Juakali – No Choice: Album Review

Wenn aus dem Berliner Underground eine neue Band auftaucht, ist das immer eine spannende Sache. Das muss ich als Hamburger einfach mal feststellen. Nicht, dass ich hier Städterivalität hochpushen will, aber mir scheint die Szene in der Hauptstadt deutlich besser vernetzt zu sein und mit mehr Druck in die Welt zu streben. Mit der Promoabteilung von Noisolution haben die Bands aber auch eine umtriebige und kompetente Werbestimme am Start. So auch Juakali, deren Debut „No Choice“ Anfang September 2022 auf Timezone Records erschienen ist und mit viel Schub in den Herbst rockt.

Über das Trio ist wenig mehr rauszufinden als im Promosheet zu lesen ist. Relativ frische Band, die sich auf dem RAW – Gelände gefunden hat, einem ehemaligen innerstädtischen Industriestandort, der nun für Kunst und Kultur umfunktioniert und weiterentwickelt wurde. Nu je, irgendwo müssen sich Leute ja treffen. Oder eben wie die ebenfalls noch jungen Berliner Isoscope einfach per Anzeige zur gemeinsamen Hausmusik aufbrechen.

Aber zurück zu Juakali. Das Trio in klassischer Rock-Besetzung Drums, Gitarre, Bass hat drei soundspezifische Eigenheiten aufzubieten, oder Trademarks, wenn man so will. Das hebt den Sound der Band schon aus der Menge der Veröffentlichungen heraus. Also, erstens ist trotz aller Riffschrubberei, der Sound doch ziemlich basslastig und damit irgendwie im Punk oder Postpunk verortet. Zweitens haben die Gitarrensoli und auch einige der Gesangsparts so einen Hang zur balkanesquen Melodik. Das geht eher in Richtung Kasatschok und Gypsie-Polka, als dass es bulgarische Klagegesänge zitiert.

Und drittens, ist die Stimme schon ziemlich eigenwillig und unverkennbar. Ein bisschen gepresst und schrill aber mit viel Aggression und hohem Wiedererkennungswert. Vielleicht eine Mischung aus AC/DCs Brian Johnson und dem Sänger der Clowns aus Melburne. Das ist schon eine eigene Röhre, die muss man mögen.

Schwerer Garagen-Rock mit Hang zu Glitter und Humor

Das Debut „No Choice“ präsentiert in knapp 40 Minuten 10 Songs, die eine gewisse Bandbreite abdecken, ohne die grundsätzliche Ausrichtung zu verleugnen. Die Wurzeln von Juakali liegen definitiv in dem, was man früher Garagen Rock genannt hätte, wo heute immer auch noch ein Schuss Nirvana-Grunge mit drinnen ist. Mit dem Riffbrett könnten Juakali allerdings auch auf einem Biker-Festival bestehen, wenn sie zu bierseliger Stunde die Drehzahl ein bisschen runterschrauben. Doch die Musikrichtung ist über die Jahrzehnte auch ausdefiniert, daher kommt es vor allem auf das Energielevel und die Schlagkraft an.

Es groovt, schrammelt und zischelt auf „No Choice“, dass es eine wahre Freude ist. Der Opener „3rd Degree“ geht schon mächtig ab, ist vielleicht so etwas wie räudiger Power Pop. Flotter Einstieg, der dann vom folgenden „Wake up“ noch getoppt wird. Da rollt eine mächtige Dampfwalze an. „Overboard“ lässt es dann ruhiger angehen, hat Mut zur Melodie und zur weniger verzerrten Gitarrre, stampft aber doch ordentlich.

Aus dem brodelnden Berliner Underground

„Fatal Mistake“ ist dann in meinen Ohren eine der schwächeren Nummern, kann die Energie nicht richtig entfesseln und irgendwas fehlt mir zum Ohrwurm. „Arabella“ wurde vorab auch schon als Video ausgekoppelt und ist ein klasse Song, der mit psychedelischem Intro beginnt, dann ordentlich aufdreht und schließlich noch den Mut zum Break hat. Anschließend klopft „Bush“ sehr flott auf denselben, da sind auch Surf-Anleihen enthalten.

„Get up“ lässt dann noch einmal eine andere Klangfarbe aufblitzen und zeigt, dass Juakali auch ruhiger swingen könnten, wenn sie wollten. Das hat auch einen Sixties-Vibe. Der Regen am Ende leitet zur nächsten Nummer über und zur Wildwest-Romantik. „Cowmance“ ist sicher auch humoristisch gemeint, aber die Dänen von DAD machen sowas deutlich souveräner.

Gegen Ende geht es dann noch einmal rund. „Mountain“ rockt, hat mir persönlich aber zu viele Parts, die sich nicht gerne in nur 3 Minuten unterbringen lassen. Aber andere Ohren mögen das als progressiven Touch erleben. Den erhabenen Abschluss macht dann der Titeltrack „No Choice“ klar und rundet ein feines und soundtechnisch stark produziertes Album ab, das mehr ist als nur eine erste Duftmarke. Anspieltipps sind wohl „Wake up“, „Arabella“ und „Get up“.

Mit „No Choice“ legen Juakali, das neue Berliner Power Trio mit Hang zu Glitter und Humor, eine ordentliche Schippe Abgehspaß vor. Nicht alle der 10 Nummer können mich gleichermaßen überzeugen, aber das Gros der Songs macht großen Spaß, wenn die Hörerschaft auf gitarrenlastige, druckvolle Alternative Rock- und Punk-Musik steht. Damit sollte das Trio auf jeder Bühne bestehen können. Ob der Humor, der sich in Künstlernamen und Bühnenoutfits spiegelt, gefällt, mag jeder selbst befinden. Spaß machen Juakali auf jeden Fall.

Album-Wertung: 7 out of 10 stars (7 / 10)

Juakali: No choice
Genre: Garage Rock, Punk
Länge: 38 Minuten, D, 2022
Interpret: Juakali
Label: Timezone
Album-VÖ: 02-.09.2022

Juakali Homepage
Facebook-Auftritt von juakali
Juakali bei timezone

2 Kommentare

Robbie Dick 2022/10/27

Danke Frank für die nette Worte, haben uns sehr gefreut!!

Viele Grüße und Rocknroll!!
Die JUAKALIs

nofrank 2022/10/28

immer gerne. Respekt wem Respekt gebührt.