Magick Touch – Cakes & Coffins: Album Review

Wer tippen kann ist klar im Vorteil. Hatte ich doch bei der Recherche zu Magick Touch das magische K vergessen und bekam diverse Showbands und Reggae angeboten. War aber nicht Sinn der Suche, sondern das norwegische Heavy Metal Trio Magick Touch, das bei Edged Circle Productions am 19. Mai 2023 Album Nummer Vier auf den Markt bringt. „Cakes & Coffins“ ist nach Selbsteinschätzung der Band düsterer und politischer ausgefallen. Zum Headbangen ist das Album dennoch bestens geeignet.

Bereits das düster gehaltene Cover mit dem skizzierten, geritzt wirkenden Motiv unterscheidet sich vom bisherigen Schaffen von Magic Touch. Auf dem Cover schält sich ein wolfsartiges Biest aus einem Baumstumpf, der von Särgen und Kuchen umgeben ist. Das sieht ein wenig nach Do it Yourself Black Metal Covergestaltung aus. Findet aber in der Musik wenig entsprechung, außer dass das Titelmotiv umgesetzt wird. Da hat jemand eine Bestie erweckt. „Cakes & Coffins“ (Torten & Särge scheint als konsequente Weiterentwicklung der „Zuckerbrot & Peitsche“ Methodik, mit der Despoten ihre Untertanen immer gerne im Zaum halten.

Und damit der Elefant mal aus dem Raum ist: Es gibt auf „Cakes & Coffins“ einen totalen Abtörner, der kaum nachvollziehbar ist und vermeidbar gewesen wäre: Ausgerechnet der letzte Song auf dem Album, „World is Coming Down“, wird räudig ausgeblendet. Dann sitzt die Hörerschaft vor dem ruppig weggeblendeten Sound und ist eher ratlos. Hätte die Band vorgehabt, das Ende der Welt zu intonieren, hätten die Drei das sicherlich spielerisch lösen können.

Zuckerbrot und Peitsche

Und weil ich gerade dabei bin, gibt’s für Uneingeweihte hier noch die Bezugsrahmen von Bandnamen und musikalischem Schaffen. Die Sache mit der Magick hat sich der britische Okkultist Aleister Crowley in den 1920er Jahren ausgedacht, um seine spirituelle Weltsicht von der herkömmlichen Magie als Zauberei abzugrenzen. Im Heavy Metal ist das spätestens seit den norwegischen Black Metal Irrfahrten und Brandschatzungen der Achtziger gefährliches Halbwissen. Wobei bereits Ozzy Osbourne seinerzeit „Mr. Crowley“ auch dem epischen Solodebüt „Blizzard of Ozz“ (1980) besang.

Musikalisch sind „Magick Touch“ in Sachen traditioneller Heavy Metal unterwegs. Da lässt sich trefflich Thin Lizzy in der späteren Phase heraushören, aber eben auch klassische New Wave of Britisch HeavyMetal (NWoBHM). Und es gibt – vor allem wegen der mehrstimmigen Backing Vocals – eine Schnittmenge mit den Hair Metal Bands der frühen (noch hörbaren) Phase. Diverse Power Metal Outfits schimmern ebenfalls durch. Einige mögen das heutzutage eher als Hard Rock kategorisieren, aber da spricht der Gesang dagegen. Es ist aber auch nebensächlich. Musik sollte sich nicht an Begrifflichkeiten aufhalten.

Ein bisschen Okkultismus in einer hyperrealen Welt

„Apollyon“ ist ein kraftvoller Opener und eröffnet das Album „Cakes & Coffins“ mit einem eingängigen Riff und hinreißenden Gitarrenharmonien. Der Song ist in gehobenen Midtempo gehalten und wuchtet sich zum Refrain hin nochmal nach vorne. Eingängig und schnörkellos ist das schon beinahe zeitlos klassisch.

„The Judas Cross“ wurde vorab als Video-Single ausgekoppelt und gefällt ebenfalls mit der Gitarrenarbeit irgendwo zwischen Iron Maiden und Thin Lizzy. Ähnliches Tempo, aber eine vollkommen andere Stimmung machen „The Judas Cross“ zu einer Hymne im Stil der Pretty Maids. Falls sich jemand an die Dänische Metal Combo erinnert.

