Killing Them Softly: Mikroökonomie und Kugelballett

Weil ich doch gerade bei James Gandolfini hängengeblieben war, als ich „Not Fade Away“ aus dem Archiv gezogen habe. Hier eine weitere Filmperle, die der viel zu früh verstorbene Darsteller mit seiner Anwesenheit adelt: „Killing Them Softly“ vom 2012. Vordergründig ist die rabenschwarze Gangsterkomödie eine simple Geschichte, doch durch eine geschickte Inszenierung wird aus dem kultigen Thriller auch eine zynische Abrechnung mit der Finanzwirtschaft. In „Killing Them Softly“ wird einem die Spekulationsblase mal ganz handfest und mit grandioser Besetzung verständlich eingeprügelt.

Der Plan ist ganz einfach: Der kleine Gauner Frankie (Scott McNairy) kriegt einen Insider-Tipp, um an leichtes Geld zu kommen. Er soll ein illegales Pokerspiel überfallen, das vom Syndikat veranstaltet wird. Der Clou daran: Veranstalter Markie (Ray Liotta) wurde schon mal ausgeraubt. Seitdem hält sich das Gerücht, er selbst hätte den Überfall veranlasst. Mit ziemlich großer Wahrscheinlichkeit würde der Verdacht wieder auf Markie fallen. Frankie holt seinen cracksüchtigen, ziemlich ausgebrannten Kumpel Russel (Ben Mendelsohn) mit ins Boot und gemeinsam räumen die beiden die Pokerrunde aus.

Doch damit geht der ganze Ärger erst los. Zwar fällt der Verdacht auf Markie, aber das Syndikat heuert einen Killer an, der der Sache mal auf den Grund gehen soll. Jackie (Bratt Pitt) ist sowohl aalglatt als auch durchtrieben und heuert für den Job selbst einen Spezialisten von außerhalb an. Als Mickey (James Gandolfini) dann eintrifft, hat der Spezialist mehr Interesse an Nutten und Alkohol als an seinem Job. So langsam wird das Syndikat ungeduldig und deren Mittelsmann (Richard Jenkins) macht Jackie mächtig Druck.

Von der ersten Filmsekunde an laufen in der Thrillerkomödie „Killing Them Softly“ Wahlkampfreden und Wirtschaftskommentare als Offtext, im Autoradio oder in dem Fernseher in der Bar. Leider ist in der deutschen Fassung allerdings Obamas Originaltext ebenso synchronisiert wie auch viele der anderen Wirtschaftskommentare. Das nimmt dem Film ein wenig von seiner Wirkung. In Amerika herrscht Aufbruchsstimmung und zugleich die größte Finanzkrise seit langen, Immobilien verlieren an Wert, Obama steht kurz vor der Wahl, es ist schwer da den Durchblick zu behalten.

Regisseur Andrew Dominik inszeniert die Verfilmung des Thriller-Klassikers „Cogan’s Trade“ (1974) von George V. Higgins in einem modernen Ambiente. Mitten im New Orleans, das sich drei Jahre nach dem Wirbelsturm Katrina noch immer nicht von den Schäden erholt hat, haben sich das Syndikat und die Kleingauner ihre Nische gesucht. Das alles gibt dem toughen, schwarzhumorigen Gangsterthriller eine bissige, ja fast zynische Subebene, die an dem Zustand der USA kaum ein gutes Haar lässt.

Zuschauer können die Geschehnisse gepflegt unterschwellig auf sich wirken lassen, wenn sich die beiden Taugenichts von einem Fettnäpfchen ins nächste manövrieren, dass es selbst einem selten coolen Bratt Pitt in der Seele wehtut. Und nebenbei bemerkt gibt Ben Mendelsohn eine der besten Rollen seines an starken Auftritten nicht armen Karriere. Zimperlich geht es in der schwarzen Gangsterstory nicht zu und zu den derben Sprüchen kommt auch noch eine Schippe überspitze Gewalt, aber das trägt alles nur zu einem stimmigen und höchst unterhaltsamen Film bei.

Hauptdarsteller Brad Pitt hat „Killing Them Softly“ auch produziert und dafür den Regisseur Andrew Dominik ins Boot geholt, mit dem er 2007 auch den hochgelobten Western „Die Ermordung des Jesse James durch den Feigling Robert Ford“ gedreht hatte. Dominik hat ein exzellentes Drehbuch geschrieben und eine wirklich feine, dramatisch hochkarätige Besetzung zusammen, die wahrscheinlich auch ohne jegliche Handlung auf der Leinwand begeistern würde.

Das Bonusmaterial der Home Entertainment Ausgaben fällt mit einem kurzen Behind the Scenes und einigen verlängerten Szenen, die nicht sonderlich erhellend sind allerdings nicht gerade nennenswert aus. Dem sehr sehenswerten Film tut das wenig Abbruch. Und so exerzieren Regisseur und Drehbuchautor Andrew Dominik und Produzent Brad Pitt ein mikroökonomisches Exempel durch, bei dem es eigentlich keine Gewinner gibt. Dafür aber jede Menge Dialog, der bisweilen sophistisch, nonchalant oder witzig ausfällt.

Die Thriller-Komödie „Killing Them Softly“ ist nichts für Feingeister. Die bitterböse, schwarzhumorige Gangstergeschichte mit Superstar Brad Pitt ist einer der originellsten Genrebeiträge von 2012. Wer sich bei Quentin Taraninos Ausflügen in die Unterwelt wohlfühlt, kommt auch hier auf seine Kosten.

Film-Wertung: 7 out of 10 stars (7 / 10)

Killing Them Soflty
OT: Killing them Soflty
Genre: Thriller, Gangster, Drama
Länge: 101 Minuten, USA
Regie: Andrew Dominik
Darsteller: Scott McNairy, Brad Pitt, James Gandolfini, Ben Mendelsohn,
FSK: ab 16 Jahren
Vertrieb: Leonine
Kinostart: 29.11.2012
DVD- & BD-VÖ: 17.05.2013