Beau is Afraid: Angst essen Seele auf

Der amerikanische Regisseur Ari Aster hat mit seinen bisherigen beiden Filmen deutlich mehr als nur eine Duftmarke in Sachen Genrekino gesetzt. Nun lotet „Beau is Afraid“ in fordernden drei Stunden gruselig und auch komödiantisch aus, wie Angstzustände das Leben zerstören. In der Hauptrolle zeigt Joaquin Phoenix einmal mehr seine Wandlungsfähigkeit. Schön ist das nicht, aber eindrucksvoll dargestellt. „Beau is Afraid“ startet hierzulande am 11. Mai 2023 in den Kinos.

Beau Wassermann (Joaquin Phoenix) ist ein mittelalter Mann, der alleine lebt und immer wieder beim Psychotherapeuten sitzt, weil er unter Angstzuständen leidet. Arbeiten muss Beau nicht, weil die Mutter eine erfolgreiche Unternehmerin ist und ihn finanziert.

Weil Beau morgen seine Mutter besuchen will, die Geburtstag hat, verschreibt der Therapeut ein neues Mittel, das nur mit viel Wasser einzunehmen ist. Beau scheint gewappnet. Immerhin ist das Leben in der Stadt schon gefährlich, ganz zu schweigen vom Flug zu der Kleinstadt, in der seine Mutter lebt.

Flugangst und Lärmbeschwerden

Doch die Nacht wird durchwacht, der Flieger verpasst und Mutter vertröstet. Dann setzt Reue ein und Beau versucht auf anderem Wege zum Geburtstag zu gelangen. Der Ängstliche macht sich auf den Weg, wird von einem Wohnmobil angefahren und wacht in einem überzuckert ausgestatteten Kinderzimmer wieder auf.

Das Camper-Ehepaar Grace (Amy Ryan) und Roger (Nate Lane) haben den Angefahrenen zur Pflege bei sich aufgenommen. Dann verstirbt auch noch Beaus Mutter und der Geplagte muss sich irgendwann wieder auf den Weg machen. Doch Grace und Roger finden ständig neue Verzögerungen. Und das ist nur eine Station auf Beaus Irrfahrten nach Hause.

Filme von Ari Aster sind immer fordernd. In „Herederity“ zerrüttet der Tod eines Kindes eine Familie, die sich dann auch noch als verflucht herausstellt. In „Midsommar“ wird aus einem lockeren Studientrip nach Schweden eine irrwitzige Sektenerfahrung und in „Beau is Afraid“ bleibt dem Publikum oft genug das Lachen im Hals stecken.

Kafka lässt grüßen bei Jonas Odyssee nach Oz

Angelegt ist „Beau is Afraid“ eindeutig mit komödiantischen und surrealen Anteilen, doch die Inneneinsichten in den Alltag eines paranoiden, angstzerfressenen Kauzes sind schon bizarr und kongenial umgesetzt. Der Weg durch die Stadt gleicht einer Zombieapokalypse und überall lauern gefahren. Da kommen auch schräge Horrorelemente zum Tragen.

Mit dem Verlassen der Wohnung bricht dann eine Odyssee an, die sich gewaschen hat. Zunächst die „Gefangennahme“ durch die Camper, dann die Irrwege durch den Märchenwald mit diversen Verwicklungen und schließlich die vverstörende, viel zu späte Ankunft, die dann aber noch längst nicht das Ende des Films markiert. Kafkaesque wird in diesem Zusammenhang gerne mal als Attribut herangezogen. Das Thema Wasser zieht sich auch irgendwie durch den Film.

Im Meer der Verzweiflung

Ari Aster versucht mit seinem dritten Spielfilm die Formensprache und Ausdrucksmöglichkeiten des Films zu erweitern und zu erneuern. Da kommen dann auch animierte Elemente zum Tragen und immer wieder vermengen sich die Ebenen der Darstellung. Was ist real, was ist Mythos und Fantasy? Was ist Beaus Wahrnehmung und was ist „objektives“ Geschehen.

Der dreistündige Film hantiert mit vielen dieser Elemente und hat durchaus beachtliche Ansatzpunkte zu bieten, aber letztlich ist das schlichte Grundkonstrukt der Geschichte damit überfordert, die ganzen Eskapaden zu tragen. Der ohnehin schwächliche Beau bricht immer wieder unter dem Gewicht der Angst zusammen. Ich als Zuschauer breche unter der Last literarischer und symbolischer Anspielungen und Ausdeutungen zusammen. Da gibt es längst keinen Grund mehr zu schmunzeln.

In der ersten Stunde des Films ist die Innenansicht in Angstzustände packend inszeniert, später wird es arg abstrakt und verkopft und das Momentum des Films ist längst woanders durch die Hecke entfleucht. Da es aber keine halben Filme zu sehen gibt, bleibt es bei der bedingten Empfehlung für Cineasten und Sammler von Impressionen. Wer eine Komödie oder gar einen Horrorfilm erwartet sollte sich auf Umwege gefasst machen.

Film-Wertung: 5 out of 10 stars (5 / 10)

Beau is Afraid
OT: Beau is Afraid
Genre: Horror, Drama, Komödie
Länge: 179 Minuten, USA, 2023
Regie: Ari Aster
Darsteller:innen: Joaquin Phoenix, Amy Ryan, Stephen McKinley Henderson, Nathan Lane,
FSK: ab 16 Jahren
Vertrieb: Leonine
Kinostart: 11.05.2023