Nicht ganz koscher: Auf dem Weg in die Gemeinde

„Eine göttliche ‚Komödie“ ist der Untertitel dieser „Culture Clash“-Komödie, in der zwei deutsche Regisseure einen Juden und einen Araber durch die Wüste Sinai schicken. Das hat durchaus seine Momente, aber das Road Movie in heiliger Mission nimmt sich auch arg viel Zeit. Zu sehen im Kino ab dem 4. August 2022.

Da stratzt ein orthodoxer Jude am hellichten Tag in schwarzer Vollmontur durch die Wüste und aus dem Off liest er seinen Brief vor, der die ganze vermaledeite Geschichte nochmal auf den Punkt bringt. „Lieber Adel…“ hört man und wundert sich über den Erzählzeitpunkt, den die Geschichte gewählt hat.

Aber zurück zum Anfang. Die jüdische Gemeinde im ägyptischen Alexandria ist eine der ältesten überhaupt und war zu ihren Hochzeiten die bedeutendste jüdische Gemeinde in der Diaspora. Nun ist von den verbliebenen Gläubigen ein weiterer verstorben. Das bereitet der ohnehin kleinen Gemeinde arge Probleme, denn nur mit zehn Männern können die Juden Pessach, ein wichtiges religiöses Fest, feiern. Und der Zehnte hat sich gerade für immer verabschiedet.

Die Sache hat einen weiteren Haken: Sollte die Gemeinde in Alexandria keinen Pessach mehr ausrichten können, so geht der Besitz und der Boden an den ägyptischen Staat. Und vor der Türe stehen auch schon ägyptische Polizeibeamte. Da nützt es wenig, dass der Stadthalter und der Gemeindevorsteher Schachkumpel sind.

Nun denn, vom Schwager Yechiel in Jerusalem ist keine Hilfe zu erwarten. Der steckt selbst im Stress und wüsste nicht, wen man schicken könnte. Bis Ben (Luzer Twersky) aus Brooklyn auftaucht. Ben ist Yechiels Neffe, der von seinem Vater zur Heiratsvermittlung nach Jerusalem geschickt wurde. Der junge Mann hat darauf keine Lust, auch weil er sich in der amerikanischen Heimat schon heimlich in eine Nicht-Othodoxe verliebt hat.

Kurzentschlossen nimmt Ben die Mission an in Alexandria als zehnter Mann Pessach zu feiern. Doch mit den ganzen Speisen im Gepäck verpasst er den Flieger und eine abenteuerliche Reise beginnt. Irgendwann findet sich Ben allein mit dem „Falsche Fisch“ in der Wüste Sinai. Der vorbeifahrende Araber Adel (Hitam Omari) nimmt ihn mit, weil es das Beduinen-Gesetz der Wüste so verlangt. Aber erst muss Adel sein Kamel wiederfinden.

Es gibt Filme, bei denen muss das Publikum einfach die abstruse Prämisse der Handlung ungefragt akzeptieren, damit der Film seinen Charme entfalten kann. „Nicht ganz koscher“ gehört eindeutig dazu. So viel weltfremde Selbstvergessenheit wie Ben an den Tag legt, ist schwerlich überlebensfähig. Und in Zeiten moderner Kommunikations- und Transportmittel muss es schon mit dem Teufel zugehen, wenn der Gläubige in der Wüste landet.

Andererseits wurde auch Jesus in der Wüste vom Teufel in Versuchung geführt. Nachzusehen in der pittoresken Verfilmung „40 Tage in der Wüste“ mit Ewan McGregor. Nun ist auch eine heilige Mission, die ein Road-Movie eröffnet keine Neuheit mehr, und wurde bei den „Blues Brothers“ mit wesentlich mehr Verve ausgeführt. Bliebe noch die Odyssee der ägyptischen Polizeikapelle zu erwähnen, die in der mehr oder minder launigen Komödie „Die Band von Nebenan“ von Ägypten nach Israel unterwegs war und vom Weg abkam.

Nachdem der orthodoxe Fisch aus dem Wasser ist und auf seinen lebenserfahren Weggefährten trifft, entwickelt sich auch zwischen den beiden unterschiedlichen Charakteren, eine Dynamik der Annäherung. Darin gibt es durchaus schöne Momente. doch auch in diesem Bereich hat das Publikum schon durchaus charismatischere Anfreundungsprozesse gesehen. Wüste als Drehort ist schon atemberaubend schön, aber nur Landschaft trägt dann auch nicht über zwei Stunden Spielzeit.

Es bleibt sperrig wie der interreligiöse Dialog an sich. Die um Versöhnlichkeit und Harmonie bedachte Komödie kommt insofern typisch deutsch daher, als dass sie beinahe hasenfüßig jeglichen politisch inkorrekten Humor meidet. Und Adels Kamel hat ohnehin den lässigsten Gag im Film.

Da wäre sicher mehr drin gewesen. Der komplett weltfremde Protagonist kommt, wie zu erwarten war, schlechter mit dem Überleben zurecht, als der Araber mit der Toleranz. Die Rahmenhandlung sorgt bisweilen für Bremsspuren im Wüstensand. Die ohnehin schlurfende Komödie bekommt dann auch noch Sands ins Getriebe.

Film-Wertung: 5 out of 10 stars (5 / 10)

Nicht ganz koscher – Eine göttliche Komödie
OT: No Name Restaurant
Genre: Drama, Komödie, Road Movie
Länge: 121 Minuten, D, 2022
Regie: Stefan Sarazin, Peter Keller
Darsteller: Luzer Twersky, Hitam Omari
FSK: ab 6 Jahren
Verleih: Alpenrepublik
Kinostart: 04.08.2022