Lange nichts mehr gehört oder gesehen von der Polizei im südfranzösischen Küstenstädtchen Sète. Dort ermittelt die Kommissarin „Candice Renoir“ in Sachen Kapitalverbrechen und geht auf „Mörderjagd mit Chic und Charme“. Hierzulande mussten Fans geschlagene drei Jahre warten, um die siebente Staffel der französischen Erfolgsserie genießen zu können. Es geht turbulent zu, soviel sei verraten. „Candice Renoir Staffel 7“ erscheint digital und als DVD für das klassische Home-Entertainment wie gehabt bei Edel Motion.
Fans dürfen sich hierzulande schon fragen, was denn da los ist mit der beliebten französischen Krimi-Serie „Candice Renoir“? Die ersten sechs Staffel liefen in dichter Frequenz beim ZDF-Spartensender ZDFneo und dann war mit Ende 2018 plötzlich Schluss mit der Ausstrahlung. EdelMotion veröffentlichte die sechste Staffel dann im Februar 2019 für’s Home-Entertainment. Seither Warteschleife…und das mit einem ganz erheblich aufwühlenden Cliff Hanger. Sicher, die Ausstrahlung hatte die Produktion der seit 2013 laufenden Serie eingeholt und frühestens für 2020 war mit Fortsetzungen zu rechnen. Aber Fehlanzeige.
Tatsächlich ließ sich im Vorfeld der DVD-Veröffentlichung nicht recherchieren, ob und wo die siebente Staffel im deutschen Free-TV ausgestrahlt wurde oder wird. Der DVD-Zusatz erstmals auf Deutsch lässt auf das Gegenteil schließen. Weil ich gerade dabei, bin an dieser Stelle noch eine Entwarnung: In Frankreich wird die Serie kontinuierlich weiterproduziert: Bis 2021 sind neun Staffeln ausgestrahlt worden. Zumindest wissen Fans nun, dass da noch etwas kommen kann.
Es ist nichts Neues, dass die jeweiligen Staffeln der Krimi-Serie „Candice Renoir“ mit Cliff Hangern enden, die die Nerven dann doch strapazieren, aber das gehört wohl zum Serienkonzept. Bislang war es so, dass zwischen den Saisons auch immer etwa ein Jahr vergangen war, so dass es in den übergeordneten Handlungssträngen Lücken aufzuarbeiten gab. Das ist dieses Mal glücklicherweise nicht der Fall, aber dazu gleich mehr.
Zunächst der gutgemeinte Rat, mehr Freude aus der Serie zu ziehen, indem Zuschauer:innen der Handlung schon von Beginn an folgen. Denn obwohl in jeder Episode ein Kriminalfall erfolgreich abgehandelt wird, entwickeln sich die Charaktere. Vor allem seit Staffel Fünf sind das Privatleben und das Zusammenarbeiten in der Polizeiabteilung mindestens so wichtig und unterhaltsam wie das Krimi-Element. Hier geht es zur Rezension von „Candice Renoir – Staffel 1“ und hier zu Vorstellung von „Candice Renoir – Staffel 5“.
Die vorangegangenen Ereignisse gipfelten darin, dass Kommissarin Candice Renoir mit Max, dem Deutschlehrer der Kinder, vor dem Traualtar landete. …und dann war drei Jahre Sendepause (zumindest in Deutschland). Eventuell hat die Polizistin also den Dienst quittiert und genießt mit den neuen Gatten die Weltgeschichte, die Kinder sind ja beinahe groß genug, um alleine zurecht zu kommen. Aber weit gefehlt. Die siebente Staffel setzt in den Flitterwochen der Kommissarin ein.
Denn Kollege Antoine (Raphaël Lenglet), der inzwischen Candices Vorgesetzter ist, liegt nach einem Unfall im Krankenhaus. Jemand hat ihn umgefahren, als er auf dem Weg zur Trauung der Frau Kommissarin war. Nun muss der Chef das Bett hüten und Candice ermittelt in einem Mord. Faktisch sind die Flitterwochen damit vorbei. Der unerschütterlich positive Gatte Max nimmt es entspannt und kümmert sich um die Kinder. Denn die Familienzusammenführung sorgt für erheblichen Stress bei den Kids. Als dann auch noch Candices Schwester Belinda (Maeva Pasquali) in Sète auftaucht und sich an Antoine heranschmeißt, passt das Candice überhaupt nicht. Irgendwie scheint‘s als hätte die Kommissarin sich etwas Anderes erhofft.
Aber die Serie besteht ja nicht nur aus der charmanten blonden Kommissarin. Das Team bei der Polizei bekommt Zuwachs von einer neuen Gerichtsmedizinerin. Nathalie Delpech (Marie Vincent) fügt sich flott und kompetent bei den Ermittlern ein und versteht sich ausnehmend gut mit den ebenfalls neuen Teamkollegen Armand Marquez (Olivier Cabassut).
