Es gab im Jahr 2010 wieder etliche beachtenswerte Darstellungen und es fällt nicht leicht, daraus die besten auszuwählen. Während die Topstars es meistens leichter haben zu beeindrucken, weil ihr Gesicht so bekannt ist und ihnen die Rollen häufig auf den Leib geschrieben werden, müssen sich die unbekannteren und jüngeren Kollegen ordentlich ins Zeug legen, um überhaupt wahrgenommen zu werden.
Die Etablierten haben einfach einen Vorteil, der nicht immer gerechtfertigt ist. Aber nicht jedes Drehbuch und jede Rolle geben auch schauspielerisch genug her, um das Können zu zeigen. Johnny Depp war beispielsweise in zwei sehr unterschiedlichen Filmen zu sehen: als verrückter Hutmacher in Tim Burtons „Alice im Wunderland“ und in „The Tourist“. Dass der Top-Star damit nicht in die engere Wertung kommt, wird er verschmerzen können, zumal Jack Sparrow in diesem Sommer zurückkehrt und mit „The Rum Diary“ eine neue Hunter S. Thompson-Verfilmung („Fear and Loathing in Las Vegas“) in den Startlöchern steckt, die Depp wohl wieder grandios zu Gesicht stehen wird.
Anders als bei den Damen gab es auch 2010 wieder deutlich mehr Profilierungsmöglichkeiten für die männlichen Kollegen der Schauspielzunft. Das hat weniger damit zu tun, dass Schauspielerinnen weniger begabt sind, sondern nach wie vor mit der erheblichen Ungleichverteilung guter Rollen. Weibliche Hauptrollen, die einen Film tragen, sind nach wie vor die Ausnahme. Noch immer wird, zumindest an der Kinokasse, den Kollegen deutlich mehr Zugkraft zugetraut. Sandra Bullock mal ausgenommen.
Etliche Schauspieler waren im vergangenen Jahr in mehreren Rollen zu bestaunen: Jeff Bridges glänzte als Hippie-Soldat in „Männer die auf Ziegen starren“ ebenso wie als abgehalfterter Country-Sänger in „Crazy Heart“. Auch Ewan McGregor machte in „Der Ghostwriter“ eine gute Figur und wurde dafür mit Preisen ausgezeichnet. Doch für diese Top 5 hat es nicht gereicht.
Dass sich Blockbuster und großartige Schauspielleistung ausschlössen, ist zwar ein Vorurteil, aber für den Publikumserfolg wird häufig psychologische Tiefe gegen Action getauscht, damit es auf der Leinwand bloß nicht langweilig wird. Robert Downey Jr. gelingt es selbst im Action-Kino noch dem „Iron Man“ oder „Sherlock Holmes“ einen Charakter zu verleihen. Von seinen bösen Gegenspielern Mark Strong beziehungsweise Mikey Rourke mal ganz zu Schweigen.
Die großen Schauspielleistungen müssen nicht zwangsweise im psychologischen Drama zu finden sein. Auch körperlich lässt sich einiges ausdrücken und dem Schauspielern wird viel abverlangt. Aber genug der Vorrede: hier sind die
Top 5: Schauspieler 2010
5. Max Riemelt („Im Angesicht des Verbrechens“)
Der gerade 27jährige deutsche Schauspieler glänzte und überzeugte bisher vor allem in jugendlichen Rollen („Die Welle“, „Der rote Kakadu“). 2010 ändert sich das und Max Riemelt gibt in der Serie „Im Angesicht des Verbrechens“ einen engagierten Polizisten, der mit dem organisierten Verbrechen auch in der eigenen Familie konfrontiert wird. Eine Rolle, die deutlich erwachsener ist als alles, was der talentierte Riemelt bisher gespielte. Der „Wechsel“ ist damit nahtlos gelungen. Da kommt noch einiges auf das Publikum zu – nicht nur in 2011: „Tage, die bleiben“, „Urban Explorer“, „Schandmal“ und „Im Jahre des Hundes“.
