Amazing Fantasy: Die Dracheninsel

Bei Panini Comics ist im Juni ein hinreißende Fantasy-Serie erschienen. „Amazing Fantasy“ schickt drei beliebte Marvel-Superhelden in eine seltsam dantastische Welt, in der es Drachen, Greife und Oger gibt. Da fehlt eigentlich nur noch unser allerliebster Barbar. Aber wer seine „Conan“-Fantasien auch mit einer Spur Crossover und Humor mag, ist bei „Amazing Fantasy“ genau richtig. Autor und Zeichenr Kaare Andrews gilt als aufstrebender Star am Comic-Himmel.

…und das vollkommen zu Recht. Aber der Reihe nach. „conan“ taucht hier tatsächlich nicht auch, ist aber ein guter Referenzrahmen für die Schwert- und Zauberei-Fantasy. „Amazing Fantasy“ folgt einer Alternativ-Welt-Logik, in der alles etwas anders ist. Das führt normalerweise zu recht lebendigen und unterhaltsamen Szenarien mit den beliebten (Super-)Helden. So auch hier.

In der Welt, die Andrews für seine 5 US-Ausgaben umfassende abgeschlossene Story entwirft, sind Captain America, Black Widow und Spider-Man gestorben. Alle drei finden sich unabhängig voneinander auf einer mysteriösen Insel wieder. (Fragt mich nicht nach der Temporallogik.) Dort wird der gestrandete Cap von einem Greifen, einer Mischung aus Löwe und Adler, bedroht, der kurz darauf von einem Drachen gegriffen wird. Cap landet in der Folge bei einem Volk, das scheinbar nur aus Frauen besteht, weil die Söhne des lieben Friedens willen bedrohlichen Monstern geopfert werden.

Die Meister der Pulp-Fantasy als Inspiration

Natasha Romanowa alias Black Widow findet sich in Gesellschaft eines Centauren, halb Mensch halb Pferd, wieder, der die junge Frau als Braut für den Kindkönig seines Reiches vorbereitet. Black Widow hat eigentlich andere Pläne, aber in der neuen Umgebung ist ohnehin alles fremd.

Spider-Man hingegen landet im Kochtopf von kannibalischen Fröschen, wird von Vogelmenschen gerettet und trifft auf seinen Onkel Ben. Der eröffnet seinem Neffen Peter erstmal, dass dieser gestorben ist. Die Insel ist ein Zwischenreich. Und das Vogelvolk stellt sich als attraktiver Amazonenstamm heraus. Ben und die Amazonen sind gerade auf dem Kriegspfad gegen die Frösche. Auf dem Schlachtfeld treffen auch die drei Helden aufeinander.

Machen wir es kurz und knackig. Die Story mag ein wenig durchgeknallt wirken und als Leser:in sollte man nicht lange nach Logik fragen. Bei Fantasy ohnehin oftmals nicht. Das Genre hat seine eigenen Gesetze und zur Not einfach Magie. Also zurücklehnen und genießen.

Cap sieht so bärtig ein bisschen aus wie in Rick Remenders Space-Abenteuer „Verschollen in Dimension Z“ im Captain America Megaband 1. Story-Anleihen bei H.G. Wells „Die Insel des Dr. Moreau“ sind ebenso deutlich auszumachen wie die Figuren aus diversen Mythologien. Modern würde man das wohl Mash-up nennen.

Spaß beim Lesen – Hommage an Schwerter und Zauberer

Es geht turbulent zu. Das Artwork von Kaare Andrews ist im Stil der „Schwert und Zauberei-Fantasy“ der Achtziger und Neunziger gehalten. Christian Endres erwähnt in seiner Einleitung explizit den großen Frank Frazetta. Aber ich erinnere mich an das im Condor Verlag eine Zeit lang erschienenen „Epic“-Comicmagazin. Darin wurde „Comic Art für Erwachsene“ vertrieben. Das „Alternative Comic-Magazin für Fantasy und Science-Fiction“ war eine Geschichtensammlung ganz wie die „Zack Comics, nur eben fantastischer.

Immerhin wurden hier Marvels Fantasy-Stories zusammengekloppt, so wie man auch die Condor Superhelden-Heftserien frei flottierende und jenseits von Chronologie Marvels Helden auf den deutschen Markt entließen. Mal als Einzelheft, mal als Album, mal als Taschenbuch. Man, waren das für Fans und Sammler grausige Zeiten.

Zurück zu „Amazing Fantasy“: die Zeichnungen rocken und das große Albumformat tut den Panels wirklich gut. Der Verzicht auf Hochglanzpapier ist angesichts des Pulp-Charakters der barbarisch-fantastischen Action nur äußerer Ausdruck der inneren Haltung. Gut so, mehr davon. Ach, am Ende gibt’s ja noch einen Wolverine Nachklapp…

Die fantastische Action in Kaare Andres‘ „Amazing Fantasy“ macht einfach Spaß und gute Laune. Die Hardcover-Album-Ausgabe ist nicht gerade preisgünstig. Aber Leser:innen die offen für verspielte Ansätze und Interpretationen ihrer Helden sind, kommt voll auf ihre Kosten.

Comic-Wertung: 9 out of 10 stars (9 / 10)

Amazing Fantasy
OT: Amazing Fantasy (2021) 1–5, Prelude Infinity Comic
Genre: Comic, Fantasy, Superhelden
Autor & Zeichner: Kaare Andrews
Farben: Kaare Andrews & Brian Reber (3-5)
Übersetzung: Michael Strittmatter
ISBN: 9783741626029
Verlag: Panini Comics, Hardcover, Album, 148 Seiten
VÖ: 21.06.2022

„Amazing Fantasy“ bei Panini comics