Catch The Killer: Amok und Gerangel

Am Silvesterabend tötet ein Amokschütze in Baltimore viele Menschen. Der amerikanische Thriller „Catch The Killer“ hat sicher nicht den originellsten Titel, aber genau darum geht es in dem zwei Stunden langen Film. Mit Shailene Woodley in der Rolle einer einfachen Polizistin, die zu den Ermittlungen hinzugezogen wird. Der Thriller wird an 19.1.2024 für das Home-Entertainment veröffentlicht.

An Silvester wird die junge Streifenpolizistin Eleanor (Shailene Woodley) in ein Diner gerufen, wo der Betreiber eine trinkende ältere Dame vor die Tür setzen will. Doch als die Polizistin über ihren Funk hört, dass gerade ein Amokläufer in ihrer Nähe etliche Menschen hinrichtet, gibt es einen guten Grund, die Dame sitzen zu lassen. Eleanor begibt sich zu einem Tatort. Dort sind die Forensiker schon damit beschäftigt die Herkunft der Schüsse zu ermitteln. Doch die leerstehende Wohnung, aus der geschossen wurde, explodiert in jenem Moment.

In der Wohnung vergisst die neugierige Polizistin eine Gasmaske zu tragen und wird im Rauch ohnmächtig. Dem inzwischen eigetroffenen FBI-Agent Lammark (Ben Mendelsohn, „The Dark Knight Rises“, „Killing them softly“ ) fällt die Beamtin mit dem wachen Blick auf. Als Lammark die Ermittlungen aufnimmt, holt er Eleanor als Verbindung zur Baltimore Polizei ins FBI-Team.

„29 Opfer. Jeder Schuss ein Treffer.“

Eine zähe Suche nach Anhaltspunkten beginnt und Eleanors Fähigkeit sich in den Täter hineinzuversetzen scheint das Team zu bereichern. Doch Lammark ist als leitender Ermittler nicht unumstritten. Dem Bürgermeister von Baltimore geht die Suche nicht schnell genug, und beim FBI bringen sich andere leitende Agenten in Stellung, um die Ermittlungen zu übernehmen und schnell Ergebnisse zu liefern. Vorerst bleiben die Fragen, wie der Täter in die leer stehende Wohnung kam und wieso er so akribisch vorbereitet war?

„Catch a Killer“ ist ein düsterer Polizei-Thriller, vielleicht eher ein Krimi, in dem etliche Elemente irritieren, der aber letztlich auch nach einer Spannungslogik funktioniert. Und ausgerechnet die bleibt im Laufe des Films immer wieder mal auf der Strecke. So haben sich beispielsweise meine Frau und auch viele der amerikanischen Kritiker:innen daran gestört, dass die Tätersuche nicht packend genug sei. Kein Wunder, denn der Täter bleibt sehr lange ein Unbekannter.

„Wir treten auf der Stelle. Wer ist dieser Killer?“

Stattdessen wird das Publikum mit einem verstörenden Gewaltverbrechen konfrontiert und darf hinterher der ermüdenden Spurensuche zusehen. Die allerdings entwickelt eine ganz eigene Dynamik und Psychologie an der ich persönlich und auch viele der deutschsprachigen Kritiker:innen so meine filmische Freude hatte. Selbst wenn Frau Woodley in der Hauptrolle nicht immer überzeugend agiert.

Die Rüffel für Eleanor am Tatort sind berechtigt. Ihr Chef moniert, dass sie durch unprofessionelles Verhalten medizinische Kräfte binden würde, die in der Stadt gerade dringlich gebraucht würden. Andererseits war sie geistesgegenwärtig genug, die Bewohner des Hochhausen zu filmen, die nach der Explosion in der „Täterwohnung“ das Gebäude verließen. Es könnte ja der Täter darunter sein. Genau dieser Impuls bringt ihr dann die Arbeit fürs FBI ein.

Lammark wiederum ist extrem darauf bedacht, dass niemand seine Kompetenzen unterwandert. Eleanors Kollege Jack (Jovan Adepo) meint, das sei auch notwendig und nicht paranoid. Die Zusammenarbeit läuft nicht gerade reibungslos und Erfolge stellen sich auch nicht ein. Beide, Eleanor und Lammark, haben so ihre Macken und ihre Vorgeschichte, die sie zu Außenseitern macht.

Das alles ist stimmig und düster gefilmt und geht als starkes Psychogramm im kriminalistischen Kontext durch. Hauptdarstellerin Woodley („Divergent“, Decendents“) hat den Film zusammen mit Regisseur Szifron („Weird Tales“) auch produziert. Szifron hat auch das Drehbuch mitentwickelt. Sein englischsprachiges Filmdebüt fällt also durchwachsen aus. Wobei es stark darauf ankommt, ob das Publikum Spannung oder Psychologie anschauen will. In letzterer Hinsicht überzeugt „Catch the Killer“.

Keine Verdächtigen. Jede Spur führt ins Nichts.

Man kann durchaus unterschiedlicher Meinung sein, ob das Verbrechen in dieser Deutlichkeit und Menschenverachtung inszeniert werden musste. Weniger Opfer hätten es auch getan und im Filmverlauf bliebt es misanthrop, denn der Killer wird zunehmend in die Enge getrieben. Die Ausgangsituation erinnert schon ein wenig an „Jack Reacher“, als Tom Cruise die vermeintlichen Taten einen ehemaligen Militärscharfschützen untersuchen soll. Aber „Catch a Killer“ entwickelt sich in eine andere Richtung.

Auch hat der Film im Grunde wenig zu tun mit typischen, genreüblichen Tätersuchen, so genannten „Manhunts“. Statt die filigranen, aber arbeitsaufwändigen Ermittlungsschritte akribisch und realistisch ins Bild zu setzen, dekonstruiert „Catch a Killer“ das Kompetenzgerangel und die Befindlichkeiten der Beteiligten. Das zeigt vielmehr ein Nicht-Funktionieren der Behörden. Und darin auch durchaus eine empfindliche, wenn auch nicht verallgemeinerbare, Gesellschaftskritik. Den Rest mag jede:r selbstsehen.

Im amerikanische Thriller „Catch the Killer“ ist der Titel Programm. Das ist in Sachen Handlung nicht immer sonderlich originell und lässt bisweilen Spannung vermissen. Aber die Mörderjagd transportiert nicht nur unterschwellig das Psychogram einer verqueren Ermittlung. oder auch die Anatomie einer Behörde. Darin ist „Catch the Killer“ sehr kaltblüt und überzeugend.

Film-Wertung: 7 out of 10 stars (7 / 10)

Catch The Killer
OT: „Misanthrop“ aka „To Catch a Killer“
Genre: Thriller,
Länge: 114 Minuten, USA, 2023
Regie: Damián Szifron
Darsteller:innen: Shailene Woodley, Jovan Adepo, Ben Mendelsohn,
FSK: ab 16 Jahren
Vertrieb: Tobis, Leonine
Kinostart: 05.10.2023
Digital-VÖ: 11.01.2024
DVD- & BD-VÖ: 19.01.2024