„Unerwartete Reisepläne sind die Tanzstunden Gottes“, wusste Bokonon, der von Kurt Vonnegut erfundene Prophet, in „Katzenwiege“. Aktuell ist Urlaubszeit, was liegt da näher, als die Leserschaft mittels Archivanregungen auf cineastische Reisen schicken. Dabei wird es fantastisch, urban, brutal, exotisch und abwegig. Der dritte Road Movie dieser kleinen Reihe ist ein Kleinod des Motorradfilms. Hatte prominente Fürsprecher, ist ein absolutes Spartenprodukt und definitiv archaisch. „Hell Ride“ erschien 2009 das Home Entertainment Premiere. Das Kinopublikum wäre wohl auch überschaubar gewesen.
Larry Bishop ist sowas wie eine Ikone des Bikerfilms. Das gehört beileibe nicht zur Allgemeinbildung, aber es hilft zu verstehen, was „Hell Ride“ ausmacht und warum der Film nur für Motorradfans und Tarantino-Liebhaber sehenswert ist. Selbst wenn die Biker-Saga „Sons Of Anarchy“ diesen Lifestyle bekannter gemacht hat.
„Hell Ride“ war Larry Bishop eine Herzensangelegenheit. Nachdem Kultregisseur Quentin Tarantio, dessen Vorliebe für trashige Genrefilme ja bekannt ist, einen Kontakt zu Bishop herstellte und diesen damit beauftragte den ultimativen Biker-Film zu drehen, begann der Regisseur und Drehbuchautor parallel zu den Dreharbeiten von Tarantinos „Kill Bill“ an der Filmidee zu arbeiten.
Letztlich ist die Handlung schnell umrissen und auch beinahe nebensächlich: Der junge „Comanche“ (Eric Balfour) fährt mit der Biker Gang seines toten Vaters, den Victors, durch die Gegend, um die rivalisierende Motorrad-Gang „666“ aufzumischen. Die haben einst Comanches Mutter brutal ermordet und der Junge will Rache. Auch der Präsident der Victors, Pistolero (Larry Bishop), hat der Mutter des Jungen einst ein Versprechen gegeben. Doch nicht alle der Biker spielen mit offenen Karten.
Das hört sich jetzt nach mehr an, als es letztlich ist. Der einzige Sinn und Zweck der Handlung dieses Genrebeitrags ist es, einen szenischen Rahmen für die „drei großen B’s“ des Rockerfilms abzugeben. Im Fall von Hell Ride wird dabei fast ein „4 B“-Film draus. Zu Beer, Boobies (mit Möpsen wohl ganz freundlich übersetzt) und Bikes gesellt sich noch die Brutalität. In den 1960ern und 1970ern war man da etwas zurückhaltender, wohl auch, weil die visuelle Reizüberflutung noch nicht so stark war.
Für Motoradfans, gerade solche von amerikanischen Bikes, ist „Hell Ride“ gute Unterhaltung. Alles was Spaß macht, wird solide und stilecht in Szene gesetzt. Die Bikes sind sehenswert. Doch für Leute die sich damit nicht begnügen wollen, bietet „Hell Ride“ im Wesentlichen die üblichen Verdächtigen (Dennis Hopper, Michael Madsen, Vinnie Jones und David Carradine), die sich dabei gefallen, vor der Kamera mehr oder minder cool zu agieren. Markige Sprüche und nacktes Fleisch. Viel Attitüde, die zugegebenermaßen recht authentisch wirkt, sofern sich das von einem DVD-Abend im heimischen Sessel beurteilen lässt.
Auch das DVD-Beiprogramm kann sich sehen lassen, viele Extras zu den drei großen Bs und einige interessante Interviews runden den „Hell Ride“ ab. Irritierender Weise, war für mich das Bonusmaterial deutlich interessanter als der Film selbst, meist ein untrügliches Zeichen, dass das nichts für Muttis Sohn war. Und Larry Bishop bringt es auf den Punkt, wenn er (sinngemäß) sagt: Wenn du einen Bikerfilm machst und deine Familie redet hinterher noch mit dir, hast du etwas falsch gemacht.
Ich bevorzuge, wenn‘s um Motorradfilme geht immer noch „Easy Rider“. Meinetwegen auch „Made of Steel – Hart wie Stahl“ mit Charlie Sheen, da gibt’s mehr Handlung um einen Undercover-Cop. Was den Trashfaktor angeht, fühle ich mich mit den alten Russ Meyer-Filmen „Motorpsycho“, „Mudhoney“ und „Faster Pussycat, Kill Kill“ deutlich besser unterhalten.
„Hell Ride“ ist ein Genre-Film und nur für die Zielgruppe empfehlenswert, dann wohl sogar ziemlich gut. Alle anderen sollten nicht zuviel erwarten. (wenn sie den Film je zu Gesicht bekommen…)
Hell Ride
OT: Hell Ride
Genre: Motorrad, Action, Drama
Länge: 84 Mimnuten, USA, 2008
Regie: Larry Bishop
Darsteller: Eric Belfour, Larry Bishop, Michael Madsen, Dennis Hopper,
FSK: ohne Jugendfreigabe
Vertrieb: Senator
Kinostart: kein Kinostart
DVD-VÖ: 01.05.2009