Egal was kommt: Vogels Perspektive

Im Jahr 2015 hat sich der Journalist Christian Vogel einen Herzenswunsch erfüllt. Er reist ein Jahr lang mit dem Motorrad um die Welt. Die ganze Unternehmung hat Vogel filmisch aufbereitet und aus den 600 Stunden Material eine Film gemacht, der im August in den Kinos zu sehen war und nun auf DVD und Blu-ray erschienen ist.

Gerade 34 Jahre ist Christian Vogel alt, als er seinen Job und seine Wohnung kündigt, und beschließt, einmal mit dem Motorrad die Welt zu umrunden. Das Unternehmen will gut geplant werden, vor allem, da Vogel von Motorrädern nicht viel versteht und auch medizinisch zur Eigenversorgung im Notfall kaum ausgebildet ist. Gerade in der Vorbereitungsphase der Weltreise lernt Vogel seine Freundin Miriam Zimmermann kennen, was den Aufbruch emotional nicht gerade leichter macht.

Einmal unterwegs, bewegt sich Christian Vogel auf seiner BMW westwärts, fährt durch die USA und Kanada nach Alaska, setzt dort nach Russland über. Von hier geht es über die Mongolei und Pakistan nach Indien. In Nepal will er sich nach einem halben Jahr mit seiner Freundin treffen. Doch dann kommt ein Unfall dazwischen, der Vogel an der Hand verletzt und das Motorrad fahruntüchtig macht. Ersatzteile sind unbezahlbar und die medizinische Versorgung in Indien erfüllt nicht gerade deutsche Standards.

„Egal was kommt“ ist nicht umsonst der Titel dieser Reise-Dokumentation, sondern auch der Ausdruck von Christian Vogels Willen, sein Projekt durchzuziehen. Dabei sieht es bereits nach zwei Monaten in der Mongolei so aus, dass er erkennt, sich heillos überschätzt zu haben. Auch der zwangsweise Zwischenstopp in Indien sorgt für einiges an Drama. Letztlich ist allerdings schon vor der Sichtung klar, dass der Protagonist überlebt, sonst wäre der Film ja nicht auf diese Weise entstanden.

Als Selbstfindungstrip ist das Projekt Weltumrundung unbestreitbar ein episches Unternehmen, das für individuelle Glücksmomente und Grenzerfahrungen sorgt und damit zur Charakterentwicklung beiträgt. So verstanden, ist die Doku durchaus interessant. Vieles wird von der Mutter und der Freundin des Protagonisten kommentiert und emotional verortet. Das ist legitim, aber im Entdeckersinne einer Weltreise wären punktuelle und intensive Reisebegegnungen interessanter gewesen.

Allerdings ist Christian Vogel kein Filmemacher und der Mehrwert von „Egal was kommt“ für ein breites Publikum bleibt zweifelhaft. Sicher, es ist schon eine Kunst, auf sich gestellt, weite Teile der Abenteuerreise überhaupt mit der Kamera einzufangen, aber die Bike-Cam, die den Fahrer aufnimmt, ist nur bedingt interessant. Hin und wieder sind dann helfende Hände an der Kamera oder Vogel selbst sorgt für beeindruckende Landschaftsaufnahmen.

Auch gibt auf der Reise etliche Begegnungen, aber keine wird nachhaltig auf Film gebannt, oder näher portraitiert. Stattdessen bleibt der Eindruck, dass Vogel so viele Impressionen wie möglich präsentieren wollte und dabei genau das Gegenteil erreicht. Wie bei einer Show von Urlaubsdias ist irgendwann ein Sättigungsgrad erreicht. Sicher ist es eine monumentale Aufgabe, 600 Stunden Film auf knapp zwei Stunden einzukürzen, aber selbst die wirken noch zu lang; etwa, wenn im letzten Drittel noch ein Song gespielt wird, den ein Reisefreund für Christian Vogel komponiert hat. In Stil eines Musikvideos werden dazu etliche Bilder wiederholt, die man schon gesehen hatte. Auch die Indische Episode ist von der Gewichtung her zu lang ausgefallen.

Wie man filmisch kompetent mit solchen Materialmengen umgeht, zeigen eindrucksvoll die Youtube-Projekte „Life in a Day“, die auch für unterschiedliche Länder produziert wurden. Aber die Produzenten hatten bei der Sichtung und Editierung auch Etliches an Manpower zur Verfügung.

Letztlich kreist die Reise-Doku „Egal was kommt“ vor allem um ihren Protagonisten und sein „Projekt“ Weltumrundung. Dabei bleiben leider viele potentiell spannende Momente und Motive auf der Strecke.

Film-Wertung: 5 out of 10 stars (5 / 10)

Egal was kommt
Genre: Dokumentarfilm, Reise
Länge: 115 Minuten, D, 2018
Regie: Christian Vogel
Mitwirkende: Christian Vogel, Rita Vogel, Miriam Zimmermann, Helge Pedersen
FSK: ab 6 Jahre
Vertrieb: Busch Media, Alive,
Kinostart: 02.08.2018
DVD-& BD-VÖ: 07.12.2018