Kommissar Wallander – Staffel 3: Die Welt zu Gast in Ystad

Der gefeierte britische Schauspieler Kenneth Branagh schlüpft für die drei Spielfilme nach Romanen von Henning Mankell erneut in die Rolle des Kult-Ermittlers Kurt Wallander. Edel Motion veröffentlichte im März 2021 die Fälle „Ein Mord im Herbst“, „Die Hunde von Riga“ und „Vor dem Frost“ und setzt damit die hochgelobte Krimi-Reihe fort.

Zwar handelt es sich bei den „Wallander“-Filmen mit Kenneth Branagh um eine Serie, aber neue Zuschauer:innen brauchen nicht zu befürchten, nicht in das kriminelle Geschehen hineinzukommen. Jede Folge verfilmt in Spielfilmlänge einen Roman aus der Thriller-Reihe um den schwedischen Kommissar Kurt Wallander, der in der südschwedischen Küstenstadt Ystad seinen Dienst tut.

Es gibt einige persönliche und dienstliche Entwicklungen, die den Rahmen der Handlung etwas beeinflussen, aber sofern sie handlungsrelevant sind, werden diese – wie auch in den Romanvorlagen – nochmals kurz zusammengefasst. Hinter den Kulissen der Serie hat Einiges getan und Drehbuchautor Richard Cotton, der die bisherigen Fälle für das Fernsehen bearbeitete, ist nicht mehr dabei. Für die Skripte ist nun Peter Harness („McMafia“, „Jonathan Strange & Mr. Norrell“) zuständig.

An der spannenden Unterhaltung ändert das wenig, eher ins Gewicht fällt, dass Magnus Martinson das Ermittlungsteam verlassen hat und damit auch Schauspieler Tom Hiddleston, der seinerzeit 2012 bei den Dreharbeiten von Wallander Staffel 3 bereits als Loki im Marvel Cinematic Universe unterwegs war. Und auch in dieser Staffel kündigen sich personelle Veränderungen an.

„Ein Mord im Herbst“

Den Auftakt der dritten Saison mit Wallander-Krimis macht der Fall „Ein Mord im Herbst“ (OT: „Handen“, Engl: „An Event in Autum“). Chronologisch ist dies der vorletzte Roman um Kurt Wallander. Lustiger Weise wurde „Ein Mord im Herbst“ ursprünglich exklusiv nur in den Niederlanden veröffentlicht und erst nach der Verfilmung mit Kenneth Branagh stimmte Autor Mankell zu, dass die Story auch in Schweden und Deutschland veröffentlicht werden dürfte. Daher erschien die 2004 entstandene Geschichte erst nach dem abschließenden Wallander Roman „Der Feind im Schatten“.

Kurt Wallander zieht mit seiner Freundin Vanja Andersson (Saskia Reeves) und deren Sohn zusammen in ein ruhiges Haus auf dem Land. Kurt versucht es ruhiger angehen zu lassen, das Familienleben zu genießen und legt sich sogar einen Hund zu, Jussi. Mit der Idylle ist es schnell vorbei als Jussi hinter dem Haus Überreste eines Leichnams aufspürt. Die Leiche wird als Vermisste identifiziert, die vor einem Jahrzehnt spurlos verschwand. Die Ermittlungen bringen auch Wallanders Team in bedrohliche Situationen.

Gleichzeitig wird am Strand von Ystad ein Arm gefunden. Das Team stößt auf eine nicht weiter ernstgenommene Aussage eines Lkw-Fahrer, auf der Fähre von Polen sei jemand über Bord gegangen. Doch laut Passagierliste fehlte niemand und den Fernfahrer schien unter Alkoholeinfluss zu stehen. Kurt Wallander lässt so schnell nicht locker.

In „Ein Mord im Herbst“ muss Kurt Wallander seine persönlichen Grenzen erkennen. Das Zusammenleben als Kleinfamilie leidet unter seiner Arbeit. Die personellen Veränderungen bei der Polizei ihrerseits belasten die Arbeit. Die beiden Ermittlungen sind von unterschiedlicher Spannung und so kann in „Ein Mord im Herbst“ zwar die düstere Grundstimmung überzeugen, aber kriminalistisch hatte Wallander schon mal mehr zu leisten. (6/10)

„Die Hunde von Riga“

Ganz anders in „Die Hunde von Riga“. An der südschwedischen Küste wird ein Schlauchboot mit Leichen angetrieben. Die Polizei von Ystad untersucht den Fall und versucht die Nationalität der Toten zu ermitteln. Unterstützung bekommen die Schweden dann von der lettischen Polizei. Der Kommissar Karlis Lipa aus Riga kommt nach Ystadt und kann die Leichen identifizieren.

