Das Dortmunder Doom bzw Stoner Trio Scorched Oak legt mit „Perception“ ein zweites Album vor. Endlich, möchte mensch meinen, da der Vorgänger bereits von 2020 ist, aber die Covid-Pandemie hat ja doch Einiges auf Eis gelegt. Insofern alles im Lot und auch auf „Perception“ fährt der Sound in die Glieder wie der Blitz in die gesengte Eiche. Ein wuchtiges Album das seit dem 22.März 2024 im Eigenvertrieb erscheinen ist.
Scorched Oak waren mit tatsächlich keine Unbekannten, als mich die digitale Rezensionsauflage von „Perception“ erreichte. Das liegt auch daran, dass der Plattenhändler meines Vertrauens ein leidenschaftlicher Metal Head ist. Insofern hat mit Chris aus der Plattenkiste Hamburg das Vorgängeralbum „Withering Earth“ von 2020 schon seinerzeit wärmsten s empfohlen, weil es in mein Beuteschema passt.
Scorched Oak kommen aus Dortmund und machen seit 2016 zusammen Musik. Das Trio besteht aus Schlagzeuger Freed, Gitarrist und Sänger Ben und Bassistin und Sängerin Linda. Vor dem 2020 erschienenen, etwas bluesigeren und etwas verspielteren Debüt ist noch eine EP veröffentlicht worden. Scorched Oak haben sich in die Rinde der Eiche geritzt alle Belange des Musizierens und Vermarktens in der eigenen Hand zu behalten. Dieser DIY (Do it Yourself) Ansatz ist löblich und ziemlich Underground, mag aber auch dazu beitragen, dass die Band immer noch als Geheimtipp gilt. Obwohl längst über den Status der Lokalmatadoren hinaus, scheint die breite Bekanntheit noch auf sich warten zu lassen. Aber ausgedehnte Touren sollen kommen. Widmen wir uns der Musik.
Verzerrte Wucht und gesangliche Perspektiven
Auf „Perception“ geht es heavy und weitgehen in mäßigem Tempo voran. Das hat durchaus sein genrebedingen Setzungen und bewegt sich zwischen Doom Metal und Stoner Rock. Und weil diese Genrefloskeln mal wieder irgendwo rumfliegen, wird es direkt präziser. Für Stoner Rock ist der Gitarrensound zu Metal. Der verzerrte Bass mag gerade noch durchgehen und beizeiten zum Stoner gehören, aber auch Bens Gesang nahe am Growl, wenn nicht gar mittendrin, hat eher was mit Crust und Sludge am Hut. Und, schlauer, liebe Leser:innen?
„Perception“ huldigt dem Heavy Rock und dabei geht es immer und zuförderst um Schub. Den Druck, den die Band auf die Ohren bringt. Im Digitalen Album waren in 39 Minuten sechs Songs enthalten, auf Bandcamp fand ich noch einen siebenten. „Wizzard“ wird dort als Bonus-Song deklariert. Fragt sich wofür? Wahrscheinlich scheint mir, dass die Vinylausgabe aufgemotzt wurde. Sollte dem so sein, wäre es stimmig den Song ebenfalls in den Download zu integrieren. Ansonsten ist ein digital verfügbarer Song nicht wirklich exklusiv. Aber was weiß ich schon? Ich bin wahrscheinlich nur neidisch, dass ich den Song gerade erst entdeckt habe. (und zugegeben: er passt nicht so recht in den Album-Flow).
„Take the Blindfold off“
„Delusion“ (Täuschung) eröffnet das Album mit ruhiger Gitarre. Dann kommen Schlagzeug und Bass dazu und gemeinsam machen sich die Drei auf den Weg. Hypnotische Grooves und leichte Tempoverschärfung bis es nach zwei Minuten explodiert. Dann hauen Scorched Oak auch gleich ein so typisches Duett raus, das bei den ersten nackenbrechenden Durchläufen einfach hingenommen wird. Ob der instrumentalen Wucht kommt die Erkenntnis einfach erst später, wie geil der abwechselnde Gesang ist . Über 8 Minuten werden Tempi variiert und Riffe geschubbt. Starker Opener.
„Mirrors“ haut dann in die Doom Kerbe und der fast sirenenhafte Gesang von Linda beißt sich fest, bis die Band wieder das Tempo rausnimmt und bluesig verspielt Texturen auslotet. Das erinnert am ehesten an das vorangegangene Album. Die ebenfalls knapp 8 Minuten steuern auf ein fulminantes Finale zu. „Relief“ mag es dann knackiger und schweinerockt ziemlich brazzig, was Bens Gesang sehr entgegenkommt. Zweistimmiger Refrain, ein paar instrumentale Passagen, aber im Wesentlichen eine gerade Angelegenheit.
„Echos“ beginnt mit verzerrtem Bass und bluesiger Gitarre vergleichsweise klarem, melodischem Gesang von Linda und dann rocken Scorched Oak relativ klassisch und hart los. Da kommen fast Hippie-Vibes durch; fast. Vielleicht die melodischste Nummer auf dem Album.
„Let the Blackness rise in your soul“
Der Wind pfeifft und heult durch das Intro von „Reflections“. Dann packt Ben ein feistes Doom-Riff aus und die Band reitet groovy dem Sonnenuntergang entgegen. „Oracle“ beschließt das Album. Erneut mit ruhigem Intro, guter Laut-Leise-Dynamik und ausgedehnten Instrumentalpassagen. Und guten Vibes. „Wizzard“ um nochmal kurz drauf einzugehen, ist ebenfalls eher straight gehalten, ziemlich räudig und hat mit Click und Riff beinahe punkige Ausstrahlung, zumindest aber so Pub-Qualitäten.
Was noch zu sagen wäre: Zum einen: Das Cover zeigt eine kapuzengewandete Fantasygestalt vor einem Treppenlabyrinth, dass aussieht wie bei M.C.Escher. Da kommt es mit der Wahrnehmung schon mal ins Schlingern. Aber ein schönes Motiv, dass in seiner Optik auch stimmig zur Musik passt. Zum anderen: Auf dem Vorgänger, der ebenfalls mit schlichten Ein-Wort-Songtiteln aufwartet, die aber unterschiedliche Weltaspekte beschreiben, gab es mit „Desert“ eine 14 minütiges Epos, das schon ziemlich beachtlich war. solcherlei Überentwurf kommt auf Perceptions nicht vor. Alles ein bisschen dichter, ein bisschen knackiger. Mehr auf den Punkt.
„Perceptions“ ist ein stark produziertes und wuchtiges Stück Heavy Rock geworden, dass mit den beiden singenden Seitenartist:innen ein echtes Alleinstellungsmerkmal am Start hat. die Band entwickelt sich. Aktuell sind Scorched Oak etwas doomiger, etwas Metal-mäßiger Unterwegs als auf dem Vorgänger. Beides steht dem Trio gut zu Gesicht.
Album-Wertung: (7 / 10)
Scorched Oak: Perception
Genre: Doom Metal, Stoner Rock,
Länge: 39 Minuten (6 Songs)
Interpret: Scorched Oak
Label: Scorched Oak Records
Vertrieb: Selbstvertrieb
Format: Vinyl, Digital, CD,
VÖ: 22.03.2024
Scorched Oak homepage (mit Shop)
Bandcamp von Scorched Oak
Scorched Oak auf Instagram