Demnächst ist in Bayern Landtagswahl und das Oktoberfest bietet der Politprominenz bereits genügend Auftrittsfläche. Im #bildungsherbst bei brutstatt ist das eine gute Gelegenheit eine italienische Politsatire vorzustellen. „Viva la Libertà“ kam 2014 hierzulande in die Kinos. In der klassischen Doppelgänger-Komödie gibt Toni Servillo höchst sehenswert einen verschwundenen Politiker – und sein Double.
In Italien steckt die Opposition – mal wieder – in der Krise. Parteichef Oliveri (Toni Servillo) zieht sich immer weiter zurück. Seine Berater und Parteikollegen verzweifeln darüber. Ausgerechnet wo sie Führung und Richtung brauchen. Dann verschwindet Oliveri eines Nachts und löst Hysterie unter den eingeweihten Parteibossen aus. Ein Berater erinnert sich aber, dass Oliveri einen Zwillingsbruder hat.
Jener Oliveri gilt als mental angeschlagen und vertritt zwar eine andere politische Ansicht. In der Not frisst der Teufel Fliegen und so überredet man Giovanni Ernani (ebenfalls Toni Servillo) kurzzeitig in die Rolle des Oppositionsführers zu schlüpfen. Ernani nimmt hocherfreut an und wirbelt das Politikgeschehen durcheinander. Währenddessen hat sich der Politiker-Bruder in Paris bei einer alten Freundin einquartiert. Dort erholt sich Oliveri bei nostalgischen Erinnerungen und seiner Liebe zum Film.
Eineiige Zwillinge
Toni Servillo gehört spätestens seit seiner Paraderolle als Ministerpräsident Andreotti in „Il Divo“ zu den Charakterdarstellern Italiens. „Viva La Libertà“ ist voll auf seine doppelte Präsenz zugeschnitten. Über weite Strecken verfangen Charme und Präsenz des Schauspielers auch und tragen die Politsatire. Die Geschichte an sich kommt etwas behäbig daher und der gemessene Stil der Erzählung sorgt für eine gewisse Ernsthaftigkeit bei der Annäherung an das politische Italien. Gleichzeitig geht Tempo verloren und eine turbulentere Inszenierung hätte nicht geschadet.
Und Filmmacher Roberto Andò ein alter Hase im Geschäft. Was als Comedyshow häufig als Gagfeuerwerk brilliert, verliert oft an Charme wenn es in fortlaufende Handlung gepresst wird. „Viva La Libertà“ gelingt es eindeutig den italienischen Politbetrieb ordentlich auf die Schippe zu nehmen. Aber gleichzeitig steht das Portrait eines ausgebrannten Politikers genauso im Brennpunkt des Films.
Während der philosophierende Bruder die Lacher auf seiner Seite hat, herrscht in Enrico Oliveris Leben die Ernüchterung vor. Er weiß um seine Defizite als Politiker, um die heimlichen, parteiinternen Scharmützel und um seine Unfähigkeit die Regierung bei der nächsten Wahl abzulösen. Es bleibt nur die Flucht ins Private. Und Regisseur und Autor Roberto Andò gelingt am Schluss noch eine überraschende Wendung.
Abweichende Ansichten
Das Hohelied auf die Freiheit kommt als klassische Doppelgängerkomödie daher und ist trotz des aktuellen Themas Politikverdrossenheit etwas zu bieder ausgefallen. Filmisch ist „Viva La Liberà“ eher eine kleinere Produktion. Die zwar vor dem großen internationalen Erfolg der Komödie „La Grande Belezza“ gedreht (und in Italien auch vorher veröffentlicht wurde), international nun aber auf der Erfolgswelle der „Großen Schönheit“ reitet.
Im direkten Vergleich, sofern dieser denn zulässig ist, verliert die Freiheit auf ganzer Linie. Außerdem muss sich „Viva La Libertà“ trotz deutlich politischerer Ausrichtung auch mit anderen Doppelgängerkomödien vergleichen lassen, die hierzulande zu sehen waren; wie etwa mit „Der Job seines Lebens“ (mit Wolfgang Stumph 2003), oder der TV-Serie „Schulz und Schulz“ mit Götz George und auch mit dem romantischen Amerikanischen Klamauk „Dave“ (1993) in dem Kevin Kline dem US-Präsidenten ein offizieller Doppelgänger wird. Auch in dieser Hinsicht ist Andòs Film kaum außergewöhnlich.
„Viva La Libertà“ ist zwar sehenswert, aber neu ist das alles nicht. Aufgrund der Betulichkeit kommt bisweilen die Leinwandtauglichkeit abhanden. Politsatire ist im Film ein schwieriges Geschäft. Dabei verfilmt der italienische Regisseur seinen eigenen Roman. Mit Hauptdarsteller Toni Servillo hat „Viva la Libertà“ einen großartigen Akteur aufzubieten. Servillo füllt die Doppelrolle als Politiker und Philosoph sehenswert aus.
Film-Wertung: (5 / 10)
Viva la Libertà
OT: Viva la Libertà
Genre: Komödie, Drama
Länge: 94 Minuten, I, 2013
Regie: Roberto Andò
Darsteller:innen: Toni Servillo, Valerio Mastandrea, Valeria Bruni Tedeschi
FSK: ab 0 Jahren, ohne Altersbeschränkung
Vertrieb: Indigo, Arsenal
Kinostart: 13.01.2014
DVD-VÖ: 22.08.2014