Invasion: Wir wollen nur dein Haus!

Weil ich „Invasion“ bei der Vorstellung von „Geborgtes Weiß“ erwähnt habe, hier nun aus dem Archiv die damalige Kritik zum Kinostart im Jahr 2013: Dito Tsintsadzes Film wurde auch auf der damaligen Berlinale vorgestellt. „Invasion“ erzählt von Einsamkeit und der zunehmenden Präsenz überraschenden Besuchs. Das Psychodrama will auch ein bisschen Thriller und schwarze Komödie sein, was nicht immer gelingt. Burghart Klaußner als einsamer Witwer ist an sich schon sehenswert.

Joseph (Burghadt Klaußner) besucht das Grab seiner verstorbenen Familie täglich. Seit drei Monaten ist auch die geliebte Frau gestorben und liegt nun beim Sohn, der bei einem Verkehrsunfall umkam. Seit der Wende lebt Joseph in dem alten Familienanwesen in Ostdeutschland.

Außer dem täglichen Friedhofsbesuch und einigen Einkäufen scheut der Witwer den Kontakt zu Menschen und leidet still unter seiner Einsamkeit. Eines Tages überrascht ihn auf dem Friedhof Nina (Heike Trinker), die Cousine seiner Frau, zusammen mit ihren erwachsenen Sohn Simon (David Imper). Joseph erinnert sich zwar nicht, lädt die beiden aber zu sich ein und ist froh über die Gesellschaft.

Familie bleibt Familie…

Als sie sich das nächste Mal treffen, stellt sich heraus, dass Simon verheiratet ist. Joseph erfährt, dass die drei in einer kleinen Wohnung zusammen leben. Er bietet dem Paar an, vorübergehend bei ihm zu wohnen. Auch Nina übernachtet dort nun häufig. Als aber auch noch Ninas Lebensgefährte Daniel (Merab Ninitze) auf der Bildfläche erscheint, wird es langsam eng in dem Haus.

Vor allem weil Daniel von Josephs Anwesen aus zwielichtigen Geschäfte organisiert. Denn Daniel hat auch Milenas Sohn im Schlepptau. Zunehmend wird Josephs Alltag von der übergriffigen Familie bestimmt. Dass sowohl Nina als auch ihre Schwiegertochter, die schöne Milena (Anna F.), ihn anbaggern, hilft dem Zusammenleben nicht gerade.

Dito Tsintsadze („Schussangst“, „Inhale – Exhale“) inszeniert seine schleichende Übernahme durch eine Horde extrovertierter (scheinbarer?) Verwandter mit kammerspielartiger Dichte. Der georgische Regisseur, dessen Stationen ihn nach Italien und Deutschland geführt haben, ist auch filmisch ein Grenzgänger. Sein Anliegen ist das Innenleben des Menschen.

Burghardt Klaußners Joseph liefert mit seiner einsamen Trauer die emotionale Bühne, auf der sich das Psychodrama entfaltet. Der zwischen geduldiger Freundlichkeit und phlegmatischer Einsamkeit angesiedelte Charakter lässt seine Gäste machen, was ihnen gefällt. Ohne überhaupt zu ahnen, dass ihm nach und nach das eigene Leben entgleitet. Die Stimmung kippt, je tiefer Joseph in die undurchsichtigen Familienangelegenheiten von Ninas Familie hineingezogen wird.

…auch wenn sich keiner erinnert.

Das Setting in der ländlichen Abgeschiedenheit ist schon beinahe klassisch. Das Haus selbst sorgt für eine spannungsgeladene Atmosphäre. Und mit jeder neuen Figur wird der Humor beißender, böser. Damit spielt das Psychodrama ebenso wie mit der Erwartungshaltung des Zuschauers. Gleich zu Beginn, werden Zweifel geweckt. Man fragt sich daher während des Films, wann die Situation denn nun endlich kippt? Oder ob das nun alles eine Farce ist, oder letztlich doch ein fieser Thriller wird?

Das kann man durchaus positiv werten und als gewollt erzeugte Spannung verstehen. Dem Regisseur, der auch für das Drehbuch sorgte, ist es wichtig, die Befindlichkeiten der Gruppe, die eher eine Zwangs- als eine Wahlfamilie ist, auszuloten. Das gelingt auch ausgezeichnet, allerdings auf Filmlänge ein wenig zu bemüht, aber mit ganz eigenem Ton.

Letztlich ist „Invasion“ ein fein gespieltes Psychodrama mit einer großartigen Besetzung. Allerdings wirken weder alles Thriller-Elemente noch der schwarze Humor durchgehend gelungen. Die Figurenaufstellung allein sorgt für einigen Wirbel.

Film-Wertung: 6 out of 10 stars (6 / 10)

Invasion
OT: Invasion
Genre: Drama, Thriller
Länge: 102 Minuten, D, 2013
Regie: Dito Tsintsadze
Darsteller: innen: Burghart Klaußner, David Imper, Heike Trinker,
FSK: ab 16 Jahren
Vertrieb: Neue Visionen, Good Movies
Kinostart: 28.02.2013

DVD_VÖ: 20.09.2013