Mit „Das große Museum“ hat Dokumentarfilmer Johannes Holzhausen einen Meilenstein der Kulturdokumentation geschaffen, der ganz unbedingt Leinwandformat besitzt. Über zwei Jahre hat der österreichische Dokumentarfilmer Johannes Holzhausen für seinen Dokumentarfilm gebraucht. So komplett wie in „Das große Museum“ hat noch kein Film hinter die Kulissen des Museumsbetriebs geschaut. Schauplatz des Geschehens: das Kunsthistorische Museum in Wien. „Das große Museum“ kam 2014 hierzulande in die Kinos.
Unterschiedliche Impressionen eröffnen den Bilder- und Themenreigen des österreichischen Dokumentarfilms „das große Museum“. Eine beeindruckende Kamerafahrt vom reich verzierten Oberlicht auf die opulent ausgestatteten Räume und Exponate eines Saals im Kunsthistorischen Museum im Wien etwa. Oder auch der Transport eines riesigen Wandgemäldes. Ein Handwerker geht souveränen Schrittes zur Mitte eines leeren Saals und beginnt das edle Parkett mit einer Spitzhacke zu bearbeiten.
Aufbruch, Umbruch, Veränderung, Renovierung. Das Kunsthistorische Museum zu Wien erfindet sich gerade neu, als Holzhauser die Gelegenheit für seinen Film bekommt. Doch es geht nicht nur um Räume und Ausstellungskonzepte. Auch Verwaltungsbelange wie Neuverteilungen des Budgets und eine Neupositionierung auf dem Kunst- und Tourismus-Segment werden hinterfragt und umgestellt.
Arbeit im Museum
Die Kunst wird in Holzhausens Doku nur als Gegenstand von Arbeit gezeigt. Also bei der Säuberung der Vitrinen und Exponate, dem Zusammenstellen der Exponate, wenn Säle neu bespielt werden, bei der Archivierung, auf einer Auktion, bei der akribischen Untersuchung auf Schädlingsbefall oder bei der aufwändigen Restaurierung.
„Das große Museum“ bietet als Film einen anderen, kompletten hinter die Kulissen des Museumsbetriebs. Für kleine persönliche Geschichten ist dennoch Platz im musealen Geschäft und letzlich fügt die grandios fotografierte Doku ihre anfänglichen Erzählfäden und Impressionen gekonnt wieder zusammen.
Der Hall des anfänglichen Spitzhammer-Schlags ist auch eine physische Erschütterung. Auftakt locker erzählten Museumsführung der besonderen Art. Hier wird begleitet und beobachtet wie ein geschäftiges Panoptikum von unterschiedlichen Aktivitäten und Personen, das Museum lebendig werden lässt. Im Film wird das bildlich mit dem von Pieter Bruegel dem älteren geschaffenen Gemälde „Turmbau zu Babel“ verglichen.
Die Kameramänner Attila Boa und Joerg Burger entführen den Zuschauer mit großer Kunstfertigkeit in abgelegenen Kellerarchiven und hochmoderne Werkstätte. Wege durch Ausstellungsräume und in Verwaltungsetagen. Die wohldurchdacht komponierten und montierten Beobachtungen der Arbeitswelt im Museum erdet den bildungsbürgerlichen Kulturtempel. Dadurch ist auch immer eine Spur humoristischer Brechung in den Szenen zu erkennen. Die Rollerfahrt eines Büroangestellten durch das halbe Museum zu einem Drucker ist legendär. und hat bei mir Kultstatus.
wie ein „Turmbau zu Babel“
Auf untermalende Musik wird in „Das große Museum“ ebenso verzichtet wie auf Kommentare oder Einblender. Die Qualität des Dokumentarfilms, der einen ganz eigenen Mikrokosmos zeigt, wirkt in der scheinbar intuitiven Zuschauerbewegung durch das Gebäude und die Themen.
Und dann wäre da in der Doku noch ein Fernsehteam, das das Museum portraitieren möchte. Dessen Reportageansatz will zeigen, dass die Jahrhunderte alten Exponate sehr wohl etwas mit unserer Gegenwart zu tun haben. Beispielsweise durch die moderne Ausstellungstechnik. Darin liegt auch die viel wesentlichere Frage verborgen wie generell relevant Museen in unserer Zeit sind. Jenseits von touristischen Erwägungen. Die Frage bleibt unbeantwortet im Raum stehen und ist schließlich auch nicht Gegenstand dieses Dokumentarfilms.
„Das große Museum“ von Dokumentarfilmer Johannes Holzhausen ist ein Meilenstein der Kulturdokumentation, der ganz unbedingt Leinwandformat besitzt. ein erstaunlicher, informativer und unterhaltsamer Blick hinter die Kulissen eines weltbekannten Kulturbetriebs. „Das große Museum“ öffnet auf wunderbare Weise und handwerklich grandios ein Paralleluniversum, das man so sonst nicht zu Gesicht bekommt. Ein Blick in den Bauch des Wals, ins Innere des Kunsthistorischen Museums in Wien.
Film-Wertung: (9 / 10)
Das große Museum
OT:das große Museum
Genre: Doku,
Länge: 94 Minuten, A, 2014
Regie: Johannes Holzhausen
FSK: ohne Altersbeschränkung
Vertrieb: Real Fiction, Indigo,
Kinostart: 16.10.2014
DVD- & BD-VÖ: 29.05.2015