Während Kurt Wallander noch versucht irgendwelche Infos aus dem lettischen Kollegen herauszubekommen, wird aus dem Schlauchboot eine Ladung Drogen geklaut. Kurz nachdem Karlis nach Riga zurückkehrt, wird er ermordet und die Polizei vor Ort fragt nach seinen Fallunterlagen. Kurt beschließt, aktive Amtshilfe zu leisten und fährt selbst nach Riga, auch weil ihm die Todesumstände von Karlis seltsam vorkommen. In einem Netz aus organisierter Kriminalität, korrupter Polizei und konstanter Überwachung lernt Kurt auch Baiba Lipa, Karlis attraktive Witwe kennen und erfährt, dass Karlis auch seine Kollegen verdächtigte.

Als zweiter Wallander Roman legte „Die Hunde Von Riga“ (OT: „Hundarna i Riga“, Engl: „Dogs of Riga“) die Messlatte für vertrackte Kriminal-Thriller im Planschbecken des Baltikum ziemlich hoch und besticht mit einer realistischen post-kommunistischen Atmosphäre in dem ehemaligen Sowjet-Land. Die gesellschaftlichen Umbrüche und die überall herrschende Verfolgungsangst prägen den Thriller sehr stark. Über weite Strecken weiß auch die Verfilmung von Regisseurin Ester May Campbell diese Stimmung einzufangen, obwohl die Verfilmung ja nicht mehr in den 1990ern spielt. Ein guter Fall für Kurt Wallander. (7/10)

„Vor dem Frost“

„Vor dem Frost“ (OT: „Innan Frosten“, Engl: Before the Frost“, 2002) nimmt als zehnter Fall der Wallander-Reihe literarisch eine Sonderstellung ein, denn eigentlich hatte Henning Mankell vor mit diesem Roman den erzählerischen Fokus auf Kurts Tochter Linda Wallander zu legen und ihr eine eigene Krimi-Reihe zu schreiben. Linda (Jeany Spark) hilft ihrem Vater bei einem Vermisstenfall. Ihre Schulfreundin Anna Westin ist seit Tagen verschwunden. Annas Mutter findet das nicht weiter seltsam, hat sie doch wenig Kontakt zu ihrer religiös gewordenen Tochter, die in Lund studiert.

Während Linda versucht Anna ausfindig zu machen, beschäftigt sich Kurt mit einer anderen Verschwundenen. Eine ältere Geographin, die sich mit alten Pilgerwegen beschäftigt wird in der Nähe eines Sees erschlagen aufgefunden. Absurderweise hatte es vor einigen Tagen aus der Nähe einen seltsamen Notruf gegeben, dass über dem See etwas Brennendes durch die Luft fliegen würde.

Zum Abschluss der dritten „Wallander“-Staffel inszeniert Regisseur Charles Martin den überzeugendsten Fall dieser Saison. Anders als im Roman wird der Prolog weggelassen, was das zu Grunde liegende verbindende Motiv all der seltsamen Geschehnisse sehr lange im Dunkeln lässt. Für die Verfilmung ist das eine kluge Entscheidung und sorgt für ein vertracktes mysteriöses Rätselraten, das auf sehr untypische weise mit den Krimi-Mechanismen von Motiv und Tat und Ermittlung umgeht. Hier kommt vieles von der Stimmung zum Tragen, welche die Wallander-Romane über die Figur des Ermittlers hinaus ausmacht. Vielleicht ist „Vor dem Frost“ die bislang beste Verfilmung der Reihe. (8/10)

Wer die „Wallander“-Verfilmungen mit Kenneth Branagh in der Titelrolle von Henning Mankells ikonischem Ermittler bisher geschätzt hat, wird auch an der dritten Staffel seine Freude haben. Die Serie bleibt sich treu und hat in Sachen Stimmung deutlich zugelegt. Vielleicht die bisher stimmigsten Wallander-Fälle aus der BBC-Schmiede.

Serien-Wertung: 7 out of 10 stars (7 / 10)

Kommissar Wallander – Staffel 3
OT: Wallander Season 3
Genre: TV-Serie, Krimi, Thriller
Länge: 270 Minuten (3 x 90), GB/ S/D, 2012/13,
Regie: Toby Haynes, Ester May Campbell, Charles Martin
Vorlage: Romane von Henning Mankell
Darsteller: Kenneth Brannagh, Sarah Smart, Jeanie Spark,
FSK: ab 16 Jahren
Vertrieb: Edel Motion, BBC , Yellow Bird, ARD Degeto
Digital-VÖ: 05.03.2021
DVD-VÖ: 19.03.2021