Daily Thompson – Chuparosa: Album-Review

Das Dortmunder Stoner Rock Trio Daily Thompson hat sich einen Traum erfüllt und ein Album in Seattle aufgenommen. Liest mensch ja überall. Stimmt bestimmt auch. Aber wenn ich genau hineinhöre in „Chuparosa“ ist da keine Stadt, da ist ein Ozean und eine Sehnsucht. Immer noch. Ab dem 17. Mai 2024 bei Noisolution Records. In allen Formaten. Pflichtkauf für Freund:innen harter Rockmusik. Mal wieder. Wie immer. Täglich grüßen Daily Thompson.

Alles Leben braucht Wasser. Auch das in der Wüste, auch das unter dem Fels. Kein Wunder also dass sich die Hälfte der neuen Songs mit Wasser beschäftigt, und ich zähle den Titelsong „Chuparosa“ dazu. Denn der botanisch „Justicia California“ benannte Wüstenstrauch „Chuparosa“ benötigt gleichfalls Wasser um in dem trockenen Umfeld mehr zu sein als nur Gestrüpp. Gelegentlich wird Chuparosa in arriden (trockenen) Gegenden auch als Zierstauch angepflanzt, weil der er so schön blüht und für Vögel attraktiv ist.

„The Sky abouve, the wind so mild

Eventuell auch für „Ghost Birds“, dem vorletzten und kürzesten Song auf dem Album. Oder für die Kolibris auf dem lässigen Extra-Cover der Club 100 Edition. Knackig und auf den Punkt, mit souveräner Stop-Motion-Dynamik groovt sich das Fuzz Monster mit Slide-Gitarre ins Hirn und in die Beine. „Sing along. Hey!“ Schon gewonnen. Aber das war ohnehin klar, weil sich der Schreiberling bereits während der Vorstellung von „Oumuamoua“ als Fan bekannt hat und der Band bereits zum Debut einen eigenständigen Sound attestierte.

A love so true will never die

Dieser wird auf „Chuparosa“ wie im Grunde auf allen Alben des Dortmunder Trios in unterschiedliche Richtungen ausgelotet und immer wieder kommen überraschende Aspekte dazu. Oder solche, die dem Musizieren eine speziellere Ausrichtung geben. Es sind inzwischen genug Buzz Words zum Sound und den Vorbildern von Daily Thompson verbraten worden. Die Band nennts „coole Musik mit Gesang“ oder „Fuzz Rock“. Belassen wie es dabei…

I’ve seen him here, i swirl around

…und betrachten die Aufnahmesessions mit und bei Produzent Tony Reed in Port Orchard an der Elliot Bay, die in den Pudget Sound mündet. Jene Pazifikbucht an der us-amerikanischen Westküste an der auch eine bekannte Metropole liegt. Bereits die Ian Gillan Band hat die majestätische Bucht auf dem zweiten Album „Mr Universe“ 1979 besungen. Und dort eine Sehnsucht nach Meer verspürt. Tony Reed seinerseits hat bereits das Daily Thompson Debut gemastert und seither besteht der Kontakt.

Gitarrist und Sanger Danny hat dann bei Gelegenheit einfach mal gefragt, ob das mit dem Aufnehmen eine Option ist? …und herausgekommen ist ein großartig produziertes Album. Da ist jedes Detail zu hören, die Kuhglocken sitzen so knackig wie die Slide Gitarre sleazy. Punch an der richtigen Stelle und gepflegt rollender Bass mit der majestätischen Kraft und einen Ozean zu tragen.

the sun in sight when you‘re down

Ich komm ja quasi von der Küste und bei „Diamond Waves“ muss ich regelmäßig flennen, bevor ich mit den Headbangen anfange. Der Song ist so wunderschön, brandet so frisch auf und steigert sich zu einem Epos sondergleichen. Das sorgt für Flashbacks zu „Three Days“, einem Alternative Rock Obelisken von Jane’s Addiction, veröffentlicht 1990 auf „Ritual de lo Habitual“. Man habe ich das Album und den Song gefeiert… Das „Liebeslied für den Ozean“ weckt in mir dieselbe Weite und dieselbe Sehnsucht.

i close my eyes and i can feel

Kaum zu glauben, dass sich die Band zunächst nicht sicher war, ob der Song zur Band passt, denke ich zuerst. Dann aber macht der Gedankengang schon Sinn, schließlich gibt’s eine Erwartungshaltung und auch ein Selbstverständnis des eigenen Musizierens. Umso selbstbewusster und schöner, dass Daily Thompson diese neuen Songs auch aufgenommen haben.

