Der Joker 1: Tötet den Joker

Kaum zu glauben, aber die Reichen und Bösen in Gotham City haben die Nase voll vom Superschurken „Joker“. Da ist es nur konsequent, jemanden zu suchen, der den Joker ausschaltet; und zwar endgültig. Für diese Aufgabe ausgerechnet den ehemaligen Polizeichef Jim Gordon ins Auge zu fassen scheint zumindest gewagt. Die neue Hit-Serie bei DC Comics,„Der Joker“, erscheint nun auch bei Panini Comics. Autor James Tynion IV und Zeichner Guillem March setzen eine finstere Geschichte in Gang.

Bevor es gleich an die Vorstellung von „Der Joker“ geht, ein paar Bemerkungen zur neuen Ära bei DC Comics: „Infinte Frontier“ setzt an Rebirth an und nimmt einige Events wie etwa „Batman, der lacht“ und Bathman: Death Metal“ auf, um die Charaktere – ganz allgemein ausgedrückt – etwas anders aufzustellen. Im Vorwort von Christian Endres wird das vermeintlich notwendige Vorwissen kurz angerissen. Wer genauer in die Details zu „Infinte Frontier“ und der Reparatur des Megaversums eintauchen will, kann in der DC Fanwiki wühlen oder in der englischen Wikipedia.

Bei brutstatt.de gehe ich nicht weiter auf „Infinite Frontier“ ein, weil ohnehin jedes Mal der Zeitpunkt umrissen werden muss, an dem eine Story oder Serie einsetzt. Beim Serienauftakt von „Der Joker“ genügt es zu wissen, dass der Joker scheinbar eine Gasangriff auf das Arkham Asylum veranlasst hat, bei dem etliche Insassen umgekommen sind. Freunde hat sich der Grinsepeter damit nicht gemacht.

Der ehemalige Polizei-Comissioner James Gordon hat mit dem Joker auch noch einige Rechnungen offen. Etwa den Verlust des Sohnes, etliche berufliche und psychologische Demütigungen und selbstredend immer noch den Drang zur Gerechtigkeit. Denn für Jim Gordon ist der Joker eindeutig ein gefährlicher Soziopath, der nicht frei herumlaufen sollte.

Als eine unbekannte Frau auf Gordon zukommt und ihm im Namen einer mächtigen Vereinigung von „Geschäftsmännern“, die ungenannt bleiben wollen, 25 Millionen Dollar anbiete, wenn er den Joker zur Strecke bringt, willigt der ehemalige Polizist ein. Auch Batman hört von dem Angebot und bietet Gordon seine Hilfe an, wenn er den Joker aufgespürt hat. Aber Jim hat andere Pläne und Kopfgeld hin oder her, es gibt noch andere, die hinter dem Superschurken her sind.

Um es mal herunterzubrechen, den Hype um die Serie von Starautor James Tynion IV („Constantine“, Justice League Dark“) kann ich nicht ganz nachvollziehen. Sicher, die Story hat eine gute Prämisse und ein Rachefeldzug, der den Rachelüsterne auch an seine moralischen und psychologischen –Grenzen führt, ist immer ein packendes Thema. Und erstaunlicherweise ist „Der Joker“ von Tynion erst die zweite Soloserie des beliebten und durchgeknallten Superschurken, seit er in den 1940er Jahren erstmals im Batman-Universum auftauchte.

Der Comic Code hat seinerzeit sicher Einiges verhindert, weil es im konservativen us-amerikanischen Klima nicht angesagt war, eine moralisch ambivalente und im Grunde unberechenbar bösartige Figur zu einem Serien-„Helden“ zu machen. Heute können Leser:innen und Zuschauer:innen sich kaum noch vorstellen, welche Debatten das Aufkommen von Selbstjustiz übenden Antihelden seinerzeit ausgelöst hat. „Dirty Harry“ war ebenso umstritten wie „Ein Mann sieht rot“, im Medium Comic waren die Restriktionen für Gewalt- und Erotik-Drstellungen noch rigider.

„Der Joker“ beginnt im ersten Sammelband, der die ersten 5 US-Ausgaben der Serie beinhaltet einigermaßen finster und auch gewalttätig. Ich habe damit kein Problem, finde das für einen Teenager-kompatiblen Mainstream-Comic aber schon beachtlich und wollte an dieser Stelle darauf hinweisen.

Die Story lässt sich flott lesen, hat aber immer wieder Szenenwechsel und Erinnerungseinschübe aufzuweisen, die das Tempo etwas drosseln, dafür aber die erzählerische Dichte und die Spannung hochschrauben. Erzählt wird aus Jim Gordons leidgeprüfter Ich-Perspektive. Das funktioniert gut, packt mich aber auch nicht übermäßig.

Das Artwork stammt in der ersten vier Ausgaben von Zeichner Gillaume March („Catwoman“, „Der Traum 1“) und Kolorist Arif Prianto. Heft Nummer 5 ist „Jahr Null“ betitelt und eine von Francesco Francavilla in Szene gesetzte Rückblende auf die Anfänge der Feindschaft zwischen dem Joker und Gordon. Das Artwork unterscheidet sich deutlich von der restlichen Serie. Francavillas Stil ist expressionistischer, abstrakter und etwas grober, sowohl in den Zeichnungen als auch in der Farbgebung. Ich mag den Stil sehr.

Im Unterschied dazu ist Guillaume Marchs Stil, dynamisch, muskelbepackt und erinnert an die Superhelden-Action der 1990er Jahre. Filigrane Strichführung, bisweilen fotorealistische Annäherungen, die von Arif Prianto mal psychedelisch knallig, oft aber mit düsterem Grundton stimmungsvoll und lebendig umgesetzt werden. Das Paneling in „Der Joker“ ist abwechslungsriech, offen und mit seinen vielen kleinen Nahaufnahmen fast filmisch.
Insgesamt macht der Auftakt von „Der Joker“ schon ziemlich fiesen Spaß, auch wenn die Motive an der einen oder anderen Stele etwaqs überzogen sind, aber was sonst würde man von einem durchgeknallten Serien-Protagonisten wie dem Joker erwarten?

Das ist mal ein spektakulärer Serienauftakt. Allerdings kommt „Der Joker“ schon ziemlich gewalttätig rüber und hätte sicher auch in DCs Black Label gepasst. Doch weil „Der Joker“ so populär ist, gehen wohl auch die Brutalitäten durch. Die Geschichte beziehungsweise der Storybogen hat Potential, schöpft das aber noch nicht vollends aus, weil viele Flashbacks und Szenenwechsel das Tempo immer wieder drosseln. Wir bleiben gespannt.

Comic-Wertung: 7 out of 10 stars (7 / 10)

Der Joker 1: Tötet den Joker
OT: Joker 1-5, DC Comics, 2021
Gerne: Superhelden, Comic
Autor: James Tynion IV, Matthew Rosenberg
Zeichner: Guillem March, Francesco Francavilla,
Farben: Arif Prianto, Francesco Francavilla,
Übersetzung: Bernd Kronsbein
ISBN: 9783741627002
Verlag: Panini Comics, Softcover, 140 Seiten
VÖ: 25.01.2022

Der Joker 1 bei Panini comics