Bei „When Eating a Wolf“ wird es dann düsterer und beginnt mit akustischer Gitarre. Der Song ist heavy und langsamer. Erstaunlicherweise erinnert mich der Gesang im der Strophe an „Der Kampf geht weiter“ vom Slime-Debüt. Aber mit Deutschpunk haben Magick Touch nix am Hut. So geht das bisweilen mit dem Unterbewusstsein. Auch „When Eating a Wolf“ hat diese hymnischen Qualitäten.

„M.I.N.A.“ entert dann Hair Metal Terrain und beweist, dass die Bergener ihr Songwriting beherrschen. Da gibt’s nix zu deuteln. Das Gitarrensolo wird an den richtigen Stellen harmonisch gedoppelt und gefällt wie seinerzeit bei den Gitarrenhelden.

Oxidantien und Schwefelgeruch

Ein fettes Riff zieht sich heavy durch den Song „Babylon, Baby“ und die einprägsamen Refrains schweben über dem Rhythmusteppich. Ab der Songmitte gibt’s dann einen Headbanger-Teil der solide das Tempo anzieht. „Guillotine Dreams“ mag auch ein Verweis auf jene Maschine sein, die das letzte reguläre Studioalbum der Band zierte. Vielleicht ein Lieblingssong von der neuenScheibe. „Boots“ haut in eine ähnliche schwere Kerbe und gefällt mit ausgedehnten Instrumentalparts, ohne jemals den Song aus dem Auge zu verlieren.

„Raven“ beginnt mit verträumten Gitarrensounds, die eine Powerballade andeuten. Uns so geht es auch weiter. Eigentlich ein guter Song, der bei mir aber jenseits der Schwülstkante landet. Zu theatralisch in Sounds gewandet. Immerhin mit einem stärken, melodiösen Gitarrensolo.

„Demons & Rust“ zitiert dann wieder die Thin Lizzy – Riffmaschinerie der „Chinatown“-Phase. Der Titel mag an „Diamonds and Rust“ von Joan Baez erinnern, das Judas Priest auf „Sin After Sin“ gecovert haben und auch auf „Unleashed in the East“ ins Feiervolk feuerten, hat aber nix damit zu tun. Mag allerdings als Referenzpunkt für die klassische Ausübung des Heavy Metal dienen. Auch „World is Coming down“ hat diesen Thin Lizzy Einschlag, dem Magick Touch gerne mal huldigen. Der Song ist großartig. Umso erstaunlicher, wie es dann ausgeht.

Köpfe schütteln, nicht rollen lassen

Seit 2016 sind Schlagzeuger Bård Nordvik, Gitarrist HK Rein und Bassist und Sänger Christer Ottesen fleißig dabei die Welt mit ihren Sounds zu verbessern. Das Debüt „Electric Sorcery“ kommt noch Hard Rock und Siebziger beeinflusster daher, 2018 folgte „Blades, Chains, Whips & Fire“. Album Nummer drei „Heads have got to Rock’n’Roll“ erschein 2019. Zwischendurch gab‘s noch eine „Live im Studio“-EP.

Und dann hatte die Pandemie die Welt fest im Griff. Magick Touch hauten im Oktober 2020 noch eine Live-Album raus, das „Live and Contagious“ betitelt ist. Mit „Cakes & Coffins“ zeigt das Trio aus der norwegischen Hansestadt Bergen, dass die drei die Zwischenzeit gut genutzt haben und musikalisch ein paar Feinjustierungen durchgeführt wurden, die altgediente Fans allerdings nicht verschrecken sollten.

Wo Magick Touch draufsteht, ist auch hymnischer Heavy Metal drin. Mit dem aktuellen Album „Cakes & Coffins“ rocken die drei aus Bergen gehörig ab und liefern ein starkes Album ab. Insgesamt ist das Album abwechslungsreich und kraftvoll produziert. Wer auf klassischen Heavy Metal alter Schule steht, mit fetten Riffs, melodischen Gitarrenläufen und eingängigen Refrains ist hier richtig.

Album-Wertung: 7 out of 10 stars (7 / 10)

Magick Touch: Cakes & Coffins
Genre: Heavy Metal, Power Metal
Länge: 39 Minuten, (10 Songs), N, 2023
Interpret: Magick Touch
Label: Edged Circle Productions
Format: Vinyl, CD, Digital,
VÖ: 19.05.2023

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