wollte. Sieht ganz so aus, als wäre Burke ermordet worden, nur warum?

Auf Tauchfahrt

Die britische Thriller Serie „Vigil – Tod auf hoher See“ legt von Beginn an ein hohes Erzähltempo vor und treibt auch direkt das Spannungsniveau nach oben. Allein der spektakuläre Untergang des Fischtrawlers, der die Ereignisse quasi auslöst, ist ein Einstieg wie in einen Horror-Film. Doch dann gelingt es den Drehbuchautor:innen um Ideengeber Tom Edge ein vielschichtiges und undurchsichtiges Szenario aufzubauen, das erheblich dazu beiträgt, das „Vigil – Tod auf hoher See“ packender ist als fast alle aktuellen Thriller-Serien.

Allein die klaustrophobe Mörderjagd auf beengtem Raum wäre schon hochklassig umgestetzt und aufwändig inszeniert. Vor allem, weil auf dem U-Boot wohl jeder etwas zu verbergen hat, wie das im Genre so üblich ist. DCI Silva zählt aber nicht umsonst zu den erfolgreichsten Ermittlern der zuständigen Polizei und kommt vielen Geheimnissen an Bord der Vigil schnell auf die Spur.

Zudem hat die Polizistin auch noch ihre eigenen Päckchen zu tragen. In der Vergangenheit hatte sie eine traumatische Unterwasser-Erfahrung, die sich in der gegenwärtigen Situation wieder an die Oberfläche des Bewusstseins schleicht. Und die Kollegin an Land ist nicht ohne Grund ausgewählt. DCI Silva und Kollegin Longacre hatten eine Beziehung, das sorgt einerseits dafür, dass die beiden bei dem arg begrenzten Nachrichtenaustausch mit dem U-Boot versteckte Botschaften austauschen können, andererseits ist die Situation emotional zusätzlich stressig.

Ein Verräter als Stresstest für die Besatzung

Dabei legt die Marine ihrer Majestät den Ermittlerinnen schon genug Steine in den Weg. Weder werden Ereignisse während der Patrouillenfahrt offengelegt noch kann sich Kirsten Longacre auf dem schottischen Marinestützpunkt frei und unbeobachtet bewegen. Es ist schnell offensichtlich, dass auch die Marine etwas zu verbergen hat.

Nun ist die Stationierung der vier Atom-U-Boote in Schottland schon seit Jahren ein Politikum, das die einheimische Bevölkerung aufbringt und sich sogar bis in die Landespolitik auswirkt. Das Abschreckungswerkzeug Atom-U-Boot steht ohnehin auf dem Prüfstand. Denn einerseits sind die Trident-Boote veraltet, andererseits hat es seit Jahrzehnten kein Bedrohungsszenario mehr gegeben, dass unauffindbare Atom-U-Boote rechtfertigen würde. So zumindest sehen es die Gegner.

Das Thriller-Szenario entspricht übrigens in wesentlichen Aspekten den tatsächlichen militärischen Gegebenheiten in Großbritannien. Gerade aus dem Realismus entspringt ein Großteil der existentialistischen Spannung. Es geht in vielen Bereichen und Aspekten und nicht nur für einzelne Personen um Leben und Tod.

Das sollte es im Thriller-Genre eigentlich immer, kommt aber selten zu solcher komplexen und gleichzeitig fesselnden Abbildung. Das erinnert zum Teil an die großen Politthriller der BBC in früheren Jahrzehnten. An dieser Stelle sei beispielhaft auf die immer noch sehenswerte Mini-Serie „Edge of Darkness („Am Rande der Finsternis“, alternativer deutscher Titel: „Die Plutonium-Affäre“ 1985) hingewiesen, die 2010 auch als Hollywood-Thriller „Auftrag Rache“ mit Mel Gibson neu aufgelegt wurde.

Hochspannung unter Wasser

Die Macher freilich wissen, wie erfolgreiche Serienformate angelegt werden und haben bereits mit „Bodyguard“ und „Line of Duty“ bewiesen, dass sich komplexe Thriller-Konstellationen auch mit hohem Adrenalinpegel in Serienformate packen lassen. Der einflussreichen Echtzeit-Serie „24“ sei Dank. In „Vigil – Tod auf hoher See“ scheint es zunächst, als würde das häufige Verlassen der U-Boot-Enge sich negativ auf die Spannung auswirken, aber das Gegenteil ist der Fall. Ganz nach Hitchcocks bewährter Methode, die Spannung zu steigern, indem die Bedrohung ins Bild gesetzt wird, sorgen die Ermittlungen und Geschehnisse an Land zusätzlich dafür, dass der unterseeische Druckpegel unentwegt steigt.

Gelegentlich hatte ich während der Serie den Eindruck, die konstante Abfolge der submarinen Katastrophenszenarien und Mordverdächtigen wären nun doch etwas übertrieben, aber Bildsprache, Soundeffekte, Kameraführung und vor allem sehr glaubhafte darstellerische Leistungen des prominent besetzten Serien-Casts tun ihre packende Wirkung selbst, wenn der Verstand etwas anderes vermittelt. Am Ende gelingen dann doch noch überraschende Wendungen, aber das mag jede:r selbst entdecken.

Die für ITV produzierte 6-teilige Thriller-Serie „Vigil – Tod auf hoher See“ legt atemberaubende Spannung und außergewöhnliche Komplexität in einem packenden realistischen Setting an den Tag. So gefährlich spannend war tatsächlich seit seligen „Jack Bauer“-Tagen kaum eine Serie.

Serien-Wertung: 8.5 out of 10 stars (8,5 / 10)

Vigil- Tod auf hoher See, Staffel 1
OT: Vigil Season 1
Genre: TV-Serie, Thriller,
Länge: 334 Minuten (6 x ca.55 Minuten, UK, 2021
Idee: Tom Edge
Regie: Isabell Sieb, James Strong
Darsteller:innen: Suranne Jones, Shaun Evans, Paterson Joseph, Rose Leslie
FSK: ab 16 Jahren
Vertrieb: Edel Motion
Digital-VÖ: 18.02.2022
DVD- & BD-VÖ: 18.02.2022