Medhi Badou (Ali Marhyar) versucht derweil etwas mehr auf eigenen Füßen zu stehen, sucht sich eine eigene Wohnung und hat auch mal eine Verabredung. Außerdem entwickelt er sich als Polizist soweit, dass er in einem Fall undercover in einem Box-Club ermittelt. Kollegin Valentine (Yeleem Jappain) will derweil mit ihrer Freundin eine Familie gründen. Doch so leicht lässt sich ein Kinderwunsch nicht realisieren.
Hat es bereits in der vorangegangenen sechsten Staffel einige Folgen gebraucht, um die Charaktere wieder so ins Licht zu rücken, dass auch die kriminalistischen Ermittlungen wieder interessanter wurden, so lässt sich dies auch an der siebenten Staffel feststellen. Gerade zu Beginn fällt die Polizeiarbeit eher durchschnittlich interessant aus, weil das Team ganz andere Probleme hat. Das ist absolut verständlich und „Candice Renoir“ ist schon lange keine romantische Krimi-Komödie mehr, sondern wurde von den Autoren konsequent in ein Drama-Format in einem Krimi-Setting umgebaut.
Das funktioniert durchaus und hat auch seinen Reiz, aber der ursprüngliche leichte Charme der ersten Folgen und Staffeln ist längst verbraucht. Ähnlich entwickelte sich übrigens auch die französische Serie „Call my Agent“ über eine Pariser Künstleragentur. Vielleicht geht mit der intensiveren Erforschung der Charaktere eine realistischere Ernsthaftigkeit einher.
Auf jeden Fall wird im Verlauf der siebenten Staffel immer deutlicher, dass sich Candice mit der Heirat selbst ein Bein gestellt hat. Antoine seinerseits geht damit so routiniert und sachlich wie möglich um, schließlich hat er ja auch eine kleine Tochter zu versorgen. Doch der Unfall blieb nicht ohne Spätfolgen und der Capitain wird von Kopfschmerzen tyrannisiert.
In Sachen Erzählstruktur unterschiedet sich die siebente Staffel von den Vorgängern in zweierlei Hinsicht. Erstens ist keine lange Zeitspanne seit der Vorgängerstaffel vergangen und zweitens beginnt es gleich mit einem Ausblick auf spätere Ereignisse. Das nimmt in gewisser Weise Spannung weg, sorgt aber auf andere Weise für Rätselraten.
Ich bin definitiv kein Freund davon, in Serien Figuren auftauchen zu lassen, von denen bislang überhaupt noch nie die Rede war. Und so belebend das unerwartete Erscheinen von Candices jüngerer Schwester einerseits ist, so fragwürdig ist der Drehbuchkniff andererseits. Wenn denn die Schwester, von der nie die Rede war, nicht bei der Hochzeit auftaucht, warum weiß die Kommissarin dann nicht einmal, ob sie kommen wollte, oder, dass Belinda überhaupt in der Stadt ist?
Auch tut sich das Script schwer damit den neuen Göttergatten in die Handlung zu integrieren. Im Wesentlichen steht Max liebeshungrig im Weg und Candice tut ihr Bestes dem Ehemann auszuweichen. So richtig überzeugend ist da nicht immer. Oft genug tritt Max (wie schon die anderen Liebhaber der Kommissarin) für mehr oder minder gelungenen Slapstick in Szene.
Dann aber offenbart „Candice Renoir“ in dieser Staffel an anderer Stelle überraschende Qualitäten. Etwa wenn Mehdi undercover ermittelt und die Polizisten es plötzlich mit Islamisten und Schleusern zu tun bekommen. Auch die Mord-Ermittlungen am Set einer erfolgreichen Serie sind sehr gelungen und lassen wieder aufblitzen, was „Candice Renoir“ einst so hinreißend gemacht hat.
Das Warten auf die siebente Staffel der französischen Erfolgsserie „Candice Renoir“ hat sich nur bedingt gelohnt. Zwar werden die überraschenden Wendungen von zuvor aufgelöst, aber die Serie tut sich auch ein paar Folgen lang schwer, sich aus den selbst verschuldeten Sackgassen heraus zu manövrieren. Aber das ist nur eine Meinung. Unterhaltsam geht es letztlich ja doch zu an der südfranzösischen Küste.
Serien-Wertung: (6 / 10)
Candice Renoir – Staffel 7
OT: Candice Renoir – Saison 7
Genre: Krimi, TV Serie, Komödie
Länge: ca. 520 Minuten, (10 X 52Min.), F, 2019
Idee & Konzept: Solen Roy-Pagenault, Robin Barataud, Brigitte Peskine
Regie: Pascal Lahmani, Oliver Barma, Raphaël Lenglet,
Drehbuch: Fabienne Facco, Marc Kressmann et al.
Darsteller: Cécile Bois,
FSK: ab 12 Jahren
Vertrieb: Edel Motion
DVD-VÖ: 25.02.2022