Sunstain – Modern Nature: Album Review

Wenn sich die Sonne verdunkelt, hat das schon immer eine Faszination ausgeübt. Sonnenflecken sorgen zwar nicht für Eklipsen, wohl aber für starke Magnetfelder. Womit wir beim Thema „harter Rock“ angelangt sind, der ohne die Magnetfelder in den Gitarren-Pickups nicht ansatzweise denkbar wäre. Schöner Bandname, haben sich vier gestandenen Musiker aus dem österreichischen Linz gedacht, und legen nun in mengenfinanzierter Eigenregie ihr Debut-Album „Modern Nature vor.

Ein bisschen kommt mir das Debüt der Linzer „Sunstain“ vor, als hätten sie das Thema des epischen Songs „Open Cages“ als Motto für das gesamte Album umgesetzt. Hier wird amtlich und heavy gerockt und es werden diverse Genres heftig fusioniert. Das Ganze haut aus mehreren Gründen hin und versackt nicht im Mittelmaß, das viele Veröffentlichungen im weiten Feld des Stoner oder Heavy Rock ausmacht.

Erstens sind da die gestandenen Musiker, die alle schon ein paar Jährchen und Erfahrungen auf dem Buckel haben. Die unterschiedlichen musikalischen Prägungen sorgen zweitens für ein schillerndes Amalgam verschiedener Spielarten harter Rockmusik. Da treffen drittens musikalische Fertigkeiten auf gelungenen Kompositionen. Und wie es aussieht, legen die Jungs auch Wert auf gesellschaftskritische Lyrics. Aber das mag jeder selbst hören. Man könnte finden, dass die Songs grundsätzlich zu lang sind.

Die Unwägbarkeiten des modernen Lebens

Nur einer der Songs bliebt unter fünf Minuten. Aber gerade das macht einen Charme des Albums „Modern Nature“ aus. Da wechseln sich unterschiedliche Parts und gar Musikstil innerhalb eines Songs. Werden dabei aber recht natürlich, und quasi modern zusammengefügt und haben so immer auch einen progressiven Touch. Jetzt nicht so Rush-Prog, eher so Tool-Prog.

Die Band hat ihr Album mit Hilfe von Crowd-Funding produziert und das muss mensch als Newcomer erst einmal mobilisiert kriegen. Die Produktion ist ziemlich phat ausgefallen. Für physische Tonträger hat das Funding dann doch nur begrenzt gereicht, weshalb sowohl Vinyl als auch CD limitiert sind. Das Digitale Album lässt sich selbstredend auch später noch erstehen.

Geboten werden auf „Modern Nature“ sieben Songs härterer Gangart. Die Orientierungspunkte der Band liegen irgendwo in den Neunzigern. Da kommen Hardcore-Elemente ebenso zum Tragen wie Doom Metal, alternative Rock und Grunge. So weit, so bekannt. Aber neu und originell gemischt und mit einem Sänger, der sowohl eine erhebliche Bandbreite als auch einen hohen Wiedererkennungswert hat. Das ist für Neulinge immer eine wichtige Marke.

In schwer rockende Songs gepresst

„Running on Emtpy“ eröffnete das Album, kommt in Groove und Gesang nahe an selige Alice in Chains Zeiten heran, um dann in der Mitte sperrig und metallisch weiterzumachen. Das ist schon überraschend. Und so geht es mit „Greed“ weiter. Wer hätte gedacht, dass das Quartett nicht nur den Groove sondern auch die Tightness von Rage against the Maschine“ überzeugend hinbekommen. Eigentlich naheliegend, dass der Song in Doom Metal mündet. Nicht?

Dann eben weiter mit „True Colours, New Frontiers“ einem modernen, stampfenden Hardrocker, der mich irgendwie an The Cult erinnert. Dann geht es Prong-mäßig weiter. Ein ziemliches Brett und vielleicht der gradlinigste Song auf dem Album. Der Titelsong „Modern Nature“ kommt nachdem Intro alternative und rockig daher, nimmt einen Schwenk ins Doomige, bevor es dann heavy progressiv wird. Starkes Song, dem das selbstgefilmte Grillvideo irgendwie nicht gerecht wird.

Die laut-leise, wuchtig-ruhig Wechsel, die „Phantom Pain“ auszeichnen, kommen aufgrund des Delays spacig daher und fügen dem Gesamtbild eine neue Klangfarbe hinzu, in der die Rock-Röhre des Sängers ganz ordentlich rausrotzt. Die anschließende Power-Ballade „Reach for Me“ hätte ich persönlich nicht gebraucht.

um die Käfige zu sprengen

Die Freigänger der „Open Cages“ allerdings schon. Der abschließende Track ist epische 12 Minuten lang, baut sich keineswegs langsam auf. Vielmehr hat der Song tatsächlich die Dramaturgie, die man erwarten würde, wenn wilde Tiere in Käfighaltung darben. Ein bisschen vegetieren, aber vor allen latente Aggression, die jeden anknurrt, der sich auch nur den Gitterstäben nähert. Wenn die Käfigtür dann auf ist, muss die angestaute Energie erstmal abgebaut werden. Schlagartig, wuchtig und auspowernd. Dann erst setzt das Bewusstsein von Freiheit ein, nimmt die Umgebung wahr und beginnt zu streunen, zu erkunden, zu sein. Ein großartiger Song.

Seit der Erfindung von Techno kann sich kaum noch jemand rühmen, die Musik neu erfunden zu haben. Die Versatzstücke harter Rockmusik und schweren Metalls sind klar zu definieren und bekannt, aber ein wenig geht es Sunstain so wie es den späteren Aerosmith ging, sie haben classic Rock nicht neu erfunden, aber großartig und filigran arrangiert. Darin liegt eine große Qualität, die in Sachen Härte keine Kompromisse braucht. Gut so.

Die Mischung macht‘s! Und der frische Wind mit dem „Sunstain“ ihre Songs vortragen. Selten ein so druckvolles und ambitioniertes Debüt gehört wie „Modern Nature“. Trotz bekannter Grundzutaten ein weitgehendschmackhaft originelles Festmahl für Feinschmecker härterer Rockmusik. Gerne mehr davon.

Album-Wertung: 7 out of 10 stars (7 / 10)

Sunstain: Modern Nature
Genre: Hard Rock, Alternative, Heavy
Länge: 9 Songs, 49 Minuten, A, 2022
Interpret: Sunstain
Label & Vertrieb: DIY
VÖ: 14.10.2022

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