4. Ryan Reynolds („Buried“)
Der „Sexiest Man Alive“ 2010 ist außerdem noch vielbeschäftigt: zur Zeit dreht Reynolds, der lange mit Erfolglosigkeit haderte, sechs Filme. Von Fans sehnlichst erwartet, kommt die „Grüne Laterne“ in diesem Sommer in die Kinos. Auf „Deadpool“ müssen Comic-Freunde leider noch länger warten (wenn das überhaupt mal was wird). Aber: Zwischendurch legt sich Ryan Reynolds in eine Holzkiste und bleibt dort über Filmeslänge eingesperrt. Das ist eine derbe Herausforderung für einen Darsteller, die Regisseur Cortés nur chronologisch abdrehen konnte. Ryan Reynolds meistert diese Extremsituation in „Buried“ eindrucksvoll und sehr glaubwürdig.
3. Mads Mikkelsen („Walhalla Rising“)
Streng genommen ist Mads Mikkelsens „Draco“ der einzige Grund, sich „Kampf der Titanen“ überhaupt anzusehen. Der ehemalige Bond-Gegner sollte damit nun auch in Hollywood angekommen sein. Als namenloser Einäugiger in „Walhalla Rising“ liefert der wortlose Mads Mikkelsen eine erstaunliche Performance ab. Vom Sklaven rauher Nordmänner zum Krieger in einer fremden Welt. Von Mikkelsen geht eine erstaunliche und tiefgründige Leinwandpräsenz aus. 2011 ist der wandlungsfähige dänische Superstar („Adams Äpfel“) in gleich vier großen Produktionen zu sehen, unter anderem in „Die drei Musketiere“ und „Clean Out“. Wann die Filme allerdings in Deutschland erscheinen ist fraglich.
2. Richard Jenkins („Ein Sommer in New York -The Visitor“)
Ich kann mich nicht erinnern, Richard Jenkins jemals nicht überzeugend gesehen zu haben, egal, ob in „Burn after Reading“, „Flirting with Desaster“ oder in „Kaltes Land“. Der erfolgreiche Theaterschauspieler ist einer der gefragtesten Nebendarsteller Amerikas, doch selten ist Jenkins in einer Hauptrolle zu sehen. Als verwitweter College-Professor Walter Vale in „Ein Sommer in New York – The Visitor“ wurde er folgerichtig 2008 für den Oscar nominiert. Hierzulande kam der berührende Film im letzten Jahr in die Kinos und zeigt nicht nur einen großartigen Richard Jenkins. „Man kann den Wind nicht fangen“.
1. Andrew Garfield („Das Imaginarium des Doktor Parnassus“)
Im vergangenen Jahr war der englische Schauspieler bei uns in drei sehr unterschiedlichen Produktionen zu bestaunen: Als arroganter Jungreporter Eddie Dunford in „Red Riding – Der Yorksire Killer 1974“, als Eduardo Saverin im Facebook-Film „The Social Network“ und als Anton in Terry Gilliams „Dokor Parnassus“ wusste Garfield zu überzeugen. Seit der grandiosen und preisgekrönten Darstellung in dem britischen Sozialdrama „Boy A“ läuft es für den 27-Jährigen, der eine tolle Vorstellung nach der nächsten abliefert. Im April startet das hochgelobte romantische Drama „Alles, was wir geben mussten“ mit Carey Mulligan und Andrew Garfield auch bei uns. Und allein die Tatsache, dass der Brite der neue Peter Parker ist, macht den „Spider-Man“-Reboot interessant. (Hier geht’s zum Spiderman-Trailer.)
Bei „Doktor Parnassus“ prangt Garfields Name wegen der ganzen Stars überhaupt nicht auf dem Plakat, dabei ist seine Rolle als Parnassus‘ Handlanger, der in dessen Tochter verliebt ist, ebenso wichtig wie die von Heath Ledger, der während der Dreharbeiten starb. Neben dem Star läuft Garfield zu beeindruckender Höchstform auf. Das hat mich umgehauen, ich bin ein Fan!