„Rain Dancer (from outta space)“ ist womöglich der typischste Daily Thompson Song und wurde bereits lange vor Albumstart als Video-Single veröffentlicht. Groovy Stoner Rock mit psychedelischem Mittelteil und sehr schweren Riffs. Beeindruckend ist auch der fette Bass. Selten hat Mercedes aka Mephi so bockstark geklungen.

the women cry, so unreal

Blieben noch der Album Opener „I’m Free Tonight“, auch bereits als Video-Single ausgekoppelt und irrwitzig breit rockend. So eine Gitarrenwand musste erstmal mauern. Und das anschließende “Pizza Boy“ mit beinahe doomigen Gitarrensound und nackenbrechender Riffigkeit ebenfalls. Bei den Lyrics „There she goes“ mag mensch sich fragen, ob der Lieferjunge in eine Kundin schockverliebt ist, oder ob ihm schlicht die Pizza abglitscht. Dannys Vocals werden von Mercedes Sprechgesang hinreißend und thematisch löckend kontrastiert.

the ocean sighs and new days dawn

Dass gegen Ende von „Chuparosa“ dann erneut Mephis Vocals einsetzen hat einen wunderbaren Überraschungseffekt und sorgt für eine saucoole musikalische Wendung und eine weitere Verbeugung vor musikalische Heldinnen.

long for your touch as i carry on

Eigentlich braucht die Band keine Reviews mehr. Die sind längst jenseits der Kritiker-Bubble angekommen und mir fällt auch bald nix mehr ein. Außer dem „Spinal Tap“-Kalauer mit den Drummern. Aber ich will hier auch nix beschreien und Thorsten Stratmann haut mächtig rein und steht der Band gut zu Gesicht.

(„Diamond Waves“)

Eins will ich an dieser Stelle noch was loswerden: Daily Thompson und Noisolution scheint ein Match made in Heaven (or the german rock underground) zu sein. Es wirkt, als hätte die Band hier nach karriere-anfänglichen Tasten in Kreuzberg einen Hafen gefunden, um sich volle Kanne aufs Wesentliche konzentrieren zu können. Ansonsten wäre so viel hochwertiges musikalisches Output schon rein orgamäßig nicht im Bereich des Möglichen.

An dieser Stelle auch ein Prost an das Promo-Department für folgendes Q&A: „Wie weit die Lessingstraße in Dortmund von der Wahsington Avenue in Seattle entfernt ist? Keine 37 Minuten…“Das ist eines der knackigsten und hintersinnigsten und flottesten Statements, die ich seit Langem gelesen habe. Kein Wunder, dass die Club 100 Ausgabe so schnell ausverkauft war wie der „Ghost Bird“ fliegt.

Es ist absolut überraschen mit welcher Beständigkeit Daily Thompson Alben und Songs abliefern, die auch nach arg schwerer Rotation noch weiter wachsen. Da macht „Chuparosa“ keine Ausnahme. Die Band war schon immer geil und zeigt wieder einmal neue Facetten, die einem einfach nur das Herz aufgehen lassen. So wie der titelgebende Wüstenstrauch nach Wässerung mit wunderschöner Blütenpracht bezaubert. Klasse Album…und es klingt wirklich sehr geil.

Album-Wertung: 9 out of 10 stars (9 / 10)

Daily Thompson: Chuparosa
Genre: Stoner, Fuzz Rock
Länge: 36 Minuten, (6 songs), D, 2024
Interpret: Daily Thompson
Label: Noisolution
Format: Vinyal, digital, CD
VÖ: 17.05.2024

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Bandcamp mit Daily Thompson
Daily Thompson im Noisolution Shop

Und hier die aktuellen Tourdaten Frühsommer 2024 ff

14.05.2024 DE – Hamburg – Bahnhof Pauli *
15.05.2024 DE – Bielefeld Forum / Bielefeld *
18.05.2024 DE – FR – Lille – Wasquehal *
20.06.2024 DE – Dresden – Chemiefabrik **
21.06.2024 DE – Erfurt – VEB Kultur **
23.06.2024 DE – Hannover – Mephisto **
24.06.2024 DE – Berlin – Neue Zukunft **
25.06.2024 DE – München – Feierwerk **
27.06.2024 DE – Köln – Club Volta **
28.06.2024 DE – Aschaffenburg – Colos-Saal **
29.06.2024 DE – Siegen – Vortex ***w/ Brant Bjork

20.07.204 DE – Dortmund – Bunt oder Blau Festival
07.08.2024 PRT – Ancora – Sonic Blast Fest
17.08.2024 DE – Stemwede – Open Air Stemwede
31.08.2024 DE – Rietberg – Getoese Festival

  • w/ Brant Bjork
    ** w/ The Great Machine

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